Cum-Ex und Maskenaffäre Deutschland hat "einige offene Flanken" bei Korruption
30.01.2024, 07:22 Uhr Artikel anhören
Der deutschen Politik fehle es an Konsequenz bei der Korruptionsbekämpfung, bemängelt Transparency International.
(Foto: picture alliance / SvenSimon)
Deutschland landet in einem Ranking zur Korruptionsbekämpfung auf dem neunten Platz bei insgesamt 180 beurteilten Ländern. Doch laut Transparency International müssen einige Themen angepackt werden. Die Experten betrachten zudem eine Entwicklung mit Sorge.
Deutschland tritt nach Einschätzung von Transparency International bei der Korruptionsbekämpfung auf der Stelle. Zwar steht die Bundesrepublik laut des globalen Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) 2023 im internationalen Vergleich verhältnismäßig gut dar: Sie kommt bei insgesamt 180 untersuchten Ländern auf den neunten Platz und erreicht 78 von 100 Punkten. Im Vergleich zum Vorjahr verliert Deutschland jedoch einen Punkt - und das im zweiten Jahr in Folge.
Laut Transparency erreicht die Bundesrepublik damit wieder den gleichen Punktewert wie vor zehn Jahren. "Seit mehr als zehn Jahren tritt Deutschland im Korruptionswahrnehmungsindex mehr oder weniger auf der Stelle", kommentierte die stellvertretende Vorsitzende von Transparency Deutschland, Margarete Bause, das aktuelle Ergebnis. Obwohl Deutschland das Problem der Korruption verhältnismäßig gut im Griff habe, gebe es "einige offene Flanken". Skandale wie Cum-Ex und die Maskenaffäre während der Corona-Pandemie verdeutlichten die Schwachstellen.
Laut Transparency fehlt es der Politik bei der Korruptionsbekämpfung nach wie vor an Konsequenz: Im Jahr 2023 habe es "zu viele halbe Sachen" gegeben. Die Organisation nennt als Beispiele die Reform des Lobbyregisters des Bundestags - ohne einen Lobbyfußabdruck, also den Einfluss von Lobbyisten auf Gesetze. Zudem fehle ein Entwurf für das "dringend benötigte" Unternehmensstrafrecht.
Somalia ist letzter im Ranking
2024 müsse die Ampel-Koalition deshalb Nägel mit Köpfen machen, forderte Bause: Die Verschärfung des Gesetzes gegen Abgeordnetenbestechung, der Lobbyfußabdruck und das Bundestransparenzgesetz müssten dieses Jahr in den Bundestag eingebracht und beschlossen werden. Diese drei Vorhaben seien im Koalitionsvertrag vereinbart, aber noch immer nicht umgesetzt worden. Ebenfalls gefragt seien die Bundesländer, ergänzte Bause. Diese müssten Strafverfolgungsbehörden und Justiz schlagkräftiger ausstatten.
Auf dem besten Platz im neuen Korruptionswahrnehmungsindex liegt Dänemark mit 90 Punkten, dahinter folgt Finnland mit 87 Punkten. Den letzten Platz belegt Somalia mit elf Punkten. Insgesamt erreichen mehr als zwei Drittel der 180 Länder weniger als 50 Punkte, was laut Transparency "ein deutlicher Hinweis auf ernsthafte Korruptionsprobleme weltweit ist".
Das Erstarken antidemokratischer Kräfte führe auch zu einem Ansteigen von Korruption in den jeweiligen Ländern, erklärte Transparency. "Wo der Rechtsstaat, unabhängige Medien und zivilgesellschaftliche Gruppen geschwächt werden, dort blüht die Korruption."
Ungarn rutscht deutlich ab
Dies veranschauliche eindrücklich Ungarn unter der Führung von Ministerpräsident Viktor Orban, hieß es. Die EU wirft Ungarn beispielsweise neben grassierender Korruption gravierende Defizite bei den Grundrechten vor. In dem Transparency-Index ist Ungarn in den vergangenen Jahren deutlich abgerutscht. Es verlor seit 2012 13 Punkte und belegt mit 42 Punkten jetzt den letzten Platz unter den EU-Ländern.
Transparency International erstellt jährlich seinen sogenannten Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) auf Basis von Daten unabhängiger Institutionen, die sich auf die Analyse von Regierungsführung und des Wirtschaftsklimas spezialisiert haben. Ein Wert von 100 bedeutet, dass keine Korruption wahrgenommen wird. 0 bedeutet ein Höchstmaß davon.
Quelle: ntv.de, lme/AFP