Tsipras wirbt und wettert "Es ist eine schwierige und schlechte Vereinbarung"
15.07.2015, 05:37 Uhr
Tsipras will mit politischen Spagat das Überleben Griechenlands in der Eurozone sichern.
(Foto: picture alliance / dpa)
Es gilt für Tsipras: Der griechische Regierungschef muss das den Geldgebern zugesagte Reformpaket durch das Parlament bringen. Es ist allerdings im eigenen Lager heftig umstritten. So muss Tsipras für etwas kämpfen, was er selbst inhaltlich ablehnt.
Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras hat vor der ersten Abstimmung im griechischen Parlament ein Ausscheiden aus der Eurozone nicht ausgeschlossen und die Verantwortung für das neue Kreditprogramm und dessen harte Bedingungen übernommen. "Ich übernehme die Verantwortung für alle Fehler, die ich möglicherweise gemacht habe", sagte Tsipras im griechischen Fernsehen. "Ich übernehme die Verantwortung für einen Text, an den ich nicht glaube, aber den ich unterzeichnet habe, um ein Desaster für das Land zu vermeiden, den Kollaps der Banken", fügte der Ministerpräsident hinzu.
Ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone sei nicht auszuschließen, solange kein neues Hilfsprogramm unterzeichnet ist. "Es ist eine schwierige und schlechte Vereinbarung", sagte Tsipras. " Ich glaube, dass der Plan nicht richtig ist. Wir haben aber einen Punkt erreicht, wo wir nicht weitergehen können".
Parlament ist am Zug
Vorgezogene Wahlen schloss Tsipras nicht aus. "Nach dem Ende dieses Verfahrens (der Billigung durch das Parlament) werde ich sehen, wie es weitergeht", sagte er. "Ich werde niemandem mit dem Messer am Hals drohen", stellte er klar.
Das Parlament berät am Mittwoch über ein erstes großes Spar- und Reformpaket. Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung dürfte gegen Mitternacht feststehen. In Zeiten der Krise gebe es keinen Raum für "ideologische Reinheit", sagte Tsipras. "Vorrang hat für mich in dieser Stunde die Billigung des Sparprogramms, damit wir das Hilfsprogramm sichern können." Er schließe nicht aus, dass auch die Opposition dem Programm zustimme.
Banken bleiben vorerst geschlossen
Die Euro-Länder wollen über das dritte Kreditpaket erst nach der Verabschiedung der Kürzungsmaßnahmen im griechischen Parlament verhandeln. Der zweite Teil des Kürzungspakets soll nach der Einigung mit den Gläubigern bis Mittwoch kommender Woche verabschiedet werden. Tsipras sagte, die Öffnung der Banken hänge von dem Schlussabkommen ab, das es "nicht vor einem Monat" geben werde.
Die Euro-Länder hatten sich am Montagmorgen nach einem 17-stündigen Verhandlungsmarathon bereit erklärt, das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland mit einem neuen Milliarden-Programm zu unterstützen. Sie knüpften dies aber an umfangreiche Bedingungen, zu dem auch die Einrichtung eines Treuhandfons gehört.
"Schlecht für Europa"
Tsipras kritisierte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der einen Plan für das Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro gehabt hat, scharf. Der Grexit sei ihm aber nicht gelungen. "Dieses Europa gehört nicht Herrn Schäuble", sagte er.
Die Nacht des Euro-Gipfels in Brüssel, wo die Vereinbarung ausgehandelt wurde, sei schlecht für Europa gewesen, sagte Tsipras. Die Vereinbarung sei auf Druck starker Staaten auf Griechenland zurückzuführen. Diese Art und Weise der Druckausübung "ehrt nicht die Tradition Europas".
Dennoch sei für Griechenland auch Positives herausgekommen. Noch in diesem Jahr werde es eine Diskussion über die Umstrukturierung des Schuldenberges sowie ein Investitionsprogramm von 35 Milliarden Euro geben. Diese Maßnahmen könnten "einen Grexit (Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro) endgültig abwenden und die Voraussetzungen für Wachstum" in Griechenland schaffen, sagte Tsipras.
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Quelle: ntv.de, bad/dpa/AFP