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"Das bedeutet mir sehr viel" Trump liebt und bestraft imperial - per Brief

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Hocherfreut: US-Präsident Donald Trump liest einen Brief des britischen Königs Charles, überreicht von Premierminister Keir Starmer.

Hocherfreut: US-Präsident Donald Trump liest einen Brief des britischen Königs Charles, überreicht von Premierminister Keir Starmer.

(Foto: AP)

Wie kann US-Präsident Trump besänftigt werden? Mit Papier! Ein goldenes Emblem, ein bedeutungsschwangerer Text, eine Unterschrift. Auch im Zoll-Hickhack setzt Trump auf Briefe.

Souvenirs, Drohungen, Liebe. Wenn Trump ein Ausrufezeichen setzen möchte, verschickt er einen Brief. Staats- und Regierungschefs wissen offenbar um die Vorliebe des US-Präsidenten und umschmeicheln ihn umgekehrt mit aufwändigen Schriftstücken. Dann verzichtet das sprunghafte Gegenüber womöglich auf den Zoll(stock) - und lässt einen in Ruhe. Es könnten bald einige Briefe im Weißen Haus eintrudeln, schließlich flutete Trump zu Wochenbeginn Truth Social mit seinen Schreiben in alle Welt. Darin drohte er mit Zöllen und stellte Forderungen. Die zuvor am 9. Juli auslaufende Frist verlängerte er bis zum 1. August.

Bislang hat Trump die großen Ziele seiner Einfuhrgebühren verfehlt: mehr Jobs und die Gegenfinanzierung seiner Wahlversprechen. In der produzierenden Industrie sind bislang mehr Arbeitsplätze verloren gegangen als geschaffen worden. Die zusätzlichen Zolleinnahmen können keineswegs die massiven Steuersenkungen seines großen Haushaltspakets finanzieren. Bislang sind so etwa 50 Milliarden US-Dollar zusammengekommen. Bezahlt hat sie die US-Wirtschaft; die Importeure, Unternehmen und Verbraucher. Eine Konsumsteuer für alle, während von den Steuersenkungen an anderer Stelle die besser betuchten Einkommensschichten profitieren. Umverteilung nach oben.

Karoline Leavitt, die Sprecherin des Weißen Hauses, zeigt einen von Trumps Zollbriefen.

Karoline Leavitt, die Sprecherin des Weißen Hauses, zeigt einen von Trumps Zollbriefen.

(Foto: REUTERS)

Aber zurück zu Tinte und Papier. In Zeiten von E-Mail, Slack und Messengern ist für Trump das gedruckte Wort auf wertigen Bögen mit goldenem Prägedruck und groß geschwungener oder von ihm gehakelter Unterschrift ein wichtiges Element seiner Präsidentschaft. Der Republikaner droht immer wieder mit Schriftstücken. Ihm gefällt auch sehr, wenn er welche bekommt.

Woher kommt seine Vorliebe dafür? "Er mag Dinge, die man anfassen kann. Er schätzt die Aufmerksamkeit. Er möchte etwas vorzeigen können", schreibt die "Washington Post" über Trump. "Er mag die Förmlichkeit eines Briefes", wird ein anonymer Mitarbeiter des Weißen Hauses zitiert: "Da dies in der heutigen elektronischen Welt eine Seltenheit geworden ist, schätzt er es, dass jemand sich die Zeit nimmt, etwas wie einen altmodischen Brief zu schreiben."

Ohnehin liest Trump keine Nachrichten auf dem Smartphone, heißt es in US-Medien, von einem Computer ganz zu schweigen. Es ist bekannt, dass Trump sich gerne Meldungen ausdrucken lässt, die er dann in Äußerungen "webt", wie es manche beschreiben, wenn er an ein Mikrofon tritt.

"Diese schönen Briefe"

Seit Jahrzehnten schätzt Trump diese Form der Korrespondenz. Er habe schon lange ein geordnetes Briefarchiv, schreibt die "Washington Post". Nach seiner ersten Amtszeit veröffentlichte er ein Buch: "Briefe an Trump", es kostete rund 100 Dollar. Sein Faible hat er beibehalten.

Zwar feuerte Trump seine öffentliche Barrage auf Truth Social ab, aber die Sprecherin des Weißen Hauses zeigte bei ihrer Pressekonferenz an Japan und Südkorea gerichtete Schreiben zum Anfassen, mit goldenem Emblem und Unterschrift. "Wie Sie sehen", kommentierte Karoline Leavitt, "wir haben diese schönen Briefe, die der Präsident unterzeichnet hat". Die sind größtenteils im Trump-Duktus verfasst, samt wilder Groß- und Kleinschreibung sowie Versalien für Schlüsselaussagen.

Einer der Briefe war an Brasiliens Präsidenten Lula da Silva adressiert. Darin beschwert Trump sich über den Gerichtsprozess um den Putschversuch des rechten Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro und eine angebliche Zensur sozialer Medien im südamerikanischen Land. Trump kündigte deshalb zusätzliche Einfuhrgebühren von 50 Prozent an. "Diese Zölle können verändert werden, nach oben oder nach unten, je nach Beziehung zu Ihrem Land", schrieb er reichlich ungefähr.

Ein kleiner Ausflug in die Beziehungen der beiden Länder: Nirgendwo auf der Welt wird pro Kopf so viel Kaffee getrunken wie in den USA, und ein Drittel davon kommt aus Brasilien. Mehr als die Hälfte des Orangensafts in den Vereinigten Staaten kommt vom südamerikanischen Handelspartner. Traut Trump sich wirklich, wegen seines Kompagnons Bolsonaro die Frühstückskosten und die Inflation in die Höhe zu treiben? Oder läuft gerade eine weitere Folge von "Taco" Trump? Lula hat bereits eine Reaktion angekündigt. Vielleicht verschickt der erfahrene Staatschef einen Brief, um den strafwütigen "Daddy Trump", wie der sich selbst beim NATO-Gipfel nannte, zu besänftigen?

Schmeichelnde Schriftstücke

Schließlich schrieben - als hätte es ein Berater herausgefunden und dann der halben Welt empfohlen - andere Staats- und Regierungschefs eigene Briefe, um Trump zu gefallen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu überreichte ihm zuletzt im Weißen Haus die Ausfertigung eines Schreibens, mit dem er Trump für den Nobelpreis vorgeschlagen hatte. "Sie sollten (den Preis) bekommen", schmeichelte Netanjahu. Der Präsident nahm den goldenen Briefkopf und die Schrift genau in Augenschein. "Wow", schwärmte Trump: "Das bedeutet mir sehr viel."

Bei seinem Besuch in Washington hatte der britische Premierminister Keir Starmer ihm einen Brief des britischen Königs Charles überreicht. Ein Zusammenhang ist nicht unbedingt vorhanden, aber nicht lange danach schlossen die beiden Länder eine Vereinbarung über Zölle. Trump hatte Charles im Jahr 1994, als der Brite noch Kronprinz war, eine Ehrenmitgliedschaft im Golfklub von Mar-a-Lago angeboten. Per Brief versteht sich.

Bundeskanzler Friedrich Merz überraschte Trump vor einigen Wochen mit einer Geburtsurkundenabschrift seines deutschen Großvaters, in goldenem Rahmen, passend zum entsprechend opulent umgestalteten Oval Office. "Das ist wunderschön, fantastisch. Wir werden es an einem Ehrenplatz aufhängen", meinte der Präsident. "Er mag imperiale Insignien", wird der Historiker Timothy Naftali von der "Washington Post" zitiert. Briefe seien eine Ausdrucksweise, die sehr an das 19. und frühe 20. Jahrhundert erinnere: "Donald Trump hat etwas von Versailles, und seine Vorliebe für handgeschriebene Briefe passt irgendwie zu diesem Stil."

Ein weiteres Beispiel: Der Eklat zwischen Wolodymyr Selenskyj, Trump und dessen Vize JD Vance im Weißen Haus. Ein Treffen endete in einem Schreiduell mit erhobenen Zeigefingern und Anschuldigungen vor laufenden Fernsehkameras. Der Präsident der Ukraine reiste ab, sammelte sich ein paar Tage - und meldete sich schriftlich. "Ich habe einen wichtigen Brief erhalten", brüstete Trump sich bei der jährlichen Rede der Präsidenten vor dem Kongress. Niemand wolle den Frieden mehr als die Ukrainer, heiße es darin.

"Eure Exzellenz"

Die Korrespondenz kann sich auch über längere Zeit hinziehen. In seiner ersten Amtszeit unterhielt Trump mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un einen Austausch über 27 Briefe. Erklärtes Ziel war, dass Nordkorea sein Atomprogramm aufgibt. Trump sagte, Kim und er hätten sich durch die Briefe ineinander "verliebt". In einem veröffentlichten Schreiben, das er nach dem ersten Treffen der beiden nach Washington schickte, benutzt der nordkoreanische Machthaber blumige Sprache.

"Selbst heute kann ich diesen historischen Moment nicht vergessen, als ich an diesem wunderschönen und heiligen Ort die Hand Eurer Exzellenz fest umklammerte", heißt es darin: "Zu Beginn des neuen Jahres wird die ganze Welt sicherlich wieder einmal Zeuge eines historischen Treffens zwischen mir und Ihrer Exzellenz werden, das an eine Szene aus einem Fantasyfilm erinnert." Trump versteckte die Schreiben sogar in Mar-a-Lago, weil er sie behalten wollte, und zeigte sich mehrfach von dem Briefaustausch beeindruckt. Der endete irgendwann, Nordkorea hat seine Atomwaffen weiterhin. Aber, wie würde Trump so oder so schließen? "Thank you for your attention to this matter!"

Quelle: ntv.de

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