Politik

Paragraf 103 bleibt vorerst erhalten Bundesrat bringt keine Mehrheit zustande

Der Bundesrat verzichtet auf eine weitere Zuspitzung im Streit mit Erdogan.

Der Bundesrat verzichtet auf eine weitere Zuspitzung im Streit mit Erdogan.

(Foto: dpa)

In der Länderkammer kann sich ein Antrag Hamburgs zur Streichung des Paragrafen 103 nicht durchsetzen. Er verfehlt die notwendige Mehrheit. Bei einem Wegfall hätte das Verfahren der Türkei gegen den Satiriker Böhmermann keine Substanz mehr.

Die Mehrheit der Bundesländer will den Streit zwischen Deutschland und der Türkei über den Vorwurf der Beleidigung des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan nicht weiter zuspitzen. Der Bundesrat lehnte es ab, einen Antrag zur sofortigen Streichung des sogenannten Majestätsbeleidigungs-Paragrafen 103 in den Bundestag zu überweisen. Sollte der Paragraf 103 ersatzlos wegfallen, hätte das von Bundeskanzlerin Angela Merkel ausdrücklich gebilligte Verfahren gegen den Satiriker Jan Böhmermann wegen Beleidigung Erdogans keine Substanz mehr.

Merkel will den aus der Kaiserzeit stammenden Paragrafen zwar auch abschaffen, allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt. Sie hatte ihre gegen den Willen der SPD-Minister getroffene Entscheidung mit den "engen und freundschaftlichen Beziehungen zur Türkei" begründet.

Merkel kam damit dem Wunsch der Türkei nach: Ankara hatte die Bundesregierung zu Maßnahmen gegen Böhmermann nach Paragraf 103 aufgefordert. Demnach ist die Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter verboten. Allerdings können Staatsanwälte erst ermitteln, wenn die Bundesregierung dafür grünes Licht gibt.

Nur 30 statt 35 Stimmen

"Die Pflege diplomatischer Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland ist heute zu recht alleinige Aufgabe des Staates selbst und nicht die Aufgabe einzelner Bürgerinnen und Bürger", kritisierte der Hamburger Senator Till Steffen die Entscheidung Merkels. Der SPD-Politiker warf CDU-Chefin Merkel vor, eine "Lex-Böhmermann" mit dem befristeten Festhalten an dem Paragrafen zu schaffen: "Der Straftatbestand wird schließlich genau nur noch auf diesen einzigen Fall Anwendung finden."

Für den Antrag Hamburgs auf sofortige Entscheidung über den zusammen mit Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Thüringen und Bremen eingebrachten Gesetzentwurf zur Streichung des Paragrafen 103 gab es 30 Ja-Stimmen, nötig wären mindestens 35 gewesen. Der Entwurf wurde in die Ausschüsse zur weiteren Beratung überwiesen.

Erdogan geht in einem zweiten Verfahren auch zivilrechtlich gegen Böhmermann vor, dessen "Schmähkritik" am Präsidenten grobe Beleidigungen enthält. Böhmermann hatte im ZDF mit dem Gedicht zeigen wollen, welche Art Satire in Deutschland verboten sei. Er reagierte damit auf Kritik der Türkei an einer anderen Satiresendung, in der unter anderem das Vorgehen gegen regierungskritische Medien in der Türkei aufs Korn genommen wurde. Bürgerrechtler werfen Erdogan vor, zunehmend demokratische Prinzipien wie die Meinungsfreiheit zu verletzten.

Quelle: ntv.de, ppo/rts

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