Politik

"Ich habe keine Fehler gemacht" Erika Steinbach bereut nichts

Nach 16 Jahren ist Schluss, Erika Steinbach will nicht wieder als BdV-Präsidentin kandidieren.

Nach 16 Jahren ist Schluss, Erika Steinbach will nicht wieder als BdV-Präsidentin kandidieren.

(Foto: imago/Metodi Popow)

Ihren Feinden gilt sie als erzkonservative Scharfmacherin. Dem Bund der Vertriebenen verschaffte Erika Steinbach mit ihrer Art stets Aufmerksamkeit. Nun tritt die 71-Jährige ab und macht Platz für einen Neuen.

Was der Unterschied zwischen ihr und ihrem Nachfolger ist? Erika Steinbach überlegt nur kurz. "Er hat ein ausgeglichenes Naturell und ist etwas mehr in sich ruhend als ich", sagt sie und muss lachen. "Ein Kontrastprogramm ist vielleicht manchmal gar nicht so schlecht." Mehr Selbstkritik geht nicht, jedenfalls für Steinbachs Verhältnisse. Bernd Fabritius, der neben ihr sitzt, hebt kurz eine Augenbraue.

Führungswechsel an der Spitze des Bundes der Vertriebenen (BdV): Nach 16 Jahren tritt Steinbach ab. Fabritius soll an diesem Freitag zu ihrem Nachfolger gewählt werden. Er deutet an, was er an der Verbandsspitze anders machen wird. Dennoch überlässt er der 71-Jährigen, die er mehrfach demütig mit "Meine Präsidentin" anspricht, an diesem Tag noch einmal die Bühne und den meisten Redeanteil.

Seit ihrer Wahl 1998 war Steinbach im wahrsten Sinne des Wortes der Lautsprecher des BdV. Durch unzählige Eklats sicherte die CDU-Politikerin dem Verband  eine Aufmerksamkeitsgarantie. Die Polen hätten zuerst mobil gemacht (2010), die Nazis seien eine linke Partei gewesen (2012), der Koran sei nicht menschenfreundlich (2014) - alles Äußerungen, mit denen sich Steinbach in den vergangenen Jahren Gehör und vor allem Ärger verschaffte.

Zweiter Platz nach Putin

Steinbach mit Nachfolger Fabritius

Steinbach mit Nachfolger Fabritius

(Foto: picture alliance / dpa)

Weitaus bekannter - aber keinesfalls beliebter - als in der Bundesrepublik ist Steinbach seit jeher in Polen. 1991 stimmte sie, die im 1943 im besetzten Polen zur Welt kam, gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze. Aufgrund der polnischen Proteste und des Vetos des damaligen Außenministers Guido Westerwelle durfte Steinbach nicht in den Stiftungsrat der 2008 gegründeten Bundesstiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" einziehen, obwohl der BdV maßgeblich den Anstoß für die Stiftung gegeben hatte. In einer polnischen Umfrage nach den am meisten gefürchteten Personen schaffte Steinbach es 2009 sogar auf Platz zwei. Als sich im Juli die Nachricht von ihrem Rücktritt verbreitete, feierten vor allem polnische Konservative.

In Steinbachs Rückschau ist die eigene Amtszeit vor allem durch Erfolge geprägt. Das Zentrum gegen Vertreibungen, die Bundesstiftung und den neuen Gedenktag für Opfer von Flucht und Vertreibung am 20. Juni, den es ab dem kommenden Jahr gibt - das bezeichnet Steinbach als ihre größten Verdienste. "Das ist etwas, auf das die Politik aufbauen kann." Warum sie nicht mehr antreten will? "16 Jahre sind eine ausreichende Zeit."

Ratschläge will Steinbach ihrem Nachfolger jedoch nicht geben. Der 22 Jahre jüngere Fabritius, CSU-Bundestagsabgeordneter und Sohn rumänischer Aussiedler, brauche keine Tipps. Er sei ein kluger Kopf und ihr "Wunschkandidat" für den Generationswechsel.

Der "Neue" setzt vor allem auf leise und versöhnliche Töne. Er wolle vor allem auf "Empathie" setzen, betont er. "Mitgefühl, zuhören, beraten", nennt Fabritius die wichtigsten Leitworte des Verbandes. Die erste krasse Not der 4500 bis 5000 Vertriebenen, die die Hilfe des BdV jährlich in Anspruch nehmen, sei oft gleich. Was er konkret anders machen will als Steinbach, hat der 49-Jährige in den vergangenen Wochen schon erklärt.

"Ich gönn's dir"

Fabritius will das angespannte Verhältnis des Verbandes zu Polen verbessern. Es sei wichtig, den Dialog überhaupt in Gang zu bringen. Es gehe nicht mehr um materiellen Ausgleich, sondern um moralische Rehabilitierung. Dennoch mahnt Fabritius, er habe kein Verständnis dafür, mit welcher Akribie in der Person von Erika Steinbach ein Feindbild geschaffen worden sei. Die 71-Jährige bekennt: "Ich habe immer beide Hände in Richtung Polen ausgestreckt, es hat nicht gefruchtet." Ihrem Nachfolger wünsche sie mehr Erfolg. "Ich gönn's dir", sagt sie zu Fabritius und blickt fast etwas mitleidig.

Steinbach hinterlässt einen 1,3 Millionen Mitglieder starken Verband, Tendenz sinkend. Einen Bedeutungsverlust mag sie aber nicht erkennen. "Vertreibung ist leider nicht nur ein Thema von gestern, sondern auch von heute." Bissig, wie man sie in Erinnerung behalten wird, fügt Steinbach hinzu: "Wir haben immer noch mehr Mitglieder als CDU, SPD und Grüne zusammen." Anlass zur Selbstkritik sieht Steinbach nicht. Ganz im Gegenteil. Ob sie, die dem Bundestag noch mindestens bis 2017 erhalten bleiben wird, heute rückblickend etwas anders machen würde? Die Antwort bleibt sie schuldig. "Ich habe überhaupt keine Fehler gemacht", sagt sie grinsend. Ironie? "Sagen wir es mal so", beginnt Erika Steinbach, sagt dann aber: "Nein, ich kann mich selber nicht beschreiben, das geht nicht."

Quelle: ntv.de

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