Politik

Armenien-Debatte erreicht Berlin Bundestag muss Farbe bekennen

Völkermord verjährt nicht: Die Nachfahren der Opfer fordern eine ehrliche Aufarbeitung (Archivbild).

Völkermord verjährt nicht: Die Nachfahren der Opfer fordern eine ehrliche Aufarbeitung (Archivbild).

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein volles Jahrhundert nach dem Völkermord an den Armeniern steht Deutschland vor einer heiklen Frage: Erkennt der Bundestag die Taten als Genozid an, droht Ärger mit der Türkei. Wissenschaftler stärken den Parlamentariern den Rücken.

Eine Gruppe von Wissenschaftlern ruft den Bundestag dazu auf, die Massaker an Armeniern vor 100 Jahren im Osmanischen Reich klar und unmissverständlich als Völkermord einzustufen. Zahlreiche nationale Parlamente, jüngst etwa das niederländische, hätten ebenso wie das Europäische Parlament in Resolutionen und Beschlussfassungen den Genozid an den Armeniern klar benannt, schrieben die Wissenschaftler in einem offenen Brief.

Mit der Verwendung des Begriffs Völkermord belegten die genannten Parlamentarier, dass eine moralische Haltung nicht Opfer außenpolitischer Opportunitäten werden muss. "Auch dem Deutschen Bundestag stünde eine solche Haltung gut zu Gesicht", hieß es.

Moral oder Opportunismus?

Zu den Unterzeichnern gehören unter anderen der Politikwissenschaftler Hajo Funke und der Historiker Norbert Frei. Einen ähnlichen Aufruf hatten zuvor die CDU-Politiker Erika Steinbach und Norbert Röttgen gestartet.

Armenier gedenken am 24. April des Beginns der Gräueltaten an ihrem Volk im Osmanischen Reich 1915. Nach armenischen Angaben kamen damals 1,5 Millionen Menschen ums Leben. Unabhängige Experten gehen von einer Spanne zwischen 1,0 und 1,5 Millionen Opfern aus. Die Türkei hält diese Zahlen für überhöht.

Politischer Eklat vorprogrammiert?

Ministerpräsident Tayyip Erdogan hat eine Anerkennung der Taten als Völkermord wiederholt strikt abgelehnt - und dabei unter anderem den Papst und das EU-Parlament mit ungewöhnlich scharfen Worten angegriffen. Dabei ist der Tatbestand des Genozids oder Völkermords im internationalen Recht klar definiert: Historiker halten es für unzweifelhaft, dass der Begriff auf die Ereignisse von 1915 in vollem Umfang zutrifft. Angesichts der strikten Verweigerungshaltung Ankaras scheint eine nüchterne Aufarbeitung der historischen Ereignisse in der Türkei auch ein volles Jahrhundert nach den Massenmorden noch immer in weiter Ferne zu liegen.

Im Deutschen Bundestag steht eine Debatte zum Thema Armenien am 24. April auf der Tagesordnung. Eine gemeinsame Entschließung aller Fraktionen ist bisher noch strittig. Offen ist allerdings auch, mit welchen Argumenten Abgeordnete in ihrer Einschätzung der Ereignisse von 1915 hinter den klaren Stellungnahmen von Papst und EU-Parlament zurückbleiben könnten.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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