Staatsakt im Berliner Dom Deutschland nimmt Abschied von Weizsäcker
11.02.2015, 11:30 Uhr
Alles, was Rang und Namen in der deutschen Politik hat, ist gekommen, um Abschied von Richard von Weizsäcker zu nehmen. Und auch etliche Gäste aus dem Ausland erweisen ihm die letzte Ehre. Der frühere Bundespräsident, der das Land in den Jahren vor und nach der Wende prägte, war vor rund zwei Wochen verstorben.
Mit einem Gottesdienst im Berliner Dom hat Deutschland Abschied vom früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker genommen. Bei dem Staatsakt gegen Mittag würdigen neben Bundespräsident Joachim Gauck auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Finanzminister Wolfgang Schäuble und Ex-Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer das Lebenswerk des früheren Staatsoberhaupts. n-tv berichtet live.
Unter den etwa 1400 Gästen sind auch Weizsäckers Ehefrau Marianne, Kanzlerin Angela Merkel und andere Kabinettsmitglieder. Hinzu kommen etliche frühere Staatsoberhäupter und Regierungschefs aus dem Ausland - darunter etwa der frühere polnische Präsident Lech Walesa sowie die ehemalige Königin der Niederlande Beatrix. Im Anschluss ist ein militärisches Abschiedszeremoniell vor dem Dom geplant.
In seiner Rede nannte Gauck Weizsäcker einen "großen Deutschen". "Wie nur wenige stand er für unser Land - und wie nur wenige hat er für unser Land weltweit Achtung und Sympathie erworben", sagte Gauck. "Die deutsche Geschichte hat ihn geprägt", sagte Gauck. "Und er hat selber tiefe Spuren in der Geschichte unseres Landes hinterlassen."
"Im Glauben verwurzelter Christenmensch"
Im Grundgesetz sei nicht vorgeschrieben, dass ein Bundespräsident eine moralische Instanz zu sein habe, so Gauck weiter. Es sei auch nicht vorgeschrieben, dass er intelligent sein, der sittlichen Vernunft folgen und auch noch durch gute Reden überzeugen können solle. "Aber Richard von Weizsäcker hat all dies beherrscht und gelebt - souverän, freundlich und selbstverständlich." Er habe damit Maßstäbe für das Amt gesetzt. "Er überzeugte besonders, weil Amt und Person so passgenau zur Deckung kamen."
Außenminister Steinmeier nutzte den Anlass, um dazu aufzurufen, zur Lösung weltweiter Konflikte stets den Dialog in den Mittelpunkt der politischen Bemühungen zu stellen. "Nicht Armeen, nicht Krieg, nicht Zwang, sondern das Wort kann den Lauf der Dinge prägen", mahnte er in seiner Rede. Diese Hoffnung sei "gerade in der heutigen, stürmisch-bedrohlichen Zeit" lebenswichtig. Für Weizsäcker etwa habe im Wort stets die Hoffnung auf Frieden gelegen. Worte seien "Einladung zum Dialog mit den Mitteln der Vernunft", zugleich aber auch Ausdruck moralischer Verwurzelung.
Zum Auftakt würdigte der evangelische Berliner Altbischof Martin Kruse Weizsäckers Einsatz für die deutsche Wiedervereinigung. Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland nannte Weizsäcker einen "im Glauben verwurzelten Christenmenschen". Schon in seiner Zeit als Regierender Bürgermeister von Berlin zwischen 1981 und 1984 und als EKD-Ratsmitglied habe er sich um die Annäherung zwischen Ost und West verdient gemacht. Kruse lobte, "mit welchem politischen Augenmaß, mit welcher Nüchternheit und mit welchem Wagemut" Weizsäcker vorgegangen sei.
Weizsäcker war am 31. Januar im Alter von 94 Jahren gestorben. Er war zwischen 1981 und 1984 Regierender Bürgermeister von Westberlin und von 1984 bis 1994 Bundespräsident. In seine Amtszeit fielen der Mauerfall und die deutsche Wiedervereinigung. Als bedeutendste politische Rede Weizsäckers ist seine Ansprache vom 8. Mai 1985 zum 40. Jahrestag des Kriegsendes in Erinnerung. Damals nannte er die Kapitulation Deutschlands einen "Tag der Befreiung".
Quelle: ntv.de, jog/dpa