Politik

Bauland, Umlage, Steuer Diese Mittel helfen gegen steigende Mieten

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Die Baubranche kommt mit dem Neubau von Wohnungen nicht schnell genug hinterher, um die steigenden Mieten zu bremsen.

(Foto: imago/Rust)

Vor dem Wohngipfel im Kanzleramt ist die Stimmung gedämpft. Die Bürger klagen über steigende Mieten in Ballungsräumen, die Baubranche kann den Bedarf an Neubauten nicht decken. Dabei könnte die Politik weitaus mehr tun als bisher.

Die Münchener Wohnungsbau- und Bodenpolitik gilt vielen Bundesländern, Städten und Gemeinden als vorbildhaft. Aber kann man sich eine Stadt zum Vorbild nehmen, die mit Abstand die höchsten Bodenpreise, Miet- und Kaufpreise für Wohnungen hat? Gemessen an den Ergebnissen ist der Münchener Wohnungsmarkt einer der unsozialsten der Republik. Offenbar ist die Wohnungspolitik gegenwärtig sehr wenig an den Wirkungen der Instrumente und dafür sehr viel stärker an wohlklingenden Namen für die Instrumente interessiert: Sozialgerechte Bodenordnung (SoBoN) der Stadt München klingt sozial und auch schon fast französisch. Das muss gut sein.

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Ludger Baba.

Über viele der regulatorischen Maßnahmen auf dem Wohnungsmarkt liegen keine Auswertungen der Wirkungen und unbeabsichtigten Nebenwirkungen vor. Eine umfassende Analyse zur Wirkungen der Mietpreisbremse: Fehlanzeige. Eine umfassende Analyse zur Wirkungen der sozialen Erhaltungsverordnung: Fehlanzeige. Und wenn doch mal Einschätzungen zur den Wirkungen wohnungspolitischer Instrumente wie jüngst durch den wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) zum sozialen Wohnungsbau vorliegen und die Ergebnisse nicht den Erwartungen der Politiker entsprechen, gibt es reflexhafte Abwehrmechanismen von "abenteuerlich" bis "unverantwortlich". Dabei ist die soziale Wohnraumförderung alles andere als zielgenau. Fast die Hälfte aller Sozialwohnungen werden von sogenannten Fehlbelegern bewohnt. Sie wären bei Neuvermietungen heute gar nicht berechtigt, eine entsprechende Wohnung zu beziehen.

Andere Einschätzungen von Experten zu geringen Wirkungen und vor allem unbeabsichtigten Nebenwirkungen wohnungspolitischer Instrumente werden von der Politik ignoriert. So sind die Mitnahmeeffekte beim Baukindergeld vermutlich hoch. Bleibt das Angebot von Bauland gleich, könnte es einfach in steigenden Preisen verpuffen. Auch an der Mietpreisbremse sind Zweifel an ihrer Wirksamkeit berechtigt. Solange Wohnraum knapp bleibt, werden die Interessenten bei Wohnungsbesichtigungen weiter Schlange stehen. Der Vermieter wählt normalerweise den bonitätsstärksten Mieter aus. Haushalte mit geringem Einkommen gehen auch bei wirksamer Bremse leer aus - die Wohlhabenderen profitieren stattdessen von einer günstigeren Miete. Auch die Wiedereinführung der Gemeinnützigkeit wird gebetsmühlenartig gefordert, obwohl sie nachweislich nicht die erhofften Wirkungen entfalten wird.

Bedürftige müssen mehr Geld bekommen

Was ist also zu tun? Die sozialste aller Wohnungspolitiken ist diejenige, die es Hauhalten mit den geringsten Einkommen erlaubt, in angemessenen Wohnungen zu leben. Das erfordert zunächst eine sozialere Festsetzung der angemessenen Kosten der Unterkunft für Grundsicherungsempfänger. Vielfach sind die Mietobergrenzen aber zu niedrig angesetzt. Grundsicherungsempfänger sind dann gezwungen, die Mehrkosten aus dem ohnehin schon sehr niedrigem Regelsatz zu begleichen. Warum diese schreiende Ungerechtigkeit nicht viel stärker von den Sozialverbänden angeprangert wird, bleibt deren Geheimnis.

Für Haushalte mit Zugangsschwierigkeiten, insbesondere wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Haushalte oder Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen muss jede Kommune eine entsprechende Anzahl von Wohnungen vorhalten. Je nach Marktsituation bedarf es dafür Belegungsrechten in Form von Besetzungs-, mindestens aber von Benennungsrechten. Dies muss aber nicht zwangsläufig über den Bau neuer Sozialwohnungen entstehen, sondern kann auch durch Kauf von Belegungsrechten im Wohnungsbestand erfolgen.

Energetische Sanierungen treiben die Mieten

Eine weitere sinnvolle regulatorische Maßnahme ist in Anbetracht des gegenwärtigen Zinsniveaus die Absenkung der Modernisierungsumlage auf einen Satz von vier Prozent. Positiver Nebeneffekt: Die energetische sanierungs- und modernisierungsbedingte Verdrängung wird gebremst. Vermutlich viel effektiver, als es die soziale Erhaltungssatzung tut. Die Politik ist gefordert, ehrliche Antworten auf das Dilemma der preistreibenden energetischen Sanierung zu geben. Denn oft folgt auf eine solche Renovierung eine saftige Mieterhöhung.

Die aufgeführten Maßnahmen zielen überwiegend auf die Verwaltung, nicht aber auf die Beseitigung des Mangels an Wohnungen. Solange dies nicht geschieht, steigen die Preise weiter. Zentrale Voraussetzung ist die Verfügbarkeit von hinreichendem Bauland. Der Instrumentenkasten für die Aktivierung von Bauland ist lang. Was fehlt ist die Erkenntnis, der politische Wille und die Einführung einer Bodenwertsteuer. Die wäre ein Anreiz zum Bauen, da leere Grundstücke genauso hoch besteuert würden wie bebaute. Verantwortlich ist hierfür nicht der Markt. Einzig die öffentliche Hand kann Baurecht schaffen. Die Aussage "Der Markt richtet es eben nicht" ist mit Blick auf den zentralen Flaschenhals inhaltsleer und lenkt nur von eigenem Fehlverhalten ab.

Denn die Politik auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene war es, die ungefähr zur Hälfte der Baukostensteigerungen in der Vergangenheit durch erhöhte Auflagen, neue Vorgaben und Anforderungen sowie durch eine unzureichende Baulandausweisung beigetragen hat. Die Kosten des Neubaus sind aber nur eine Seite der Medaille. Die Preise sind nicht Ergebnis von Kosten, sondern von Knappheiten. Aber: Je höher die Boden- und Herstellungskosten im Neubau, desto stärker steigen auch die Preise im Bestand, weil Nachfrager auf dieses Segment ausweichen. Geringe Boden- und Produktionskosten sind eine notwendige Bedingung für niedrige Preise im Bestand. Eine soziale Wohnungspolitik sollte daher ausreichend Baurechte schaffen und die Kosten im Neubau gering halten.

Ludger Baba ist Mitglied des Vorstands des unabhängigen wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Forschungs- und Beratungsinstituts empirica.

Quelle: ntv.de

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