Politik

NSA zieht nach Wiesbaden Die neugierigen Nachbarn

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US-Soldaten am Stützpunkt Wiesbaden.

(Foto: US Army)

In Wiesbaden entsteht ein neues High-Tech-Gebäude für die NSA. Die US-Army gibt sich offen, doch was wirklich auf ihrem Gelände passiert, wissen selbst die Anwohner nicht.

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Die Armee gibt sich offen und sucht den Kontakt auch zu den kleinsten Wiesbadenern.

(Foto: US Army)

Es sind freundschaftliche Beziehungen, die die Stadt Wiesbaden mit den US-Streitkräften unterhält, die auf ihrem Stadtgebiet stationiert sind. Die amerikanischen Soldaten kommen zum Weinfest und zur Fastnacht, die Wiesbadener sind gern gesehen, wenn zwischen den Kasernen zum "Christmas Street Lightning" geladen wird. Regelmäßig trifft sich der Oberbürgermeister mit dem Standortkommandanten. Eine Fluglärmkommission soll dafür sorgen, dass die Belastungen erträglich bleiben.

Doch was die Amerikaner hinter den Mauern ihrer Kasernen treiben, weiß so genau niemand. "Wir haben nicht einmal das Recht, informiert zu werden", sagt eine Stadtsprecherin. Dass die NSA mit einer Abhörzentrale nach Wiesbaden ziehen soll, hat sie aus der Zeitung erfahren. Was die Amerikaner hinter ihren Mauern treiben, weiß offiziell in Deutschland niemand. Auf dem Gelände der US-Armee haben deutsche Behörden nichts zu sagen. Die USA sorgen selbst für die Sicherheit, einen Bebauungsplan brauchen sie nicht.

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Armeegebäude in Wiesbaden: Deutsche Gesetze gelten hier nicht.

(Foto: dpa)

Die Berichte, dass in Wiesbaden ein neues Abhörzentrum für die NSA entsteht, bestätigen sich nun. Vor einigen Tagen war berichtet worden, die Armee baue ein Gebäude, dessen Material eigens aus den USA importiert und dabei streng bewacht wurde. Auch die Baufirmen kommen demnach aus Amerika. Die Armee legte Wert darauf, dass es sich nicht um ein NSA-Zentrum, sondern um ein Gebäude des Nachrichtendienstes der Army, genannt Inscom, handelt. Der sitzt auch bislang schon ganz offiziell im hessischen Griesheim und betreibt dort einen Komplex, der wohl hauptsächlich unter der Erde liegt.

Land Hessen weiß von nichts

Dass auch die NSA, die das Prism-Programm betreibt, von dort aus arbeitet, ist nur eine Vermutung. Unrealistisch ist es nicht: Während des Kalten Krieges gab es in Deutschland eine ganze Reihe an NSA-Standorten, vor allem entlang der innerdeutschen Grenze. Dass sich die NSA komplett aus Deutschland zurückzieht, haben die USA nie behauptet.

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Eine US-Soldatin zeigt örtlichen Schützen ihr Arbeitsgerät.

(Foto: US Army)

Seit die US-Army vor einigen Jahren beschloss, ihr Hauptquartier nach Wiesbaden zu verlegen, gibt es dort einige Baustellen. So entstand ein Neubaugebiet für Armeefunktionäre und ein Fitnessstudio für die stationierten Soldaten. Dass auch ein neues Aufklärungsgebäude entsteht, war offiziell bekannt, heißt es in der hessischen Staatskanzlei. Von der NSA war allerdings nie die Rede.

Schlauer scheint der deutsche Geheimdienst BND zu sein. Präsident Gerhard Schindler bestätigte in einer geheimen Sitzung des Innenausschusses des Bundestags, dass die NSA ein Abhörzentrum in Wiesbaden baut. Das ist mittlerweile aus unterschiedlichen Quellen bestätigt.

Staatsschutz interessiert sich für Spaß-Protest

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Anti-Spionage-Aktivist Daniel Bangert.

(Foto: dpa)

Die Regierungsfraktionen halten sich mit Kritik zurück. Die Opposition schimpft: "Wir akzeptieren nicht, dass aus Hessen heraus halb  Europa abgehört wird", sagt der Grünen-Politiker Omid Nouripour. Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke sagt, mit dem Akzeptieren eines NSA-Überwachungszentrums mache sich die Bundesregierung zur "Mittäterin einer der größten Ausspähskandale in der Geschichte der Bundesrepublik". Dass die Regierung das Zentrum noch verhindert, ist allerdings unwahrscheinlich. Seit Jahre gibt es Proteste gegen Atomwaffen auf US-Basen in Deutschland. Verlegt wurden sie dennoch nicht.

Wie empfindlich die Amerikaner in Bezug auf ihre Nachrichtendienste sind, erfuhr zuletzt Daniel Bangert aus Griesheim. Nur zum Spaß lud er zu einem "Spaziergang" zu dem Gebäude ein, in dem die NSA bisher vermutet wird. Auf Facebook nannte er die Veranstaltung "NSA-Spion-Schutzbund e.V. lädt zum Entdecken und Beobachten ein". Fünf Tage später informiert die US-Militärpolizei die deutschen Behörden und bei Bangert klopft die Polizei an die Tür. Später meldete sich sogar der Staatsschutz. Ob er Verbindungen zur linksextremen Szene habe, fragte man ihn, Bangert verneinte. Die lokalen Medien berichteten und sorgten dafür, dass 70 Menschen kamen und spaßhafte "Gegenspionage" betrieben. Am kommenden Samstag soll es eine neue Demonstration geben. Die entsprechende Facebook-Veranstaltung hat schon über 350 Zusagen.

Quelle: ntv.de

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