Interview mit Dietmar Bartsch "Die Linke ist wieder am Start"
29.05.2016, 13:18 Uhr
Parteitag in Magdeburg: Die Linken suchen nach einem Rezept, um Wähler zurückzugewinnen.
(Foto: imago/Christian Schroedter)
Die Linkspartei hat verstanden, dass sie mehr tun muss, um gehört zu werden. Fraktionschef Dietmar Bartsch will aber auf keinen Fall eine linke Version der AfD. Bleibt die Frage: Hatte Gregor Gysi ein bisschen Recht mit "saft- und kraftlos"?
n-tv.de: Will die Linke sich als linkes Pendant zur AfD profilieren?

Dietmar Bartsch ist - im Duo mit Sahra Wagenknecht - Fraktionschef der Linken im Bundestag.
(Foto: imago/Christian Schroedter)
Dietmar Bartsch: Wir wollen kein Pendant zur AfD sein, sondern eigenständig Politik machen. Wir setzen uns aber in besonderer Weise mit den Rechtspopulisten von der AfD auseinander. Wichtig ist, dass wir die Alternative zur Großen Koalition sind, sowohl im Bund, als auch bei den anstehenden Wahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern.
Wie will Ihre Partei sich als solche linke Alternative präsentieren?
Das geht, indem wir zum Beispiel ein Investitionsprogramm anschieben, indem wir ein soziales Programm zur Beseitigung von Kinderarmut auflegen, eine große Rentenreform durchsetzen, die Altersarmut beseitigt und den Lebensstandard im Alter sichert. Und wir brauchen dringend eine große Steuerreform, damit die Schere der Einkommen und Vermögen nicht noch weiter auseinandergeht. Konkrete Vorschläge, dicht bei den Menschen, mit unseren Erfolgen richtig umgehen – dann ist die Linke wieder auf Erfolgskurs.
Bei den Diskussionen auf dem Parteitag schien der Frust durch, dass solche Themen schwieriger zu transportieren sind im Gegensatz zu Kampagnen wie "Der Islam gehört nicht zu Deutschland". Wie will die Linke ihre Inhalte verkaufen?
Es ist so, dass linke Politik immer auch Aufklärung ist. Ich will den einfachen populistischen Weg nicht, zumal er den Menschen Sand in die Augen streut. Es wird nicht funktionieren, dieses "Grenzen zu" und dann auch noch auf Menschen schießen. Das ist eine inhumane Position. Dass die Große Koalition so reagiert, indem sie wegen solcher Forderungen solche Asylpakete vorlegt, die wir als Linke geschlossen abgelehnt haben, das ist das Versagen. Die Große Koalition trägt in erheblichem Maß die Verantwortung für die entstandene Situation.
Wie?
Ihre verfehlte Außenpolitik zeigt sich an den Flüchtlingen, die die Botschafter der Kriege und des Elends dieser Welt sind. Ihre falsche Innenpolitik war auf Kürzungen ausgelegt, die Polizei wurde ans Ende gespart, bei der Bildung wurde gespart. Hier liegen die eigentlichen Aufgaben.
Undeutlich ist bisher auch, ob die Linkspartei lieber mitregieren oder Opposition sein will. Was wäre aus Ihrer Sicht richtig?
Diese Debatte ist de facto bei uns keine Debatte. Es ist doch die Position, die wir gemeinsam haben, dass wir, wo die Bedingungen stimmen, sowohl numerisch als auch inhaltlich, und vor allem, wen wir für die Menschen etwas tun können, natürlich Regierungsverantwortung übernehmen. An der Linken ist das noch nirgendwo gescheitert. Aber unsere Aufgabe auf Bundesebene ist jetzt selbstverständlich Opposition bis Ende 2017. Das ist unser Wählerauftrag, nachdem sich die SPD entschieden hat, in die Große Koalition zu gehen. Die Frage nach Regierungsverantwortung 2017 kann man seriös doch erst nach den Wahlen in Nordrhein-Westfalen beantworten. Jetzt finde ich diese Diskussion sehr langweilig und sehe auch keine großen Widersprüche zwischen den unterschiedlichen Akzenten.
Die Kritik Ihres Vorgängers Gregor Gysi, die Linkspartei sei saft- und kraftlos, hat ja viele hier in Magdeburg geärgert, indirekt haben sie ihm dann aber doch Recht gegeben. Hat Gysi nicht doch den Finger in eine Wunde gelegt?
Ich glaube, der Satz ist ungerecht gegenüber den vielen Genossen vor Ort, den Landesverbänden und der Bundestagsfraktion. Wir hatten einen Parteitag, der diskutiert hat und Höhepunkte hatte, und der vor allem gezeigt hat: Die Linke steht wieder am Start, um erfolgreich bei Wahlen abzuschneiden.
Mit Dietmar Bartsch sprach Nora Schareika
Quelle: ntv.de