Mitgliedsbeiträge neu berechnet EU will Briten kräftig nachzahlen lassen
24.10.2014, 13:55 Uhr
Sitzen im gleichen Boot: Cameron und Rutte.
(Foto: dpa)
Es droht riesiger Ärger im Europäischen Haus. Brüssel hat die EU-Beiträge der Mitglieder neu berechnet und zahlt großzügig Beiträge zurück. In Deutschland und Frankreich klingelt die Kasse, doch dafür muss Großbritannien kräftig nachzahlen. Der Streit ist programmiert.
Jeder freut sich, wenn er unerwartet Geld überwiesen bekommt - so geht es Privatleuten und bei Staaten ist es genauso. Nun haben Deutschland und ein paar weitere europäische Staaten genau dieses Glück: Die EU will Hunderte Millionen Euro zurückzahlen. Deutschland soll 779 Millionen Euro bekommen, Frankreich sogar eine Milliarde und Polen 316 Millionen Euro. Das berichten die britischen Zeitungen "Guardian" und "Financial Times".
Der Grund für den Geldsegen? Die Länder haben in den vergangenen Jahren zu viel Geld an Brüssel gezahlt. Die Beiträge basieren auf Vorhersagen der wirtschaftlichen Entwicklung der einzelnen Länder. Und mancherorts blieb die tatsächliche Entwicklung seit 1995 hinter den Prognosen zurück. Das fiel den Brüsseler Bürokraten auf und daher gibt es nun ganz korrekt Geld zurück.
Doch ob sich Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble wirklich darüber freuen, ist fraglich: Der Geldregen hat gehöriges Streitpotenzial. Denn umgekehrt haben auch einige Länder zu wenig bezahlt und werden nun von der EU zur Kasse gebeten. Dabei trifft es ausgerechnet ein Land, das sich schon seit längerem so gar nicht mehr wohlfühlt im Europäischen Haus: Großbritannien. Und wie auch Privatleute höchst ungehalten sind, wenn sie Steuern nachzahlen müssen, sind auch Staaten alles andere als erfreut, wenn sie mehr Geld an Brüssel zu zahlen haben.
Auch Niederlande betroffen
Das Vereinigte Königreich soll bis Ende November satte 2,1 Milliarden Euro nachzahlen. Die britische Regierung ist entsetzt. Der Zahlungsbescheid ist Wasser auf die Mühlen der britischen EU-Gegner, von denen viele Mitglied in der Conservative Party von Premier David Cameron sind. Die muss er ständig in Schach halten – dazu gehört auch das Referendum über den Verbleib seines Landes in der EU, das er für den Fall seiner Wiederwahl 2017 angekündigt hat. Zuletzt wetterte er gegen die EU und kündigte an, Befugnisse aus Brüssel zurückzuholen.
Laut "Financial Times" hat Cameron in den Niederlanden einen Bündnispartner gefunden. Gemeinsam mit Premierminister Mark Rutte will er nun beratschlagen, wie man um die Zahlung herumkommt. Die Niederlande sollen über 600 Millionen Euro nachzahlen. Der Zeitung sagte eine anonyme Quelle aus der britischen Regierung, man wolle gemeinsam mit anderen betroffenen Ländern alles tun, um den Zahlungsbescheid zu bekämpfen. Damit ist Krach in Europa programmiert, der auch in Frankreich und Deutschland die Freude über den Geldsegen trüben dürfte.
Die EU versteht die ganze Aufregung nicht. Die Brüsseler Bürokraten finden nichts Ungewöhnliches an der Nachzahlung. Wenn man in Großbritannien mehr verdiene, müsse man ja auch höhere Steuern zahlen, zitiert die "Financial Times" die EU-Kommission. Die Erklärung dürfte vielen Briten nicht genügen.
Quelle: ntv.de, vpe