Roma-Streit mit Frankreich EU verzichtet auf Verfahren
19.10.2010, 16:11 UhrNazi-Vergleich, offener Konfrontation auf dem EU-Gipfel - die Abschiebungen von Roma aus Frankreich verursachte einen riesigen Wirbel. Nun ist der Streit ausgestanden. Die EU wird kein Verfahren gegen Frankreich einleiten. Präsident Sarkozy zeigt sich erleichtert.
Im Streit um die französische Roma-Politik verzichtet die EU-Kommission auf ein Strafverfahren gegen Frankreich. Das Land habe alles getan, worum es von der gebeten worden sei, erklärte EU-Justizkommissarin Viviane Reding. Zuvor hatte Frankreich Nachbesserungen in seinem nationalen Recht zugesichert. Nach dem ungewöhnlich scharfen Streit zwischen Brüssel und Paris wollte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso das heikle Kapitel noch vor dem EU-Gipfel nächste Woche abschließen.
Justizkommissarin Reding hatte der Regierung in Paris vorgeworfen, durch die Gruppenabschiebungen von Roma in deren EU-Heimatländer Rumänien und Bulgarien das EU-Recht auf Niederlassungsfreiheit zu verletzen. Die Kommission hatte Paris deshalb mit einem Strafverfahren gedroht. Trotz des Verzichts bleibt das Land bleibt wegen seiner Roma-Politik und einer möglichen Diskriminierung aber unter Beobachtung.
Empörung und Eklat

Nach den Abschiebungen kam es vor der französischen Botschaft in Sofia zu Protesten.
(Foto: REUTERS)
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy zeigte sich "sehr glücklich" über die Entscheidung Redings. Am Rande eines Spitzentreffens im französischen Deauville zeigte er sich zufrieden darüber, dass "die Vernunft siegt". Zwischen ihm und Reding beziehungsweise Barroso war es wegen der Roma-Politik zu einem ungewöhnlich heftigen Schlagabtausch gekommen. Reding hatte das französische Vorgehen scharf kritisiert und dieses sogar mit den Deportationen der Nazis verglichen. Später nahm sie diese Äußerungen zurück. Paris war dennoch so empört, dass es beim EU-Gipfel Mitte September zu einem Eklat auch zwischen Barroso und Sarkozy kam.
Die französische Regierung hatte ihre Gangart gegen illegale Einwanderung und Kriminalität im Juli verschärft, nachdem Sarkozy dies in einer Rede angekündigt hatte. Daraufhin wurden die Räumungen von Roma-Lagern sowie die Abschiebungen noch einmal beschleunigt. Seit Jahresbeginn wurden mehr als 8000 Roma zurück in ihre Heimatländer Rumänien und Bulgarien geschickt. Der konservativen Regierung in Paris wurde daraufhin vorgeworfen, sich über die EU-Regeln zur Niederlassungsfreiheit hinwegzusetzen. Die EU-Regeln schreiben eine strenge Einzelfallprüfung und einen umfassenden Rechtsschutz vor.
Kritik von den UN
Die EU-Kommission hatte Frankreich ein Ultimatum bis vergangenen Freitag gesetzt, um Änderungen bei der Roma-Politik glaubhaft zu machen. Frankreich sicherte daraufhin Nachbesserungen in seinem nationalen Recht zu, um das angedrohte Strafverfahren abzuwenden. Neben der Kommission hatten unter anderen auch das EU-Parlament und die Vereinten Nationen die Ausweisung von Roma aus Frankreich deutlich kritisiert.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa