Zucker für das Zugpferd FDP-Spitze lobt Westerwelle
07.01.2011, 07:26 Uhr
Drohende Niederlagen im Wahljahr 2011 will Guido Westerwelle noch abwenden - ohne Kurswechsel.
(Foto: dapd)
Brüderle, Rösler, Lindner: Führende Liberale können ihren Chef nach seinem Auftritt beim Dreikönigstreffen nicht genug loben. Vom besten Wahlkampfzugpferd, das die FDP je hatte, ist die Rede. Kritik kommt unter anderem aus der schon lange unzufriedenen Hessen-FDP. Das könne nicht alles gewesen sein, sagt der hessische FDP-Vorsitzende Hahn.
Nach der Rede von Guido Westerwelle beim Stuttgarter Dreikönigstreffen der FDP sehen führende Liberale ihren Parteichef gestärkt. Er gehe davon aus, dass Westerwelle auch über den Parteitag im Mai hinaus Vorsitzender der Liberalen bleiben kann, sagte der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Rainer Brüderle der Mainzer "Allgemeinen Zeitung". Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) setzt bei den bevorstehenden Landtagswahlen ganz auf Westerwelle. Dass der Parteichef als "Wahlkampf-Zugpferd" tauge, habe man beim Dreikönigstreffen gesehen, sagte er der "Rheinischen Post".
"Ich gehe davon aus, dass die Personaldebatten der letzten Wochen jetzt vorüber sind und Guido Westerwelle nach erfolgreichen Landtagswahlen im Mai erneut antritt und vom Parteitag im Amt bestätigt wird", sagte Brüderle. Westerwelle habe das volle Vertrauen des gesamten Präsidiums. "Die Partei hat ihm beim Dreikönigstreffen deutlich den Rücken gestärkt."
Rhetorik, die begeistert
Rösler lobte Westerwelles Auftritt in Stuttgart: "Seine Rhetorik, seine Leidenschaft hat die Zuschauer begeistert. Er ist der beste Wahlkämpfer, den die FDP je hatte. Das wird der FDP in den anstehenden Landtagswahlen nutzen."
Ähnlich äußerte sich FDP-Generalsekretär Christian Lindner im Hessischen Rundfunk: "Es gab "Standing Ovations". Das zeigt ja, dass er das ausgesprochen hat, was die Menschen von ihm erwartet haben." Dem Vorwurf mehrerer Delegierter, Westerwelle sei nicht ausreichend auf die aktuellen Probleme der Partei eingegangen, wollte sich Lindner nicht anschließen. Dies sei Bestandteil seiner eigenen Rede gewesen, Westerwelle sei deshalb im Anschluss nicht mehr darauf eingegangen.
Beim FDP-Dreikönigstreffen in Stuttgart hatte der Außenminister und Vizekanzler seine verunsicherte Partei am Donnerstag beschworen, sich vom Umfragetief nicht beeindrucken zu lassen. Drohende Niederlagen im Wahljahr 2011 will Westerwelle noch abwenden - ohne Kurswechsel. Innerparteiliche Gegner zeigten sich irritiert über einen Mangel an Selbstkritik. Nach neuesten Umfragen der ARD liegt die FDP mit 4 Prozent bei ihrem schlechtesten Wert seit zwölf Jahren.
Kritik aus Hessen und Schleswig-Holstein
Der hessische FDP-Vorsitzende Jörg-Uwe Hahn kritisierte die Westerwelle-Rede als unzureichend. "Das kann nicht alles gewesen sein, das darf nur der erste Teil der Rede gewesen sein", sagte Hahn dem "Wiesbadener Kurier". Als Zustandsbeschreibung der Partei sei die Rede sehr gut gewesen. Doch habe ein wesentlicher Teil gefehlt - nämlich eine Aussage darüber, wie die Partei aus dem Umfragetief herauskommen könne. Hahn hatte Westerwelle bereits im Dezember intern aufgefordert, er solle beim Dreikönigstreffen ankündigen, dass er im Mai nicht wieder um den Vorsitz antritt.
Auch Hessens FDP-Fraktionschef Florian Rentsch äußerte sich skeptisch über die Stuttgarter Rede: "Ich hätte mich gefreut, wenn Westerwelle auch einige selbstkritische Worte zur schwierigen Situation der FDP verloren hätte, mehr als Parteivorsitzender anstatt als Vizekanzler gesprochen hätte", sagte er in Wiesbaden.
Der FDP-Fraktionschef in Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, hält die Rede von Parteichef Guido Westerwelle für unzureichend. "Es fehlte eine selbstkritische Analyse, warum wir trotz unserer Erfolge derzeit in den Umfragen bei vier Prozent liegen", sagte Kubicki dem "Handelsblatt". Er vermisse eine Antwort auf die Fragen, warum sich die Bürger von der Partei abwendeten und warum die positiven Ergebnisse der schwarz-gelben Koalition nicht mit der FDP in Verbindung gebracht würden.
Kubicki hatte im Vorfeld des Dreikönigstreffens zu den schärfsten Kritikern der Lage der Partei gezählt. Mitte Dezember hatte er mit der Analyse, die Lage der FDP sei nahezu aussichtslos und erinnere "an die Spätphase der DDR", für Wirbel gesorgt.
Westerwelle bleibt am Ball
Auf die Frage nach Selbstkritik in seiner Rede sagte Westerwelle am Abend im ZDF: "Es ist schon deutlich geworden, dass wir wissen, dass wir unsere Arbeit verbessern können - aber dass wir auch nach vorne schauen." Er betonte: "Ich werde diese Partei, die FDP, in diese Wahlen im Frühjahr auch führen." Die Alternative zu einer Regierung mit der FDP sei eine Mehrheit aus SPD, Grünen und Linkspartei.
Entscheidend für Westerwelles politisches Schicksal dürften nun die vier Landtagswahlen vor dem nächsten Parteitag im Mai werden. Nach Umfragen kann sich die FDP nicht einmal mehr in ihrem Stammland Baden-Württemberg sicher sein, am 27. März in den Landtag zu kommen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP