Brüchige Waffenruhe in Syrien China ermahnt Assad
09.04.2012, 10:26 Uhr
Aufnahme aus der Rebellenhochburg Homs: Die Kämpfe gehen unvermindert weiter.
(Foto: REUTERS)
Eigentlich sollen die Waffen in Syrien bald schweigen, so hat es das Assad-Regime auf Druck der UN zugesichert. Doch Assad stellt nun neue Forderungen auf, um die Feuerpause zu umgehen. Nun versucht China, den Autokraten zum Einlenken zu bewegen. Viel Zeit bis zum geplanten Inkrafttreten der Kampfpause bleibt allerdings nicht mehr.
China hat die syrische Führung dazu aufgerufen, die von Dienstag an geltende, auf Vermittlung des UN-Sondergesandten Kofi Annan vereinbarte Waffenruhe einzuhalten. Die syrische Regierung müsse ihre Zusagen bezüglich eines Rückzugs der Truppen aus den Protesthochburgen einhalten, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums. Gleiches gelte für die syrischen Rebellen. China hatte zusammen mit Russland zweimal Resolutionen des UN-Sicherheitsrates gegen Damaskus blockiert.
Das Außenministerium in Damaskus hatte zuletzt verkündet, die Truppen würden erst nach "schriftlichen Garantien" der Opposition für ein Ende der Gewalt aus den Städten abgezogen. Der Chef der aus desertierten Soldaten zusammengesetzten Freien Syrischen Armee, Oberst Riad al-Asaad, betonte aber, der syrischen Regierung selbst keine Zusagen machen zu wollen. "Wir sind dem Annan-Plan verpflichtet", sagte al-Asaad. "Wir werden unsere Garantien und Zusagen der internationalen Gemeinschaft geben, aber nicht dem Regime." Gegenüber Al-Dschasira ergänzte al-Asaad: "Das ist eine kriminelle Bande."
In der Erklärung der syrischen Staatsführung hieß es weiter, die Rebellen müssten ihre Waffen landesweit übergeben. Ferner müsse der syrischen Führung garantiert werden, dass Katar, Saudi-Arabien und die Türkei die Opposition nicht mehr mit Geld und Waffen unterstützten. Es sei eine falsche Interpretation, dass Syrien bestätigt habe, seine Truppen am 10. April aus Städten und deren Umgebung abzuziehen, hieß es weiter. Als Begründung für die neuen Forderungen führte der Ministeriumssprecher an, die Regierung wolle verhindern, dass sich die Rebellen während einer Waffenruhe neu organisieren, bewaffnen und ganze Nachbarschaften unter ihre Kontrolle bringen können.
Opposition fordern UN-Büro in Damaskus
Frankreich verurteilte die neuen syrischen Forderungen für einen Waffenstillstand. Der Sprecher des Pariser Außenministerium, Bernard Valero, erklärte, nachdem das Assad-Regime angekündigte hatte, dass es den Vorschlag des Vermittlers Kofi Annan akzeptiert habe und selbst den 10. April als Datum für den Abzug seiner Truppen und der schweren Waffen aus den städtischen Zentren vorgeschlagen habe, formuliere es nun inakzeptable Forderungen. Frankreich müsse zusammen mit der internationalen Gemeinschaft Konsequenzen aus der syrischen Verweigerung einer Zusammenarbeit ziehen. Valero betonte überdies die volle Unterstützung für Annan.
Auch die Bundesregierung pocht auf Einhaltung der Waffenruhe. "Wir brauchen ein Ende der Gewalt - spätestens am 10. April", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes. "Humanitärer Zugang zu den Menschen in Syrien muss ermöglicht werden. Das muss glaubwürdig von der internationalen Gemeinschaft verifiziert werden können." Aus Sicht von Außenminister Guido Westerwelle bestätigten die jüngsten Berichte, wie drängend ein geschlossenes Auftreten der internationalen Gemeinschaft gegenüber dem Assad-Regime sei, sagte die Sprecherin.
Oppositionelle forderten indessen Annan zu weiterem Handeln auf. Der Sondergesandte müsse sofort ein Büro in Damaskus eröffnen, um eine Waffenruhe überhaupt überwachen zu können, betonte der politische Aktivist Luaj Hussein. Bislang sei Annans Vorgehen zu langsam gewesen.
Kämpfe in Syrien gehen weiter
Annan wird am Dienstag syrische Flüchtlinge in Lagern im Süden der Türkei besuchen. Der Besuch vor einer Reise Annans in den Iran werde nur einige Stunden dauern, sagte ein türkischer Diplomat am Montag. In türkischen Flüchtlingslagern an der Grenze zu Syrien sind derzeit fast 25.000 Syrer untergebracht, die vor der Gewalt in ihrer Heimat geflohen sind. Der Sonderbeauftragte von UNO und Arabischer Liga wird am Mittwoch im Iran erwartet. Dort will er um Unterstützung für seinen Friedensplan für Syrien werben.
Der UN-Sicherheitsrat hatte die syrische Führung zuletzt am Gründonnerstag "dringend" aufgefordert, den Friedensplan Annans umzusetzen und bis zum Dienstag die Truppen aus den Protesthochburgen abzuziehen. Binnen 48 Stunden - bis Donnerstagmorgen 06.00 Uhr Ortszeit - sollen dann alle Kampfhandlungen eingestellt werden.
Die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und oppositionellen Rebellen gehen derweil unvermindert weiter. In der Protesthochburg Homs kamen nach Angaben von Aktivisten mindestens neun Menschen ums Leben, als die Armee am frühen Morgen das Feuer auf die Viertel Al-Chalidija und Deir Baalaba eröffnete. An der syrisch-türkischen Grenze nahe der Stadt Aleppo wurden laut syrischen Menschenrechtlern mindestens sechs syrische Grenzschützer bei einem Rebellenangriff getötet. Wegen der vom Regime verhängten Medienblockade sind solche Meldungen von unabhängiger Seite nur schwer zu überprüfen.
Quelle: ntv.de, jog/AFP/dpa