Tag vier im Osloer Prozess Breivik wollte noch mehr Tote
19.04.2012, 16:31 Uhr
Eiserne Rosen sollen an die Opfer der Attentate von Oslo und Utøya erinnern.
(Foto: dpa)
Der norwegische Massenmörder Breivik erklärt vor Gericht, er habe viel mehr Menschen töten wollen - am liebsten alle 560 Sozialdemokraten auf Utøya. Außerdem habe er geplant, die ehemalige Ministerpräsidentin vor laufender Kamera zu enthaupten. Trainiert hat er all das vorher am PC.
Der norwegische Massenmörder Anders Behring Breivik wollte alle Menschen auf der Fjordinsel Utøya töten. "Das Ziel war nicht, 69 Menschen zu töten, das Ziel war, alle zu töten", sagte er vor Gericht. Das war nach den Aussagen Breiviks jedoch zunächst eine Art "Plan B". Sein erstes Ziel sei gewesen, "die gesamte Regierung zu töten, inklusive den Staatschef", sagte Breivik aus.
Tote im Regierungsviertel reichten ihm nicht
Von der massiven Bombenexplosion im Osloer Regierungsviertel hatte sich Breivik mehr Opfer erwartet. "Die Kriterien für einen geglückten Angriff waren, dass mindestens die ersten Säulen der Gebäude zusammenbrechen und dass 12 Menschen sterben", sagte Breivik vor Gericht. Er habe es jedoch nicht geschafft, mehr als eine Bombe zu bauen. Daher habe er statt mehrerer Gebäude, die für ihn den verhassten norwegischen Staat repräsentieren, sich für eine Autobombe im Regierungsviertel entschieden.
Als er nach dem Anschlag im Radio zunächst gehört habe, dass bei der Explosion der 950-Kilogramm-Bombe wahrscheinlich ein Mensch getötet wurde, sei er sofort weiter nach Utøya gefahren. "Da wurde mir klar, dass ich die gesamte Operation durchziehen muss." Das Massaker auf der Insel hatte er geplant. Er wählte das Ferienlager der sozialdemokratischen Jugend auf Utøya aus, weil es für ihn leicht zu erreichen war.
Enthauptung vor der Kamera geplant
Zum Zeitpunkt des Attentates waren rund 560 Menschen auf der Insel. Er habe damit gerechnet, dass die meisten von ihnen älter als 18 Jahre alt seien. "Bis zum 23. Juli glaubte ich, keiner auf Utøya sei unter 16." Es sei für ihn nicht wünschenswert, Minderjährige zu töten, sagte Breivik. Die Jugendlichen hätten sich aber umgedreht, so dass er ihre Gesichter nicht sehen und das Alter nicht beurteilen konnte.
Hauptziel sei eigentlich die einstige sozialdemokratische Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland gewesen - er habe sie vor laufender Kamera enthaupten wollen, sagte Breivik. Sie sei das "attraktivste" Ziel gewesen, war aber schon abgereist, als Breivik die Insel erreichte.
Als nächstes habe er den Anführer der sozialdemokratischen Jugend, Eskil Pedersen, im Visier gehabt. Den Rest der Jugendlichen habe er in Angst versetzen und mit der Waffe ins Wasser treiben wollen. "Ich habe damit gerechnet, dass sie im Wasser ertrinken." Sein gesamtes Massaker habe er eigentlich filmen wollen, sei damit aber gescheitert, weil er kein iPhone kaufen konnte.
Ein Jahr am PC gezockt
Am vierten Prozesstag wurde Breivik auch zu seinen Vorbereitungen für die Attentate mit insgesamt 77 Toten im vergangenen Sommer befragt. Auf die Bluttaten bereitete sich der heute 33-Jährige nach eigenen Angaben mit Computerspielen und Übungen am Schießstand akribisch vor. Er habe . Dabei kann der Spieler wie ein Scharfschütze Gegner mit einem Zielfernrohr im Fadenkreuz erfassen.
Der ehemals Selbstständige gab an, vor den Anschlägen ein ganzes Jahr freigenommen zu haben, um zu spielen. Er habe im Schnitt 16 Stunden am Tag vor dem Computer gesessen. "Das war aber reine Unterhaltung, ein Hobby, und hatte nichts mit dem 22. Juli zu tun", betonte er. Für seinen Anschlag habe er mit echten Waffen trainiert. Er sei mehrmals beim Schießtraining eines Vereins gewesen.
Quelle: ntv.de, nsc/dpa