Verzweifelter Machtkampf in Syrien Assad soll ins Exil
23.07.2012, 07:28 Uhr
Nach den Gefechten zwischen Armee und Rebellen bleiben nur die Leichen zurück - hier im Süden von Damaskus.
(Foto: AP)
Der 4. Division der syrischen Armee gelingt es, zwei Stadtteile von Damaskus zurückzuerobern. Der Glaube daran, dass Präsident Assad das Land wieder unter seine Kontrolle bringen kann, schwindet trotzdem. Aus Angst davor, der in die Enge getriebene Herrscher könnte für noch mehr Blutvergießen sorgen, bietet die Arabische Liga ihm jetzt "freies Geleit".
Die Arabische Liga bietet Syriens Machthaber Baschar al-Assad ein sicheres Exil, um ihn zu einem Rücktritt zu drängen. Die arabischen Staaten würden ihm "freies Geleit" gewähren, wenn er sich von der Macht trenne, sagte Katars Premierminister, Scheich Hamad bin Dschassim bin Dschaber al-Thani, dem Nachrichtensender Al-Dschasira.
Assads Truppen gelang es zwar, einige Stadtteile in der Hauptstadt Damaskus zurückzuerobern. Einheiten der 4. Division vertrieben Rebellen Barse und Messe. Doch die Überzeugung, dass Assad die Kontrolle über das bürgerkriegsgeschundene Land zurückgewinnen kann, schwindet zusehends.
"Wir sind an einem Wendepunkt", sagte Außenminister Guido Westerwelle der "Süddeutschen Zeitung". Der syrischen Opposition gelang es zuletzt, Teile von Damaskus und der Wirtschaftsmetropole Aleppo unter ihrer Kontrolle zu bringen. Zudem töteten sie bei einem Selbstmordanschlag . Der FDP-Politiker vermutet aber genau wie die Arabische Liga, dass das Land vor einer Kapitulation des Präsidenten noch tiefer im Chaos versinkt. Er gehe vom Zerfall der Regierung aus, fürchte aber, dass das Regime die Krise zunächst eskalieren lasse. Für sorgten zuletzt vor allem Berichte, nach denen die syrische Armee ihre hat.
Nachbarn besorgt
Die Nachbarländer beunruhigt zudem, dass der Konflikt auf ihr Staatsgebiet übergreifen könnte. Besonders der Libanon und die Türkei, die jeweils mehrere Zehntausend Flüchtlinge aufgenommen haben, sind nervös. Einem Medienbericht zufolge brachte die türkische Armee an der syrischen Grenze mehrere Boden-Luft-Raketen in Stellung.
Die Lage an den Grenzen zum Irak und zur Türkei ist weiter unübersichtlich. Zuletzt kontrollierten die Rebellen laut Bagdad zwei der drei wichtigsten Übergänge zu Irak. An der Grenze zur Türkei kontrollierten sie mindestens zwei von zwölf Übergängen. Die Lage an der zunächst übernommenen und später von ausländischen Islamisten gehaltenen Station Bab al-Hawa war unklar.
Nach Angaben des Roten Kreuzes waren allein am Freitag und Samstag 30.000 Menschen über die Grenze in den Libanon geflüchtet. Viele fänden dort bei Verwandten oder Bekannten Unterschlupf, berichtete ein Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes in Beirut. Angesichts ihrer Zunahmen sollen die Flüchtlingsströme nun auch Thema eines EU-Innenministertreffens in Zypern werden. Nach Schätzungen des UN-Flüchtlingskommissariats UNHCR sind bereits rund eine Million der insgesamt 21 Millionen Syrer aus Angst um ihr Leben an sicherere Orte geflüchtet. Eine weitere Viertel Million Menschen soll das Land ganz verlassen haben.
Mehr als 19.000 Tote
Um die Lage trotz des Widerstands Russlands gegen eine neue Syrienresolution im UN-Sicherheitsrat doch noch auf diplomatischen Wege zu entschärfen, setzt die Bundesregierung vermehrt auf Gespräche mit China. Das berichtet der "Spiegel". Bundeskanzlerin Angela Merkel wolle noch einmal mit der Führung in Peking sprechen, hieß es unter Berufung auf Angaben aus dem Kanzleramt. Russland und China blockierten bisher drei UN-Resolutionen zu Syrien.
Nach Angaben der oppositionsnahen syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte verloren seit dem Beginn der Proteste gegen das Assad-Regime vor mehr als einem Jahr mehr als 19.000 Menschen ihr Leben, darunter rund 13.000 Zivilisten.
Quelle: ntv.de, ieh/nsc/dpa/rts/AFP