Politik

Volksentscheid Tempelhof Es geht ums Feld - für Wowereit um mehr

Noch im Jahr 2007 wurden am Tempelhofer Flughafen mehr als 300.000 Fluggäste abgefertigt, heute nutzen die Berliner die Fläche als Naherholungsgebiet.

Noch im Jahr 2007 wurden am Tempelhofer Flughafen mehr als 300.000 Fluggäste abgefertigt, heute nutzen die Berliner die Fläche als Naherholungsgebiet.

(Foto: imago/Kraehn)

Das Tempelhofer Feld ist der zweitgrößte Park Deutschlands und der größte in Berlin. Beim Volksentscheid bestimmen die Einwohner der Hauptstadt, ob das auch so bleibt. Besonders gefährlich ist die Abstimmung für Klaus Wowereit.

Mit Flughäfen hat es Klaus Wowereit nicht so. Der neue Hauptstadtflughafen BER wird nicht fertig und immer teurer. Jetzt bringt auch noch der alte Berliner Flughafen Tempelhof den Regierenden Bürgermeister in Bedrängnis. Hier landet zwar schon seit Jahren kein Flugzeug mehr. Dennoch spielt das Areal im Bewusstsein der Stadt nach wie vor eine große Rolle. An diesem Sonntag stimmen die Berliner gleichzeitig mit der Europawahl per Volksentscheid über die Zukunft des ehemaligen Flugfeldes ab. Das Ergebnis kann auch für Wowereit Folgen haben.

Die Bebauungsgegner fordern die hundertprozentige Erhaltung der Freifläche auf dem Tempelhofer Feld.

Die Bebauungsgegner fordern die hundertprozentige Erhaltung der Freifläche auf dem Tempelhofer Feld.

(Foto: picture alliance / dpa)

Das Tempelhofer Feld wurde 2010 zwei Jahre nach der Stilllegung des Flughafens als Park eröffnet. Seitdem tummeln sich auf der etwa 380 Hektar großen Freifläche täglich Jogger, Radfahrer, Skater, Grillbegeisterte, Drachensteiger und Spaziergänger. Im Sommer finden hier Rock-Konzerte und andere Großveranstaltungen statt. Zwei Millionen Menschen besuchten das Feld im vergangenen Jahr, an sonnigen Wochenenden sind es 20.000.

Wenn es nach der Berliner Landesregierung geht, soll der Park zwar Naherholungsgebiet bleiben. Trotzdem soll sich auf dem Tempelhofer Feld einiges ändern. Das Land will am Rande der Fläche unter anderem bis zu 4700 Wohnhäuser mit Kaltmieten zwischen sechs und acht Euro pro Quadratmeter hochziehen. Die Befürworter der Baupläne verweisen auf den knappen Wohnraum in der Hauptstadt. Bis 2030, so prognostizieren es Städteplaner, sollen etwa 250.000 mehr Menschen als heute in Berlin leben. In der Mitte des Feldes soll trotz der Bebauung eine rund 230 Hektar große Freifläche bleiben. Doch vielen Berlinern reicht das nicht.

Initiative braucht mindestens 625.000 Stimmen

Im September 2011 gründete sich die Bürgerinitiative "100% Tempelhofer Feld", mit dem Ziel, die Pläne der rot-schwarzen Senats zu kippen. Anfang 2014 reichte sie mehr als 185.000 gültige Unterschriften ein und übertraf damit sogar die notwendige Schwelle für einen Volksentscheid. An diesem Wochenende fällt die endgültige Entscheidung: Das Abstimmungsquorum liegt bei 25 Prozent. Stimmen mindestens 625.000 Berliner für die Initiative, und sind dies mehr als die Unterstützer der Senatspläne, dann ist der Volksentscheid gültig und bindend. Die Baupläne wären dann erst einmal vom Tisch.

Doch die Abstimmung ist kompliziert und nicht mit einem einfachen Ja oder Nein erledigt. Denn es gibt zwei Gesetzesentwürfe, über die die Berliner auf dem Stimmzettel abstimmen können: einer für oder gegen ein Bauverbot, ein zweiter für oder gegen die Baupläne des Abgeordnetenhauses. Die Abstimmungsmöglichkeiten sind dadurch vielfältiger. Die Wahlberechtigten können auch beide Vorlagen ablehnen. Demnach kann, wie es etwa der Berliner Mieterverein will, eine Bebauung zwar möglich sein, allerdings nicht mit den vorhandenen Plänen des Senats. Einer Forsa-Umfrage zufolge sind 57 Prozent der Berliner für die Randbebauung am Rande des Tempelhofer Feldes, 40 Prozent dagegen.

Was Wowereit mit der Abstimmung zu tun hat? Die Baupläne stammen von seinem Stadtentwicklungssenator Michael Müller. Für viele Berliner bietet der Volksentscheid eine Möglichkeit, ihre Unzufriedenheit über den Regierenden Bürgermeister zum Ausdruck zu bringen. Durch die Skandale um den milliardenschweren Hauptstadtflughafen und die Steueraffäre seines Staatssekretärs Andre Schmitz ist Wowereit schwer angeschlagen. Nur 23 Prozent würden zurzeit die Berliner SPD wählen. In Wowereits Partei läuft intern schon ein Kampf um seine Nachfolge, möglicherweise sogar schon vor der Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2016. Und nicht nur das: Eine Bürgerinitiative will den Regierungschef per Volksbegehren zu Fall bringen. Sollten die Initiatoren die 500.000 Unterschriften zusammenbekommen, käme es erneut zu einem Volksentscheid. Dann ging es ausnahmsweise mal nicht um alte oder neue Flughäfen, sondern nur noch um Wowereit selbst.

Quelle: ntv.de, mit dpa/AFP

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