Der Mini-Rücktritt Bosbach gibt nicht auf
23.07.2015, 13:02 Uhr
(Foto: imago/CommonLens)
Wolfgang Bosbach ist ein Nein-Sager, ein Rebell, der sich zur Not auch gegen die Kanzlerin stellt. Doch für die Union ist es wichtig, dass er bleibt.
1972 in die CDU eingetreten, seit 1994 im Bundestag: Wolfgang Bosbach war irgendwie schon immer da. Und das soll bald anders sein? Glaubt man den Beteuerungen des 63-Jährigen, dann hätte bald Schluss sein können mit der Politik - endgültig. In der vergangenen Woche hatte Bosbach es angekündigt. Er erwog ein Ausscheiden aus Ärger über den Griechenlandkurs der Bundesregierung.
Heute hat sich der CDU-Mann mit seinem rheinisch-bergischen Kreisverband beraten. Im Anschluss verkündete Bosbach: Er bleibt, aber nur als einfacher Abgeordneter, den Vorsitz des Innenausschusses will er zum September aufgeben. Ein Mini-Rücktritt.
Bosbach ist lange dabei und hat viele politische Schlachten geschlagen, auch nach Bekanntwerden seiner schweren Krebskrankheit, die er im Jahr 2010 öffentlich gemacht hat. An Verständnis für ihn hätte es bei einem vollständigen Abschied sicher nicht gemangelt. Dennoch sprach vieles dafür, dass er bleibt. Dafür, dass Bosbach seiner Ankündigung erneut keine Taten folgen lassen würde. So wie 2011 und 2012, als er öffentlich erklärte, möglicherweise nicht noch einmal kandidieren zu wollen. Und wie im Februar 2015, als er ebenfalls aus Ärger über die Griechenland-Hilfen einen Rücktritt andeutete.
Man muss Bosbach nun keine Inkonsequenz vorwerfen, wenn es ihm schwerer fällt, der Politik den Rücken zu kehren, als damit zu kokettieren. Das dürfte auch daran liegen, dass es in der Union viele gibt, die ihn immer wieder zum Bleiben drängen. Menschen wie der Rheinländer hören es gern, wenn sie gebraucht werden. Bosbach mag oft unbequem sein, aber er ist wichtig für die Partei. Weil er durch seine Distanz zur Kanzlerin das ganze Meinungsspektrum der Partei abbildet, von der alten bis zur neuen CDU. Weil er in so vielen Talkshows sitzt wie kaum ein anderer Politiker. Und weil er in seiner Kritik doch stets loyal ist.
"Ich werde nicht weitermachen wie bisher"
Das gilt vor allem für das Thema Griechenland. Bosbach stimmte 2012 gegen die Hilfen, er war im Februar dieses Jahres gegen die Verlängerung und votierte in der vergangenen Woche erneut mit Nein und gegen Verhandlungen über neue Hilfen. "Die Nein-Stimmen werden Angela Merkel und Wolfgang Schäuble bei den Verhandlungen den Rücken stärken, weil sie sagen können: Der Unmut in unserer Partei ist groß. Wir müssen ein vernünftiges Angebot mit nach Hause bringen", sagte Carsten Linnemann, der wie Bosbach dem Nein-Lager angehört.
Nach außen mögen Politiker wie Bosbach und Linnemann als Rebellen dastehen. Doch die Union braucht sie. "Heute bist du ja schon Rebell, wenn du bei deiner Meinung bleibst – so haben sich die Zeiten geändert", sagt Bosbach. Politiker wie er sprechen für die Teile der Bevölkerung, die gegen neue Griechenland-Hilfen sind. Dank ihnen kommen die umstrittenen Hilfen nicht allzu einstimmig durch das Parlament. Das hat einen Vorteil: Die große Fraktion der Nein-Sager lässt die Union besser dastehen, wenn auch das dritte Hilfspaket nicht zum Erfolg führen sollte. Und sie bleibt anschlussfähig für Wähler, die Griechenland lieber sich selbst überlassen würden.
Und doch unterscheidet sich Bosbach in einem Punkt von Linnemann oder anderen Abweichlern wie Hans Michelbach oder Erika Steinbach. Er sagt nicht einfach Nein, sondern: "Ich werde nicht mit Nein stimmen und weitermachen wie bisher." Das klingt noch bedrohlicher und dramatischer.
Am Ende hat sich Bosbach bitten lassen, doch noch ein bisschen Rebell zu bleiben. Er, der sein Zähneknirschen über die Rettungspolitik gar nicht oft genug betonen kann, bleibt der Union erhalten. Dass er seinen Posten niederlegt und als einfacher Abgeordneter weitermacht, ist dabei wohlüberlegt. Es ist ein Kompromiss. Bosbach kennt das Geschäft gut genug, um zu wissen: Wer zu oft mit etwas droht, ohne Ernst zu machen, dem glaubt irgendwann keiner mehr.
Quelle: ntv.de