Politik

EU droht bei Vorratsdatenspeicherung Datenschützer sind verärgert

Brandenburgs Datenschutzbeauftragte Hartge: "Wir brauchen diese Vorratsdatenspeicherung nicht."

Brandenburgs Datenschutzbeauftragte Hartge: "Wir brauchen diese Vorratsdatenspeicherung nicht."

(Foto: picture alliance / dpa)

Die EU-Kommission setzt Deutschland unter Druck. Die Bundesrepublik soll endlich die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung umsetzen. Eine Forderung, die Datenschützer und Wissenschaftler verärgert. Die Sicherung von Internet- und Telefondaten schränkt ihrer Meinung nach die Freiheit der Bürger ein, ohne die Verbrechensbekämpfung zu verbessern.

Die EU-Kommission droht der Bundesrepublik wegen der Vorratsdatenspeicherung mit einer Klage und verärgert damit Deutschlands Datenschützer. In vier Wochen soll die Regierung eine Richtlinie zur Sicherung von Telefon- und Internetdaten umsetzen. Doch laut der Datenschützer ist nicht nur dieses Ultimatum, sondern auch die Datensicherung unsinnig.

"Wir brauchen diese Vorratsdatenspeicherung nicht", sagte die Vorsitzende der Konferenz der Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern, Dagmar Hartge. Insofern habe sie für die Aufforderung aus Brüssel, bei der Vorratsdatenspeicherung nunmehr endlich tätig zu werden, erst recht kein Verständnis. Ähnlich äußerte sich der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar.

Deutschland drohen Millionenstrafen

Der Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung hat zwei Gründe. Das Verfahren schränkt die Bürgerrechte ein. Zudem belegen Studien, dass die Speicherung kaum bei der Verbrechensbekämpfung hilft. Da die Bundesrepublik die Vorratsdatenspeicherung zwischenzeitlich nutzte, untersuchte etwa im Auftrag des Bundesjustizministeriums, ob sich in dieser Zeit die Aufklärungsquote der Behörden verbessert hat. Das Ergebnis: "Die Studie zeigt, dass die Notwendigkeit der Vorratsdatenspeicherung nicht empirisch belegt, sondern nur ein Gefühl der Praktiker ist", erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Max Stadler von der FDP. "Die Vorratsdatenspeicherung hat keinen messbaren Einfluss auf Aufklärungsquoten."

Trotz dieser Vorbehalte wird die EU-Kommission die Bundesrepublik vermutlich beim Europäischen Gerichtshof wegen verklagen, wenn Berlin die EU- Richtlinie nicht zügig umsetzt. In letzter Konsequenz kann das Gericht millionenschwere Strafen verhängen. Die Frist für die Umsetzung in nationales Recht war bereits 2007 ausgelaufen.

Koalition streitet seit 2010 um Gesetzentwurf

Brüssel macht damit Druck auf die Regierungskoalition in Berlin, die . Am Vortag hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Dauerstreit eingeschaltet und auf eine Lösung gedrängt.

2010 hatte das Bundesverfassungsgericht die bis dahin geltende . Für die Neuregelung ist Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger zuständig. Der Vorschlag der FDP-Ministerin, Daten ("Quick Freeze-Verfahren"), geht der Union und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich aber nicht weit genug.

Auch die EU-Kommission lehnt dieses Verfahren ab, weil es hinter den Anforderungen der EU-Richtlinie zurückbleibe. "Um es ganz klar zu sagen: Quick-Freeze kann nicht als Umsetzung der EU-Richtlinie gewertet werden. Es ist ein anderes System, das nicht so effektiv ist wie die Vorgaben in der Richtlinie", betonte der Kommissionssprecher.

Deshalb habe die Behörde nun diese letzte Warnung losgeschickt. Dies sei keine Ausnahme: "Wir machen das, wenn wir das Gefühl haben, dass Verhandlungen mit dem Mitgliedstaat noch laufen und dass der Mitgliedsstaat noch mehr unternimmt."

Deutschland nicht der einzige Fall

Seit Sommer 2011 hat die EU-Kommission Deutschland in dieser Sache im Visier. Die Bundesregierung hatte im Dezember Stellung zu den Vorwürfen genommen, doch dieses Schreiben reichte Brüssel nicht. Der Sprecher bemängelte: "In dieser Antwort wurde nicht gesagt, wann und wie Deutschland die Richtlinie umsetzen wird."

Deutschland ist nicht das erste Land, das in dieser Frage Ärger mit Brüssel bekommt. Gegen Schweden und Österreich hat die Behörde bereits Verfahren wegen Verletzung der EU-Verträge eingeleitet.

EU hält Datenspeicherung für sinnvoll

Nach Ansicht der EU-Behörde ist die Datenspeicherung ohne Anfangsverdacht ein wichtiges Instrument zum Schutz der Bürger - zum Beispiel vor Terroristen. Die EU-Richtlinie verpflichtet Telekom-Unternehmen seit 2006 dazu, die Daten von Telefongesprächen, Internetverbindungen und Mails der Bürger auf Vorrat speichern, damit Fahnder später Verbrechen aufklären können.

Dank Telefondaten seien zuletzt unter anderem ein Netz von Heroinschmugglern und ein Pädophilenring in der EU aufgedeckt worden, betont die zuständige EU-Kommissarin Malmström immer wieder. Die EU-Richtlinie wurde nach den Terroranschlägen von und beschlossen. Inzwischen will die EU-Kommission die Richtlinie überarbeiten und zum Beispiel mehr Datenschutz einfügen - bis dahin müssen sich alle Staaten an die bisherigen Vorgaben halten.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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