Politik

Rumänien dementiert Berichte CIA-Schattenverlies in Bukarest?

Rumänien strebte damals in die NATO und zeigte sich höchst kooperationsbereit.

Rumänien strebte damals in die NATO und zeigte sich höchst kooperationsbereit.

(Foto: AP)

Schon lange ist klar: Die CIA agiert nach dem 11. September 2001 nicht zimperlich und verhört Terrorverdächtige mit rüden Methoden in geheimen Gefängnissen. Dabei agiert sie Medienberichten zufolge nicht nur auf polnischem und litauischem Terrain, sondern offenbar auch im Zentrum Bukarests, ausgerechnet im Keller einer Behörde. Rumänien weist dies als "pure Spekulationen zurück".

In den Jahren nach dem 11. September 2001 griff der amerikanische Geheimdienst CIA hart durch. Etliche hochrangige Terrorverdächtige sollen in osteuropäischen Verliesen besonders in und Litauen untergebracht und gefoltert worden sein. Nun kommt heraus: Offenbar hat sich auch in Rumänien ein Schattenverlies befunden. Es lag mitten in der Hauptstadt Bukarest, in dem Keller einer Regierungsbehörde, wie frühere US-Agenten der "Süddeutschen Zeitung" und der ARD verrieten.

Der Komplex in der Mures-Straße.

Der Komplex in der Mures-Straße.

(Foto: AP)

Bei der CIA soll der Codename für das Gefängnis "Bright Light" gewesen sein, "Helles Licht". Die tatsächliche Adresse war die Mures-Straße 4, in den Amtsräumen der Behörde Orniss. Sie verwaltet die militärischen Geheimnisse der Regierung, insbesondere solche mit Bezug zur NATO. Auch prüft sie die Zuverlässigkeit von rumänischen Beamten und Politikern, bevor diese Zugang zu geheimen Informationen bekommen.

Rumänien wies die Berichte zurück. "Spekulationen" würden "kategorisch dementiert", erklärte die Behörde. "Seit Ende 2002 diente das Gebäude in der Mures-Straße 4 ausschließlich als Behördensitz."

"Es ging sehr diskret zu"

Dem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge hatte eine Quelle in US-Geheimdienstkreisen die Lage und das Aussehen der einstigen Bukarester Haftanstalt beschrieben. Reporter entdeckten schließlich den Komplex in der Mures-Straße und fotografierten ihn. Die Fotos legten sie in Washington drei Informanten vor, alle drei erkannten die Einrichtung an der Bahnstrecke wieder. Ein früherer CIA-Mann, der den Ort mehrmals besucht hatte, erinnerte sich an seinen ersten Eindruck. "Es ging sehr diskret zu. Es war nicht so, dass der rumänische Behördenleiter da rauskam, um mich zu begrüßen", sagte der einstige Agent. Ein anderer Informant sagte, er sei sich deswegen so sicher, weil die Operation in Bukarest eine seiner wichtigsten Aufträge für die CIA überhaupt gewesen sei.

Der stellvertretende Behördenleiter von Orniss stritt die Vorwürfe dagegen ab. Auf die Frage, ob hier islamistische Terrorverdächtige versteckt wurden, sagte Vize-Chef Adrian Camarasan: "Hier? Nein!" Auch eine Sprecherin der Orniss wies die Recherchen als "pure Spekulationen" zurück. Das Gebäude sei seit der Gründung der Behörde im Jahr 2002 stets ausschließlich für deren Arbeit und für nichts anderes benutzt worden, sagte die Sprecherin. Auch frühere Meldungen über geheime CIA-Gefängnisse hatte Rumänien stets zurückgewiesen.

Schon länger Vorwürfe gegen Rumänien

Dick Marty, der Ermittler des Europarats, hatte Rumänien schon vor Jahren als Helfer der CIA identifiziert. Rumänien und Polen, erklärte Marty, waren wirtschaftlich schwach, hatten einen schwierigen politischen Wandel hinter sich und waren für ihre weitere strategische Entwicklung auf die Amerikaner angewiesen. "Die Rumänen hätten damals alles für uns gemacht", sagt ein Amerikaner, der damals an hoher Stelle bei der NATO arbeitete.

Rumänien strebte in jener Zeit energisch in die Nordatlantische Allianz, der sie im Jahr 2004 dann auch beitrat. Schon nach dem Terror vom 11. September schaffte Präsident Ion Iliescu Tatsachen: Sein Land werde sich gleich "de facto wie ein NATO-Mitglied" verhalten, erklärte er. Im Oktober 2001 unterzeichnete er mit der US-Regierung ein bilaterales Abkommen, das US-Soldaten und US-Zivilisten Operationen auf rumänischem Staatsgebiet erheblich erleichterte.

Noch ist unklar, wie wichtig der Keller in Rumänien für die CIA war.

Noch ist unklar, wie wichtig der Keller in Rumänien für die CIA war.

(Foto: AP)

An der damaligen Beteiligung Rumäniens gibt es kaum noch Zweifel. Die Flugdaten mutmaßlicher CIA-Maschinen hatten zunächst darauf hingedeutet, dass Geheimgefängnisse auch nahe Constanta im Südosten des Landes liegen könnten oder im Westen bei Timisoara. Doch für Bukarest finden sich in den Unterlagen US-amerikanischer Charterflugfirmen, die für die CIA arbeiteten, bezeichnende Einträge. Das Unternehmen Richmor Aviation zum Beispiel hat Rechnungen für zwei Weltreisen gestellt: Die erste führte Ende Januar 2004 von Washington nach Doha, Riad, Amman; von dort nach Bukarest und über Barcelona zurück in die USA. Die zweite Tour begann im April 2004 in Washington, dann Guantanamo, Teneriffa, Bukarest, Rabat, Washington. Bei diesen Flügen der Maschine mit der Kennung N85VM waren zwischen fünf und neun Personen an Bord. Allein für den Rundflug im Januar berechnete Richmor der CIA 202.250 Dollar.

Unklar ist, welche Rolle der Keller in der Mures-Straße im Netz der Geheimgefängnisse spielte. Einer der damaligen Insassen soll der Terrorverdächtige gewesen sein. Die parlamentarische Versammlung des Europarats erklärte im Sommer dieses Jahres, Al-Nashiri sei 2002 und 2003 in Polen gefoltert und dann zwischen 2003 und 2006 "in einem Geheimgefängnis der CIA in Bukarest" gewesen. Die Parlamentarier appellierten an die USA, Al-Nashiri, der inzwischen in Guantanamo untergebracht ist, nicht hinzurichten.

Geheimgefängnisse Thema in Straßburg

Die Folterkammern der CIA beschäftigen inzwischen auch Europas Menschenrechtsgericht nach einer Beschwerde der Menschenrechtsorganisation Interights. Sie richtet sich gegen Litauen, weil das Land der Einrichtung des Gefängnisses zugestimmt hatte. Litauen habe von den der CIA gewusst, machen die Kläger geltend. Der baltische Staat sei daher mitverantwortlich für das Leiden Subeidas.

Interights schildert in der 90 Seiten dicken Klageschrift ausführlich und unter Berufung auf zahlreiche offizielle Quellen, wie Häftlinge in den "black sites" genannten CIA-Geheimgefängnissen gefoltert wurden. Die Organisation verweist auf einen Bericht des US-Justizministeriums vom Jahre 2004, der zehn so genannte "erweiterte Verhörmethoden" auflistet, die für die Jagd nach mutmaßlichen Terroristen genehmigt wurden. Sie reichen von simuliertem Ertränken bis zu tagelangem Schlafentzug bei höllisch lauter Musik und grellem Neonlicht. Häftlinge wurden auch stundenlang in kleine Boxen gepfercht, nackt an den Armen aufgehängt, mit dem Kopf gegen die Wand gestoßen. Oft bekamen sie tagelang nichts zu essen und blieben in eiskalten Zellen, bis sie blau anliefen.

Einem litauischen Parlamentsbericht zufolge wurde 2002 in der Hauptstadt Vilnius ein erstes CIA-Geheimgefängnis eingerichtet, zwei Jahre später ein zweites auf dem Land. Angaben über die Zahl der Häftlinge in diesen "black sites" machte Vilnius nicht. Der Generalstaatsanwalt leitete zwar Ermittlungen ein, legte sie im Januar dieses Jahres aber zu den Akten. Wann mit dem Urteil des Straßburger Gerichtshofs zu rechnen ist, steht noch nicht fest.

Quelle: ntv.de, ghö/AFP

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