Vermisster Soldat wohl tot Druck auf Israel und Hamas wächst
22.07.2014, 10:35 Uhr
Eine palästinensische Großfamilie beobachtet aus ihrem beschädigten Haus die Suche nach Opfern in Gaza-Stadt.
(Foto: AP)
USA, Uno, Arabische Liga, palästinensische Fatah: Alle wollen auf den Gaza-Konflikt einwirken und wenigstens eine Feuerpause erreichen. Doch das lehnt die Hamas ab. Israel setzt seine Militäraktion mit voller Härte fort - doch der Rückhalt dafür bröckelt.
Genau zwei Wochen nach Beginn der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen ist die Zahl der palästinensischen Toten auf 583 gestiegen. 3640 Menschen hätten bei Angriffen Verletzungen erlitten, teilte der Leiter der Rettungskräfte im Gazastreifen, Aschraf al-Kidra, mit. Am Montag trafen israelische Raketen ein Krankenhaus. Auf der israelischen Seite kamen bislang 27 Soldaten und zwei Zivilisten ums Leben. Mehr als hundert Menschen wurden Medienberichten zufolge verletzt.
Bei neuen Luftangriffen der Israelis kamen sieben Palästinenser ums Leben, darunter eine fünfköpfige Familie in Deir al-Balach im mittleren Abschnitt des Gazastreifens, erklärte al-Kidra. Die beiden weiteren Todesopfer habe es am Morgen bei Luftangriffen im Flüchtlingslager Nusseirat und in der Stadt Chan Junis gegeben.
Nach dem bisher für die Palästinenser verlustreichsten Tag, dem Sonntag, wurden am Montag bei israelischen Luftangriffen wieder Dutzende Menschen getötet. Unter ihnen waren mindestens 16 Kinder. Bis zu 200.000 sind nach palästinensischen Angaben in dem abgeriegelten Küstenstreifen auf der Flucht, 80.000 sind in Einrichtungen der Uno untergekommen.
Israelischer Soldat weiter vermisst
Das Schicksal eines an der israelischen Bodenoffensive beteiligten Soldaten ist immer noch unbekannt. Die israelische Armee teilte mit, bei einem Angriff auf ein gepanzertes Fahrzeug in Gaza seien am Sonntag mindestens sechs Soldaten getötet worden. "Die Bemühungen um die Identifikation des siebten Soldaten (in dem Fahrzeug) gehen weiter", hieß es in der Mitteilung. Die Familien der sieben Insassen seien über den Ablauf der Attacke informiert worden.
Es sei ausgeschlossen, dass der siebte Soldat noch lebe, da das Fahrzeug völlig ausgebrannt sei. Die radikalislamische Hamas hatte am Sonntag behauptet, sie habe einen israelischen Soldaten im Gazastreifen entführt. Zugleich gab sie den Namen und die siebenstellige Dienstnummer des angeblichen Gefangenen bekannt. Es soll sich demnach um Schaul Aron handeln. In arabischen Medien wurde auch ein Foto des Mannes veröffentlicht. Der israelische UN-Botschafter Ron Prosor dementierte diesen Entführungsbericht.
Feuerpause extrem schwer zu vermitteln
Die israelische Bodenoffensive gegen militante Palästinenser im Gazastreifen entwickelt sich zu einem verlustreichen Häuserkampf. Eine unmittelbare Lösung des Konflikts ist aber nicht in Sicht. Die "New York Times" zitiert US-Beamte mit der Aussage, dass die Situation zur Zeit weitaus schwieriger als beim Gazakonflikt im Jahr 2012 sei, als die damalige Außenminister Hillary Clinton ein Ende der Feindseligkeiten auf dem Verhandlungsweg erreichte. "Bemühungen um eine Waffenruhe werden dieses Mal in mancher Hinsicht schwieriger sein, als 2012", sagte ein Ansprechpartner aus dem State Department der Zeitung. Die Region sei heute stärker zerrissen.
Aus dem Ausland gibt es starken Druck auf die Hamas, dem ägyptischen Vorschlag einer Feuerpause zuzustimmen, um Waffenstillstandsverhandlungen zu ermöglichen. Bislang hat die radikalislamische Palästinenserbewegung aber darauf bestanden, den Raketenbeschuss fortzusetzen, solange vorab keine Aufhebung der langjährigen Blockade des Gazastreifens zugesagt wird. US-Regierung, Arabische Liga, Ägyptens Führung und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon loten in Kairo Möglichkeiten für eine Feuerpause aus.
Obama hat "ernsthafte Bedenken"
Die USA betonen in offiziellen Statements zwar weiterhin, dass sie ein Selbstverteidigungsrecht Israels nicht infrage stellten. US-Präsident Barack Obama hat allerdings "ernsthafte Bedenken" wegen der ständig steigenden Zahl ziviler Opfer in Gaza geäußert. Die internationale Gemeinschaft müsse die Gewalt in Gaza stoppen, sagte er. Sein Sprecher Josh Earnest erinnerte Israel an "die eigenen Ansprüche" beim Schutz von Zivilisten. "Das wird keine leichte Arbeit werden."
UN-Generalsekretär Ban forderte nach seiner Ankunft in Kairo eine sofortige Waffenruhe. Israel und die militanten Palästinenser könnten im Anschluss an eine Feuerpause in einen Dialog über ihre Differenzen treten, sagte er. Mit Blick auf über 500 Tote seit dem 8. Juli fügte er hinzu: "Gaza ist eine offene Wunde, ein Heftpflaster hilft da nicht."
In der katarischen Hauptstadt Doha trafen sich Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und der Führer der Hamas- Exilorganisation, Chaled Maschaal. Auch sie erörterten Möglichkeiten für einen Waffenstillstand. Palästinensische Führungskräfte sprachen von gewissen Fortschritten, wiesen aber darauf hin, dass eine Einigung zwischen Israel und der Hamas weiterhin nicht in Reichweite sei.
Quelle: ntv.de, nsc/dpa/AFP