Investoren suchen Rendite Dobrindt will auch ÖPP-Bundesstraßen
26.05.2015, 17:54 Uhr
Nicht nur Autobahnen - auch Bundesstraßen soll künftig privat gebaut werden.
(Foto: picture alliance / dpa)
Nach Autobahnen sollen künftig auch Bundesstraßen in Öffentlich-Privaten-Partnerschaften gebaut werden. Kritik an dem Vorhaben wischt Verkehrsminister Dobrindt vom Tisch. Seine Begründung klingt dann allerdings sehr ernüchternd.
Private Investoren können gemeinsam mit dem Staat erstmals auch Bundesstraßen bauen und betreiben. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt stellte eine Liste mit zehn Straßenbauprojekten vor, die als Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) realisiert werden sollen. Die Höhe der Rendite für Finanzinvestoren oder Baukonzerne wollte er nicht keine Aunicht beziffern. Die Vergütung für die Betreiber neuer ÖPP-Projekte werde auch davon abhängen, wie oft Spuren durch Baustellen gesperrt sind. "Wir werden uns für den Bieter mit der besten Qualität und dem günstigsten Preis entscheiden."
Bei den Vorhaben geht es um den Neubau von rund 600 Kilometer Autobahn mit Investitionen von rund sieben Milliarden Euro. Mit auf der Liste ist etwa in Thüringen der zwei- bis vierspurige Neubau der B 247 von Bad Langensalza zur A 38 - bisher gab es ÖPP nur bei Autobahnen. Als erstes Projekt soll 2017 der Ausbau der A10/A24 in Brandenburg angegangen werden. Hier beginne in den nächsten Tagen das Vergabeverfahren, sagte Dobrindt.
Die Bundesregierung will den Straßenbau für Banken und Versicherer attraktiver machen. Wegen der historisch niedrigen Zinsen sucht die Finanzbranche händeringend nach alternativen Anlagemöglichkeiten. Kritik des Bundesrechnungshofes, der einzelne untersuchte ÖPP-Projekte wegen zu hoher Kosten als schlechtes Geschäft für die Steuerzahler bewertet hatte, wies Dobrindt erneut zurück. "Ich teile die Einschätzung nicht." Alle ÖPP-Projekte seien schneller als geplant gebaut worden und volkswirtschaftlich sinnvoll. Ohne ÖPP werde nämlich gar nicht gebaut, sagte der Ressortchef: "Die Alternative heißt Stau auf unseren Straßen."
Kritik von Gewerkschaften und Linke
Das sehen nicht alle so. Gewerkschaften und Linke argumentieren, der Bund könne sich derzeit fast zum Nulltarif Geld leihen. Warum also baut die öffentliche Hand nicht selbst und will Investoren einen Aufschlag bezahlen? "Es gehört nicht zu den Kernaufgaben des Staates, die Geschäftsmodelle von Banken und Versicherungen abzusichern", kritisierte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell.
Nach Ansicht von Klaus Ernst, Vize-Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag, setzt sich Dobrindt "kaltschnäuzig" über die Vorbehalte des Bundesrechnungshofes hinweg. Am Ende würden die Autofahrer die Zeche zahlen: "Wenn private Investoren öffentliche Straßen finanzieren, wird die Verkehrsinfrastruktur nach Renditeinteressen ausgerichtet, die der Nutzer finanzieren muss."
Erwartungsgemäß weist die Bauindustrie das zurück und preist ÖPP als Modell der Straßenbau-Zukunft. Private Anleger übernähmen bei ÖPP-Projekten viele Risiken - dadurch sei eine höhere Rendite als bei sicheren Bundesanleihen auch gerechtfertigt.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa