Unkrautvernichter bleibt Zankapfel EU verschiebt Glyphosat-Entscheidung
19.05.2016, 12:49 Uhr
In Hamburg protestierten Naturschützer vor dem Congress Centrum (CCH) gegen den Einsatz des Pflanzenschutzmittels Glyphosat.
(Foto: picture alliance / dpa)
Im Streit um die Neuzulassung des Unkrautvernichters Glyphosat können sich die EU-Staaten nicht auf eine einheitliche Linie einigen - doch die Zeit drängt, denn in wenigen Wochen läuft die bestehende Genehmigung aus.
Die Abstimmung der EU über eine weitere Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat ist verschoben worden. Die Bundesregierung hatte zuvor hart über das Herbizid gestritten. Die SPD begrüßte, dass erst einmal nicht in Brüssel abgestimmt werden soll. Die Grünen sprachen von einem "Riesenerfolg" für Gesundheit und Umwelt.
"Es ist gut, dass die Entscheidung über eine weitere Zulassung von Glyphosat vorerst verschoben wurde", sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht. Solange nicht eindeutig geklärt sei, ob Glyphosat gesundheitsschädlich sei oder nicht, dürfe das Unkrautvernichtungsmittel nicht wieder zugelassen werden. Für die SPD gelte das Vorsorgeprinzip, wonach nur zugelassen werden dürfe, was zweifelsfrei nicht gesundheitsschädlich sei.
Bei der Abstimmung sollte es um die Frage gehen, ob die Genehmigung für den Wirkstoff Glyphosat über den 30. Juni 2016 hinaus verlängert werden soll. Einer EU-Sprecherin zufolge zeigt die Verschiebung, dass es dafür immer noch keine Mehrheit gebe.
Merkel dafür, SPD dagegen
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt war bereits am Morgen davon ausgegangen, dass der EU-Ausschuss an diesem Donnerstag noch nicht über eine Verlängerung der Genehmigung für den Unkrautvernichter entscheiden wird. Eine Einigung sei schwierig, hatte der CSU-Politiker im Deutschlandfunk erklärt. Bei einer Abstimmung müsste sich die Bundesregierung enthalten, weil Union und SPD uneins seien.
Während die von der Union geführten Ministerien Glyphosat grundsätzlich für unbedenklich halten und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Angaben ihres Sprechers Steffen Seibert die befürwortende Haltung Schmidts teilt, wollen die SPD-Ministerien das Mittel verbieten. Es steht in dem Verdacht, krebserregend zu sein - Wissenschaftler waren aber zu widersprüchlichen Ergebnissen in dieser Frage gekommen.
Zuletzt hatte die Einschätzung von UN-Experten für Überraschung gesorgt, wonach das Mittel entgegen früherer Studien doch nicht krebserregend sein soll. Tiertests mit für Menschen relevanten Dosen des Unkrautvernichters hätten gezeigt, dass Glyphosat bei der Nahrungsaufnahme nicht zu genetischen Zellveränderungen führe, hieß es in einem Entwurf eines UN-Berichts. Doch an dessen Glaubwürdigkeit gibt es ernsthafte Zweifel.
UN-Experte im Interessenkonflikt?
Wie der "Guardian" berichtet, soll ein Institut, dem der Vorsitzende der zuständigen UN-Kommission Alan Boobis ebenfalls vorsteht, vor wenigen Jahren Spenden in Höhe von 500.000 Dollar der Firma Monsanto erhalten haben. Monsanto stellt neben gentechnisch veränderten Produkten auch den weltweit meistgenutzten Unkrautvernichter "Roundup" her, der Glyphosat enthält. Kritiker sehen darin einen klaren Interessenkonflikt.
In der Landwirtschaft und im Gartenbau wird Glyphosat vor der Aussaat zur Unkrautbekämpfung verwendet. In Deutschland kommt es auf rund 40 Prozent der Felder zum Einsatz. Die EU-Kommission schlägt eine Neuzulassung der Substanz in Europa für neun Jahre vor - im März hatte sie noch eine Frist von 15 Jahren angeregt. Die europäische Zulassung für Glyphosat läuft Ende Juni aus.
Quelle: ntv.de, jug/dpa