Politik

Hoffen auf FDP und Grüne Die CDU fügt sich ins Unvermeidliche

Kanzlerin Angela Merkel kann sich auf ihre Parteifreunde verlassen.

Kanzlerin Angela Merkel kann sich auf ihre Parteifreunde verlassen.

(Foto: dpa)

Bei nur zwei Enthaltungen billigt ein kleiner Parteitag der CDU den Koalitionsvertrag von Union und SPD. Klar wird in der Debatte allerdings, dass die Partei ohne Begeisterung in die Große Koalition geht. Nicht nur die Jüngeren sehnen sich bereits nach 2017.

Ohne Gegenstimmen hat ein kleiner CDU-Parteitag den Koalitionsvertrag gebilligt. Bei zwei Enthaltungen sprachen sich die 180 Delegierten des sogenannten Bundesausschusses der CDU für den Vertrag aus, der bereits vor knapp zwei Wochen ausgehandelt worden war.

Ganz so einmütig, wie die Abstimmung per Handzeichen am Ende aussah, verlief die Debatte allerdings nicht. Am Ende war es die Einsicht in das Unvermeidliche. "Eine parlamentarische, eine politische Alternative haben wir nicht", sagte der frühere hessische CDU-Fraktionschef Christean Wagner - ausgerechnet Wagner, der die CDU-Spitze sonst regelmäßig mit konservativen Aufrufen ärgert. "Und deshalb werde ich meine Hand zu diesem Koalitionsvertrag heben."

Die Debatte machte sehr deutlich, dass die CDU ohne Begeisterung in die Große Koalition geht. Bei den rund 30 Wortmeldungen gab es zum Teil heftige Kritik vor allem zu drei Themen: den rentenpolitischen Beschlüssen im Koalitionsvertrag, der Wirtschaftspolitik und der Energiewende.

Ja oder Nein?

Zu Beginn der nicht einmal vierstündigen Veranstaltung hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer weitgehend leidenschaftslosen Rede für den Vertrag geworben. Zu dem Vorwurf, die Union habe keine Inhalte durchgesetzt, sondern nur SPD-Positionen verhindert, sagte die CDU-Chefin: "Indem wir zu einigen Dingen Nein gesagt haben, haben wir zu anderen Dingen Ja gesagt." Zugleich versuchte Merkel, die Erinnerung an den Jubel vom Wahlabend zu wecken. Sie betonte, dass der Zugewinn der Union bei der Bundestagswahl in Höhe von 7,7 Prozentpunkten "der höchste Stimmenzuwachs einer Partei" gewesen sei, "den es seit dem Jahr 1953 gegeben hat".

Doch der Jubel ist längst verflogen, in der CDU hat sich Ernüchterung breitgemacht. Der Chef der Jungen Union, Philipp Mißfelder, kritisierte die "Aufweichung der Rente mit 67" und kündigte an, dass er sich gegen ein Gesetz stemmen werde, das Arbeitnehmern den Eintritt in die Rente nach 45 Beitragsjahren ermöglichen soll, auch wenn sie erst 63 Jahre alt sind. An dieser Stelle sei "nicht das letzte Wort" gesprochen, sagte er.

Einige Redner kritisierten auch die Mütterrente, die CDU und CSU in ihrem Wahlprogramm versprochen hatten. "Natürlich gibt es eine Gerechtigkeitslücke", sagte Kurt Lauk, der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates. Aber es gebe eine Gerechtigkeitslücke "nach hinten und es gibt eine nach vorne, für die nächste Generation. Und wir sollten uns nicht für die Vergangenheit entscheiden."

"Wir brauchen einen Parteitag über das Wahlprogramm"

Allerdings ist die Mütterrente seit Jahren Beschlusslage der CDU, insofern kam die Debatte ein wenig verspätet. Zwei Redner merkten an, dass der Kern des Problems nicht der Koalitionsvertrag sei, sondern die Art, wie das gemeinsame Wahlprogramm mit der CSU zustande gekommen sei: hinter verschlossenen Türen, ohne Parteitag. "Bei der nächsten Bundestagswahl brauchen wir einen Bundesparteitag über das Wahlprogramm", forderte Carsten Linnemann, der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU. Wie Lauk kündigte er an, sich bei der Abstimmung über den Koalitionsvertrag zu enthalten.

Besonders schwer wog das wirtschaftspolitische Unbehagen mit Blick auf die Energiewende, deren Kosten vielen in der CDU erhebliche Sorgen bereiten. Ihnen trat Umweltminister Peter Altmaier mit einem leidenschaftlichen Plädoyer entgegen. Bevor er Minister geworden sei, habe Geld bei der Energiewende keine Rolle gespielt, sagte er. Es sei richtig, volkswirtschaftliche Vernunft in die Debatte einzuführen, aber, so ergänzte er, man dürfe nicht jene verlieren, "denen diese Energiewende ein Herzensanliegen ist".

Zur Sprache kam auch die strategische Ausrichtung der CDU. Sowohl der als konservativ geltende Mißfelder als auch der eher liberale Gesundheitsexperte Jens Spahn forderten, die Gesprächskanäle zur FDP, aber auch zu den Grünen offenzuhalten, um 2017 wieder eine "bürgerliche Mehrheit" im Bundestag zu haben. Beide gehören zu den 57 jüngeren Politikern, die ihre Unterschrift unter den am Wochenende veröffentlichten Aufruf "CDU 2017" gesetzt haben.

"Schwarz-Grün finden wir auch nicht schlecht"

Dieser Aufruf sei nicht als Kritik zu verstehen, "sondern als konstruktiver Beitrag für die Regierungspolitik der nächsten Jahre", sagte Nadine Schön, die jüngste Abgeordnete in der Unionsfraktion, die das Papier ebenfalls unterzeichnet hatte. Diese Art von Kritik gefiel der Kanzlerin weitaus besser als die scharfe Kritik der Mittelstandspolitiker, sorgt sie doch dafür, dass die CDU sich als diskussionsfreudige Partei darstellen kann. Am Ende des kleinen Parteitags dankte Merkel den Jüngeren. Oft heiße es, dass in der CDU gar nicht diskutiert werde, so die Kanzlerin. "Es hat sich heute und am Wochenende herausgestellt, dass hier viele, viele mitdenken."

Die Botschaft der Jüngeren, dass die Große Koalition 2017 durch ein anderes Bündnis abgelöst werden solle, griff Merkel schon in ihrer Rede auf. "Natürlich hätten wir gern die christlich-liberale Koalition fortgesetzt", sagte sie. "Ich wünsche der FDP, dass sie es beim nächsten Mal wieder schafft. Wir haben gut zusammengearbeitet, und das soll auch so bleiben" - wobei sie gegen Ende des Satzes immer leiser wurde. Über Schwarz-Grün in Hessen sagte sie, das sei etwas, "was wir auch nicht schlecht finden".

Quelle: ntv.de

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