Hat er 233 Millionen veruntreut? Einstiger Selenskyj-Förderer Kolomojskyj angeklagt
07.09.2023, 21:37 Uhr Artikel anhören
Selenskyj zeigt sich bemüht, konsequenter gegen Korruption und Bestechung im Land vorzugehen - das trifft auch einige Weggefährten.
(Foto: picture alliance / NurPhoto)
Kolomojskyj hat seit Jahren einen zweifelhaften Ruf. Auch Präsident Selenskyj hält Abstand zu ihm, obwohl das Medienimperium des ukrainischen Oligarchen früher seine Karriere stützte. Nun sitzt Kolomojskyj auf der Anklagebank, weil er Hunderte Millionen Euro unterschlagen haben soll.
Nach seiner Festnahme vor wenigen Tagen ist der ukrainische Oligarch Ihor Kolomojskyj wegen Betrugsverdachts angeklagt worden. Die Ermittler hätten den früheren Unterstützer von Präsident Wolodymyr Selenskyj darüber informiert, dass er verdächtigt werde, Gelder einer Bank in Höhe von mehr als 9,2 Milliarden Hrywnja (233 Millionen Euro) veruntreut zu haben, erklärte die Staatsanwaltschaft.
Ohne Kolomojskyj namentlich zu nennen, verwies die Staatsanwaltschaft in ihrem Schreiben auf den "ehemaligen Leiter der Region Dnipro" und Begünstigten der PrivatBank zum Zeitpunkt der Tat im Jahr 2015. Die Anklageschrift sei dem Gericht übermittelt worden, hieß es weiter. Demnach müssen sich außer Kolomojskyj fünf weitere Verdächtige in dem Fall vor Gericht verantworten.
Kolomojskyj war am Sonntag wegen des Verdachts auf Betrug und Geldwäsche festgenommen worden. Den bisherigen Ermittlungen zufolge arbeitete er zwischen Januar und März 2015 "einen Plan zur Beschlagnahme von Geldern" der PrivatBank aus, der größten Bank der Ukraine. Der Milliardär war vor der Verstaatlichung der PrivatBank im Jahr 2016 Miteigentümer der Bankengruppe. Die ukrainische Zentralbank hatte ihn zuvor beschuldigt, vor der Verstaatlichung 5,5 Milliarden US-Dollar (5,1 Milliarden Euro) aus der PrivatBank abgeschöpft zu haben.
Kolomojskyj hat seit Jahren einen zweifelhaften Ruf. Er steht auf einer US-Sanktionsliste und darf nicht in die USA einreisen, da ihm Korruption und demokratiefeindliche Bestrebungen vorgeworfen werden. Der Milliardär war vor der russischen Invasion im Land einer der reichsten Männer der Ukraine, mit Beteiligungen in zahlreichen Wirtschaftsbereichen, unter anderem in der Medienbranche, der Luftfahrtindustrie und dem Energiesektor.
Selenskyj war 2019 insbesondere mithilfe von Kolomojskyjs Medienimperium gewählt worden. Seitdem hat der Präsident jedoch versucht, sich von seinem ehemaligen Verbündeten zu distanzieren. Dem Unternehmer und Milliardär gehörte damals der Fernsehsender, in dem Selenskyj als Komiker auftrat und bekannt wurde.
Die Führung in Kiew ist seit Beginn des russischen Angriffskriegs bemüht, konsequenter gegen Korruption und Bestechung im Land vorzugehen - auch mit Blick auf den von ihr angestrebten EU-Beitritt. Die Europäische Union hat Fortschritte in diesem Bereich zu einer Bedingung für den EU-Beitritt der Ukraine gemacht. Zuletzt waren in der Ukraine mehrere Korruptionsskandale aufgedeckt worden.
Quelle: ntv.de, lve/AFP