Politik

Parallelen zur AfD? "Ein Trump ist in Deutschland nicht denkbar"

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(Foto: dpa)

Fremdenfeindlichkeit habe im Wahlkampf von Donald Trump viele Wähler mobilisiert, sagt der Rechtspopulismus-Experte Hajo Funke. Das funktioniert auch für die AfD. Allerdings nicht im selben Ausmaß wie in den USA.

n-tv.de: Wie ähnlich sind sich Donald Trump und die AfD?

Hajo Funke: Die inhaltliche Ausrichtung ist durchaus ähnlich. Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry hat sich schon im Sommer an die Seite von Donald Trump gestellt und ihm einen großen Erfolg gewünscht.

Der Politologe Hajo Funke ist Experte für Rechtsextremismus und Populismus. Kürzlich erschien sein Buch "Von Wutbürgern und Brandstiftern. AfD – Pegida – Gewaltnetze."

Der Politologe Hajo Funke ist Experte für Rechtsextremismus und Populismus. Kürzlich erschien sein Buch "Von Wutbürgern und Brandstiftern. AfD – Pegida – Gewaltnetze."

(Foto: picture alliance / dpa)

Welche Rolle haben Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bei Trumps Wahlsieg gespielt?

Die Trump-Bewegung hat eine Art Koalition der Wähler mobilisieren können – ich spreche bewusst von einer "Bewegung", weil sie nicht identisch ist mit der Republikanischen Partei. Der Teil der Wahlbevölkerung, der am stärksten von dieser Bewegung mobilisiert werden konnte, ist in der Tat rassistisch. Diese Leute wurden von Trumps Kampagne und seinem radikalen Kampagnenmacher Steve Bannon unmittelbar angesprochen.

Das hat vor allen in Bundesstaaten funktioniert, die unter der Deindustrialisierung und anderen Folgen der Globalisierungsprozesse leiden. Dort konnte Trump die von ihm direkt oder indirekt rassistisch angesprochenen Weißen besonders gut motivieren, indem er Sündenböcke für deren Probleme präsentierte: Hispanics, Muslime und Schwarze. In diesem Sinne ist die Trump-Bewegung durchaus vergleichbar mit der Islamfeindlichkeit des radikalen Flügels der AfD, der die Partei mittlerweile absolut dominiert.

Sind die Anhänger der AfD rassistischer oder fremdenfeindlicher als der Durchschnitt der Bevölkerung?

Das zeigen die jüngsten Erkenntnisse der Mitte-Studie von Andreas Zick und anderen. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung sind die Anhänger der AfD eher rechtsorientiert, eher islamfeindlich, eher rassistisch und eher flüchtlingsfeindlich. Die Mitte-Studie zeigt zudem sehr klar, wie die Radikalisierung der AfD-Sympathisanten in den letzten zwei Jahren verlaufen ist. Zwei wichtige Anstöße waren die Entfesselung des Ressentiments durch Pegida und die Radikalisierung der AfD seit dem Essener Parteitag im Jahr 2015 durch den völkischen Flügel um Björn Höcke, André Poggenburg und Alexander Gauland.

Wenn die Trump-Bewegung und die AfD so ähnliche Inhalte und Methoden haben, warum sind sie dann so unterschiedlich erfolgreich?

Die Direktwahl in den USA hat es erlaubt, dass die Republikanische Partei in ihrer bisherigen Form von der Trump-Bewegung faktisch außer Kraft gesetzt wurde. Das ist in Deutschland nicht vorstellbar, vor allem, weil es hier diese Form der Direktwahl nicht gibt. Aber nicht nur die politischen Systeme, auch die politisch-kulturellen Bedingungen in den einzelnen Ländern sind außerordentlich unterschiedlich. In Österreich kommt Norbert Hofer, der Kandidat der FPÖ für die Bundespräsidentenwahl, auf rund 50 Prozent. Das wäre in Deutschland auch dann nicht denkbar, wenn es eine Direktwahl gäbe. Und schließlich hängt der Erfolg einer rechtspopulistischen Partei davon ab, wie die anderen Parteien reagieren. Es wäre völlig falsch und geradezu rechtspopulistisch, von einer "Welle" zu sprechen, die uns jetzt überkommt, ohne dass wir etwas dagegen tun können.

Wie können die anderen Parteien denn reagieren?

Erstens durch eine Politik, die sozial sensibel ist; Rechtspopulisten sprechen Wähler in ihren Enttäuschungen und Frustrationen an. Und zweitens mit einem glaubwürdigen Personal. Politik muss zuhören und Antworten bieten. Nötig wären also eine Wende im Sozialen und eine "Redemokratisierung" des politischen Personals.

Man kann das an einem Beispiel veranschaulichen. Wenn die demokratischen Parteien in Mecklenburg-Vorpommern die Kinderabteilung des Krankenhauses in Wolgast schließen lassen, dann haben sie nicht kapiert, was die Bedürfnisse von Menschen sind. Wenn Menschen sich überflüssig fühlen, aus sozialen Gründen oder aus Gründen der politischen Ansprache, dann muss man sich nicht wundern, wenn rechtspopulistische Parteien erfolgreich sind.

Mit Hajo Funke sprach Hubertus Volmer

Quelle: ntv.de

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