Politik

Bericht aus Teheran Der Gleichmut der Iraner könnte kippen

Im Großen Bazar von Teheran.

Im Großen Bazar von Teheran.

(Foto: REUTERS)

Ein Teil der Teheraner trägt die Politik der iranischen Regierung offenkundig mit. "Amerika ist nichts", sagt eine Frau im Großen Basar der Stadt. Doch viele sehnen sich einfach nach Normalität.

Wer Teheran zum ersten Mal besucht, ist oftmals überrascht. Eingebettet im Schatten des gewaltigen Elburs-Gebirges, handelt es sich bei der iranischen Hauptstadt um einen lebhaften und vielschichtigen Ort. So sehr man hier auf stark konservative und religiöse Menschen trifft, so wird man gleichermaßen auch moderate, offene und ausgesprochen moderne Haltungen vorfinden. In der Stadt sind modebewusste Jugendliche, Burger-Läden und sogar Food Trucks nichts Ungewöhnliches.

Frederik Pleitgen ist CNN-Korrespondent.

Frederik Pleitgen ist CNN-Korrespondent.

(Foto: CNN International)

Aber Teheran ist vor allem auch ein Ort, der Konflikte und Notlagen gewohnt ist. Wenn auch die politischen Spannungen der letzten Wochen hier ein Thema waren, sind sie für die Bewohner nichts Neues. Bei einem Besuch von Teherans Großem Basar spürt man ein Volk, das all das schon einmal erlebt hat. Schließlich handelt es sich um eine Stadt, die einen brutalen Krieg mit dem benachbarten Irak überstanden hat und seit vielen Jahren mit unterschiedlich hohen Sanktionen konfrontiert wurde. "Ich habe keine Angst", sagt ein Mann, der ein knallgelbes Hemd trägt. "Wir hatten acht Jahre lang Krieg und jeden Tag waren Raketen auf uns gerichtet."

Die Menschen hier zögern, vor der Kamera zu sprechen. Aber die Stimmung unter den konservativeren Stadtbewohnern spiegelt gewissermaßen die Rhetorik der iranischen Regierung gegenüber der USA wider. "Amerika ist nichts", sagt eine Frau voller Verachtung. "Jedes Mal, wenn wir reden, antworten sie uns nicht richtig. Es hat keinen Sinn, mit ihnen zu reden."

Das Iran-Abkommen war auch mit dem Ziel geschlossen worden, das Lager der Reformer im Iran zu stärken und dieses über lange Zeit isolierte Land wieder in die Weltgemeinschaft einzugliedern. Die Lockerung der Sanktionen führte zu einer kurzen Blütezeit des Wohlstands. Angesichts der jüngsten Ereignisse verwelken diese Triebe jedoch bereits wieder. Geschäfte mussten schließen, die Unternehmen haben Schwierigkeiten, Kunden zu gewinnen, deren Taschen ohnehin fast leer sind. Nachdem man bereits die Aussicht auf eine wohlhabendere Zukunft hatte, stößt selbst Teherans Gleichmut nun womöglich an seine Grenzen.

Eine andere Frau auf dem Basar fordert US-Präsident Donald Trump auf, den Fokus auf die einfachen Iraner zu richten. "Trump sollte die Menschen im Iran und nicht die Regierung des Irans betrachten", sagt sie. "Denn all die Probleme, die er geschaffen hat, üben Druck auf die Menschen aus. Ich will das Thema nicht politisieren, aber die Menschen sind wirtschaftlich verwundbar und leiden."

Andere erwarten vom iranischen Regime, dass es eine weichere Haltung einnimmt. "Natürlich sollten sie miteinander reden und die Probleme lösen, damit sich die Bedingungen verbessern", sagt ein Mann. "Ich möchte, dass unsere Regierung entsprechend handelt, damit sich die Situation nicht noch weiter verschlimmert."

Wie bei vielen Menschen auf der Welt, die von einem Konflikt betroffen sind, herrscht auch hier eine Sehnsucht nach Normalität. "Die Menschen haben Angst davor, dass es Krieg geben könnte", bestätigt derselbe Mann. "Aber unser Volk wünscht sich Stabilität und Frieden." Angesichts der Verschärfung der Rhetorik haben die Menschen hier das Gefühl, dass eine solche Entwicklung in naher Zukunft unwahrscheinlich ist. Es gibt keinen einfachen Ausweg aus dieser Konfrontation. Da beide Seiten gleichermaßen unnachgiebig erscheinen, kann hier jeder nur seinem Leben nachgehen und auf das Beste hoffen.

Quelle: ntv.de

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