Atompolitik und Afghanistan-Einsatz EKD kritisiert Regierungskurs
07.11.2010, 14:49 UhrDie Evangelische Kirche in Deutschland kritisiert das längere Festhalten der Bundesregierung an der Atomkraft. "Wir brauchen eine Energiepolitik, die nicht wieder auf Atomkraft setzt", sagte EKD-Chef Schneider. Zudem will er eine öffentliche Debatte über die Afghanistan-Einsatz und die Rolle der Bundeswehr.
Der amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hat den Afghanistan-Einsatz kritisiert und eine öffentliche Debatte über die künftige Rolle der Bundeswehr verlangt. Da klare Zielsetzungen, ein umfassendes Konzept und eine Ausstiegsstrategie fehlten, stehe die ethische Legitimation des Afghanistan-Einsatzes infrage, sagte Schneider zum Start der Tagung der EKD-Synode.
Parallel zum Castor-Transport mit Atommüll ins Wendland kritisierte Schneider das längere Festhalten der Bundesregierung an der Atomenergie. "Wir brauchen eine Energiepolitik, die nicht wieder auf Atomkraft setzt", sagte der rheinische Präses. "Die Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken sehe ich deshalb kritisch." Dem Ausbau und der Nutzung regenerativer Energien gehöre die Zukunft. "Für mich übersteigt die Dauer der Strahlung der einzulagernden Brennelemente das dem Menschen gegebene Maß an Verantwortungsmöglichkeit", sagte Schneider.
Arme werden benachteiligt
Auf Kritik des EKD-Chefs stieß ebenfalls die Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze durch die Bundesregierung. Statt der unteren 20 Prozent der Einkommen habe die Regierung nun die unteren 15 Prozent zum Maßstab genommen. "Ich sehe mit großer Sorge, dass der Staat dadurch sein ausgleichendes Handeln den Armen gegenüber vermindert."
In der Integrationsdebatte kritisierte Schneider pauschale Verurteilungen von muslimischen Zuwanderern. "Die Einwanderungsgesellschaft ist Alltag und Normalität in Deutschland." Sie zu gestalten brauche keine Scharfmacher, sondern verdiene eine klare Analyse, Geduld und Pragmatismus.
Erneut über PID reden
In der strittigen Frage von Embryonentests plädierte Schneider für eine Neuaufnahme der ethischen Diskussion über die Zulässigkeit der Präimplantationsdiagnostik (PID). Obwohl die EKD sich 1992 und 2003 gegen die PID ausgesprochen habe, habe die Kirche auch gesagt, dass der Mensch neue medizinische Verfahren und die Gentechnik in verantwortbarer Weise nutzen könne. Allerdings dürfe Behinderten nicht das Lebensrecht abgesprochen werden. Die PID wird genutzt, um im Reagenzglas erzeugte Embryonen außerhalb des Mutterleibs auf Erbkrankheiten zu untersuchen und auszuwählen.
Im Mittelpunkt der Tagung des Kirchenparlaments steht die Wahl von Präses Schneider (63) zum Ratsvorsitzenden. Schneider soll auf die im Februar wegen einer Alkoholfahrt zurückgetretene Ex-Bischöfin Margot Käßmann folgen. Er hatte sie bereits kommissarisch vertreten. Inhaltlicher Schwerpunkt der Tagung ist das Thema Bildung unter dem Motto "Niemand darf verloren gehen!".
Quelle: ntv.de, dpa