Politik

Gymnasium bleibt tabu CDU schafft Hauptschule ab

Am zweiten und letzten Tag des CDU-Parteitags vollzieht die Union eine weitere Kehrtwende: Hauptschulen und Realschulen sollen zu Oberschulen zusammengelegt werden. Was für die Öffentlichkeit weniger spannend als der Mindestlohn ist, bedeutet für viele Delegierte eine echte Überwindung.

Beharrlich zum Erfolg: Schavan hat sich durchgesetzt.

Beharrlich zum Erfolg: Schavan hat sich durchgesetzt.

(Foto: REUTERS)

Nach monatelangen, zum Teil sehr kontroversen Diskussionen hat die CDU in die schrittweise Zusammenlegung von Real- und Hauptschulen eingewilligt. Die Delegierten des Parteitags in Leipzig verabschiedeten mit großer Mehrheit einen entsprechenden Antrag der Parteispitze.

Die Debatte verlief ähnlich wie der Streit um den Mindestlohn: Nach anfänglichem Streit wurde ein Kompromiss gefunden, der beiden Seiten eine Zustimmung ermöglicht. Als Siegerin dieser Auseinandersetzung darf sich Bildungsministerin Annette Schavan fühlen, die für ihren Vorstoß von ihrem Heimat-Landesverband Baden-Württemberg zunächst stark angegriffen worden war. Auf dem Höhepunkt des Streits hatte sich ihr Ulmer Kreisverband sogar geweigert, die Ministerin als Delegierte zum Parteitag zu entsenden.

Anders als beim Mindestlohn führte die CDU vier "Bildungskonferenzen" durch, um die Basis von der Notwendigkeit des Vorhabens zu überzeugen. Obwohl sich während dieses Prozesses die Positionen einander annäherten, blieb die Abschaffung der Hauptschule kontrovers: Beim Parteitag in Leipzig wurden über 1600 Änderungsanträge dazu eingereicht. Zum Vergleich: Am Parteitag nahmen 1001 Delegierte teil, insgesamt gab es rund 2000 Änderungsanträge.

Gymnasium soll bleiben

Dennoch war der Streit im Grundsatz schon vor Beginn des Parteitags ausgeräumt worden. Der Beschluss stellt klar, dass die CDU die Aufspaltung der deutschen Schullandschaft in Gymnasien und andere weiterführende Schulen erhalten will.

Die Mehrheit der Delegierten stimmte für den abgeschwächten Antrag der Parteispitze.

Die Mehrheit der Delegierten stimmte für den abgeschwächten Antrag der Parteispitze.

(Foto: REUTERS)

Ziel der CDU sei es, "das differenzierte Schulsystem zukunftsfähig zu machen". Geschehen soll dies mit Schulformen, "in denen die Bildungsgänge von Haupt- und Realschulen unter einem Dach angeboten werden". Mit Blick auf die Kulturhoheit der Länder heißt es weiter: "Eine einheitliche Bezeichnung für diese Schulform in allen Ländern - zum Beispiel Oberschule - wäre wünschenswert."

Die ursprüngliche Version des Antrags des Bundesvorstands wurde damit deutlich abgeschwächt. Die CDU reagierte auch auf innerparteiliche Kritik, sie wolle das Ende der Hauptschule besiegeln. Schavan dagegen hatte argumentiert, die neue Oberschule solle weiterhin in einen Haupt- und einen Realschulzweig aufgespalten bleiben.

Weniger Schüler, weniger Schulformen

Vor allem zwei Gründe führte Schavan für ihr Konzept an: Die Oberschule soll den Trend zur immer stärkeren Zersplitterung stoppen, vor allem jedoch sei sie eine Reaktion auf den starken Rückgang der Schülerzahlen: Notwendig sei eine Reaktion auf die um 30 Prozent sinkenden Schülerzahlen, so Schavan. Viele Schulstandorte könnten nur erhalten werden, wenn kluge Wege gefunden würden, um Haupt- und Realschulen zusammenzuführen, besonders auf dem Land.

In ihrem Beschluss verweist die CDU auf positive Erfahrungen in Bundesländern, in denen beide Bildungswege bereits unter einem Dach angeboten werden, wie etwa in Sachsen und Thüringen. Dadurch werde die Durchlässigkeit zwischen beiden Bildungsgängen weiterentwickelt. Im ursprünglichen Papier war die Parteispitze für eine Reduzierung der Schulformen und die Einführung eines "Zwei-Wege-Modells in allen Ländern" eingetreten, das aus Gymnasium und Oberschule bestehen sollte.

In dem Antrag spricht sich die CDU zudem für die Einführung eines verpflichtenden Vorschuljahres und für islamischen Religionsunterricht an den Schulen aus.

Kooperationsverbot vorerst weiter tabu

Zum Abschluss des Parteitags sangen die Delegierten die Nationalhymne.

Zum Abschluss des Parteitags sangen die Delegierten die Nationalhymne.

(Foto: REUTERS)

Der zum Abschluss des zweitägigen Kongresses gefasste Beschluss enthält keine Forderung nach Änderungen am bestehenden Kooperationsverbot von Bund und Ländern bei der Bildungsfinanzierung. Nach Ansicht Schavans kann es dabei nicht auf Dauer bleiben. Etwa im Wissenschaftssektor, wo sich eine erfolgreiche Kooperationskultur zwischen Bund und Ländern entwickelt habe. Auch für die Bildung müsse in den nächsten Jahren gelten: "Kindeswohl schlägt Kooperationsverbot".

Seit der Föderalismusreform ist es dem Bund untersagt, sich an der Finanzierung von Bildungsprojekten zu beteiligen. Dies ist allein Aufgabe der Länder. Auch der FDP-Parteitag hatte sich am Wochenende trotz Appellen von Generalsekretär Christian Lindner gegen eine Abschaffung gewandt.

Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister warnte vor übertriebenen Hoffnungen an einen Bildungszentralismus von Berlin aus. Allerdings müsse überprüft werden, ob die Bildungsvielfalt im vergangenen Jahrzehnt nicht übertrieben worden sei.

Quelle: ntv.de, hvo/rts/AFP

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