Politik

Debatte über EM-Verlegung DFB sagt klar Ja zur Ukraine

Die Läden in der Ukraine sind bereit.

Die Läden in der Ukraine sind bereit.

(Foto: dpa)

DFB und DOSB reagieren scharf auf Vorschläge unter anderem der Polizei, die EM-Spiele in der Ukraine nach Deutschland zu verlegen. Wichtig sei aber das "klare Bekenntnis zu den Menschenrechten". Ex-DFB-Präsident Zwanziger kündigt unterdessen an, nicht in die Ukraine reisen zu wollen.

DOSB-Präsident Thomas Bach und DFB-Boss Wolfgang Niersbach haben ein Machtwort gesprochen und einer Verlegung von Spielen der Fußball-EM aus der Ukraine nach Deutschland eine klare Absage erteilt. "Mit dem Gedanken beschäftigen wir uns keine Sekunde. Die Menschen in der Ukraine haben die Europameisterschaft verdient", sagte Niersbach. Bach ist derselben Meinung und wies Forderungen nach einer Verlegung weit von sich.

"Die Forderung zeugt von großer internationaler Respekt- und Instinktlosigkeit, weil sie über die Köpfe selbst des Mitgastgeberlandes Polen, aber auch der anderen europäischen Nationen und des Veranstalters UEFA hinweg erhoben wird", sagte er. Die Forderung sei laut Bach "im Übrigen kontraproduktiv", weil sie sich auch "gegen den erkennbaren Willen des ukrainischen Volkes" richte und dazu benutzt werden könne, von der politischen Diskussion über die Menschenrechte in der Ukraine abzulenken. "Schon aus diesen Gründen ist die Verlegung von Spielen nach Deutschland keine Option", sagte Bach.

Timoschenko zeigt Verletzungen, die ihr angeblich durch Schläge zugefügt wurden.

Timoschenko zeigt Verletzungen, die ihr angeblich durch Schläge zugefügt wurden.

(Foto: dpa)

Niersbach ergänzte, eine Absage der EM bringe "ebenso wenig wie der Boykott vergangener Sportveranstaltungen". Wichtig sei das "klare Bekenntnis zu den Menschenrechten und im Fall Timoschenko die Forderung nach einem schnellen Signal der Ukraine". Das Medienereignis EURO 2012 biete die "einmalige Chance, neben der Berichterstattung über den Fußball auch die Missstände in der Ukraine anzuprangern."

In der "Zeit" Zeit fügte Niersbach hinzu: "Es sind sich ja alle Entscheidungsträger einig darin, dass ein sportlicher Boykott der Europameisterschaft nichts bringen würde, mehr noch: der ukrainischen Bevölkerung sogar schadete." Sollte sich die Lage in der Ukraine weiter zuspitzen, kann er sich jedoch ein gemeinsames Zeichen "im Zusammenspiel mit der UEFA" vorstellen. Einen Alleingang des DFB schloss er aus.

Polizei sieht kein Problem

Jutta Steinbach, menschenrechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hatte eine Verlegung der Spiele "von der Ukraine nach Polen, Österreich oder Deutschland" in der Bild als "richtiges politisches Signal an die undemokratische Regierung in Kiew" bezeichnet: "Das würde den größten Druck erzeugen." Laut Gabriele Fograscher (SPD), Mitglied des Bundestags-Sportausschusses, böte sich "Deutschland wegen seiner Nachbarschaft zu Polen als Austragungsort an".

Am Montag hatte Martin Kallen, EM-Turnierdirektor der UEFA, eine Verlegung von Spielen nach Deutschland ausgeschlossen. "Das ist unmöglich. Das bekäme man in so kurzer Zeit gar nicht hin", sagte der 48-Jährige, der erstmals offiziell Notfallpläne der Europäischen Fußball-Union (UEFA) bestätigte. Die Ultima Ratio könnte eine Absage der EURO sein. "Da gäbe es nur eine Möglichkeit: Dann müsste man an eine Verschiebung des Turniers denken, in ein anderes Jahr", sagte der Schweizer.

Bernhard Witthaut, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, hält dagegen eine Verlegung von Spielen der Fußball-EM aus der Ukraine nach Deutschland für möglich. "Bereits vor mehr als einem Jahr haben sich Vertreter von UEFA, DFB und Bundesinnenministerium an einen Tisch gesetzt, um ein Krisen-Szenario zu entwickeln", sagte Witthaut. Das sei bei Großveranstaltungen in politisch instabilen Ländern normal. Aber jetzt bekämen die Überlegungen eine andere Bedeutung. Das Innenministerium dementierte die Existenz eines entsprechenden Krisenszenarios. Witthaut sagte jedoch: "Fakt ist: Es gibt in der Schublade einen Alternativplan. Danach ist Deutschland in der Lage, kurzfristig die ukrainischen EM-Spiele zu übernehmen. Die Zeit dafür würde auch jetzt noch ausreichen."

Die EM soll vom 8. Juni bis 1. Juli in Polen und der Ukraine stattfinden. Auslöser der seit Monaten schwelenden Diskussion ist der Umgang mit der in der Ukraine inhaftierten und schwer erkrankten Ex-Premierministerin Julia Timoschenko. Timoschenko, die an Bandscheibenproblemen leidet, verbüßt eine siebenjährige Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs. Die Europäische Union kritisiert ihre Haft als politisch motiviert. Aus Protest gegen ihre Haftbedingungen trat Timoschenko vor mehr als einer Woche in einen Hungerstreik.

Deutschland trägt alle drei Vorrundenspiele in der Ukraine aus. Niersbachs Vorgänger Theo Zwanziger kündigte an, während der EM nicht in die Ukraine reisen zu wollen. "Ich selbst habe entschieden, keine Spiele in der Ukraine zu besuchen, weil ich es nicht gut finde, was dort politisch passiert", sagte Zwanziger, Mitglied der UEFA-Exekutive.

Quelle: ntv.de, jmü/sid

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