Politik

Maulwurf wird strafversetzt FDP kehrt Scherben zusammen

Die FDP hat ihr ganz persönliches Problem mit den Wikileaks-Enthüllungen. Der frühere Büroleiter von Parteichef Westerwelle gesteht die Spitzelei, die Partei will daran aber nichts Schlimmes finden. Die Attacken richten sich nicht gegen den, der plaudern wollte, sondern gegen den, der das Material entgegennahm. US-Botschafter Murphy soll gehen oder sich wenigstens entschuldigen.

Helmut Metzner hat sich selbst offenbart.

Helmut Metzner hat sich selbst offenbart.

(Foto: dpa)

Nachdem sich der , der Details aus den Koalitionsverhandlungen an die US-Botschaft in Berlin weitergegeben hat, ist die Partei um Schadensbegrenzung bemüht. Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) nahm Helmut Metzner gegen den Vorwurf der Spionage in Schutz. Metzners Vorgehen sei "ganz normales tägliches Geschäft" in der Politik. "Das war kein Maulwurf", sagte der frühere FDP-Generalsekretär der "Rhein-Neckar-Zeitung". Der Fall war durch die Wikileaks-Enthüllungen an die Öffentlichkeit gelangt.

Der Mann sei für die internationalen Kontakte in der FDP-Zentrale zuständig gewesen und habe deshalb ständig Gesprächskontakte gepflegt, auch zur amerikanischen Botschaft. "Es wurden keine vertraulichen Papiere übergeben", versicherte Niebel. "Was in den Koalitionsrunden im Beisein von Mitarbeitern besprochen wurde, ist vollkommen unbedenklich. Vertrauliches ist in anderen Kreisen verhandelt worden", so Niebel.

Geständnis unter Druck

Der 41-jährige Metzner hatte nach den Enthüllungen der Internet- Plattform Wikileaks zugegeben, im Herbst 2009 Informationen zum Verlauf der Koalitionsgespräche weitergegeben zu haben. Er wurde daraufhin in der FDP-Zentrale von seinem Job als Büroleiter Westerwelles entbunden und mit einer neuen Aufgabe betraut. Welche ist allerdings noch offen.

Laut Niebel könnte dies zu Metzners eigenem Schutz geschehen sein: "Vielleicht wollte man so die Pressekampagne beenden und einen verdienten Mitarbeiter schützen und aus dem Fokus der öffentlichen Berichterstattung herausnehmen", sagte er. "Schließlich ist er mit solchen Dingen nicht so vertraut wie wir Politiker."

Skandal oder Skandalisierung?

Entwicklungsminister Niebel fällt die Aufgabe zu, die Verteidigungslinie der FDP unter die Leute zu bringen.

Entwicklungsminister Niebel fällt die Aufgabe zu, die Verteidigungslinie der FDP unter die Leute zu bringen.

(Foto: AP)

In den Depeschen der Berliner US-Botschaft war davon die Rede gewesen, dass ein "junger, aufstrebender Parteigänger" der FDP die Amerikaner über Interna auf dem Laufenden gehalten habe. Als die Papiere Anfang der Woche von Wikileaks veröffentlicht wurden, hatte Niebel noch erklärt:

Im ZDF wunderte sich Niebel nach Bekanntwerden der Personalie Metzner "ob der Skandalisierung" des Falles. Anfang der Woche hatte allerdings Parteivize und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle eidesstattliche Versicherungen aller beteiligten Mitarbeiter gefordert, sich damit aber nicht durchsetzen können. Metzner soll sich schließlich selbst offenbar haben. Einer US-Depesche zufolge soll er der US-Botschaft von sich aus Material aus der FDP angeboten haben. Bei der internen Befragung betonte er hingegen, er sei angesprochen worden.

Murphy soll gehen

Der Unmut der FDP richtet sich nun vor allem gegen US-Botschafter in Berlin, . Der FDP-Bundestagsabgeordnete Hans-Michael Goldmann rief die US-Regierung in der "Bild"-Zeitung auf, Murphy abzuberufen. "Das Verhalten von Herrn Murphy ist ungehörig. Wenn das einem deutschen Botschafter passiert wäre, dann hätte man ihn abberufen. So ein Botschafter muss nach Hause geholt werden." Über ihren Sprecher erteilte Bundeskanzlerin Angela Merkel solchen Forderungen jedoch eine klare Absage.

Goldmann kritisierte besonders, dass sich Murphy, anders als US-Außenministerin Hillary Clinton, bisher nicht bei der Bundesregierung für die bei Wikileaks aufgetauchten Notizen über deutsche Politiker entschuldigt habe. Auch der FDP-Außenpolitiker und Bundestagsabgeordnete Bijan Djir-Sarai zeigte sich verärgert. "Ob Herr Murphy noch ein vertrauensvoller Gesprächspartner ist nach den jüngsten Vorgängen, ist mehr als zweifelhaft", sagte Djir-Sarai der "Bild"-Zeitung.

John Kornblum, früher US-Botschafter in Deutschland, wies bei n-tv Rücktrittsforderungen gegen Murphy zurück. "Der Botschafter hat die politische Verantwortung. Die kann er auch haben, denn da ist nichts Falsches gemacht worden. Erstens ist er ein sehr guter Botschafter. Zweitens: Die jetzt veröffentlichten Berichte sind vielleicht manchmal brisant, aber im Großen und Ganzen sehr gute Berichte. Es ist also nichts Schlechtes oder Unehrliches passiert. Es ist nur so, dass Sachen, die eigentlich vertraulich bleiben sollten, jetzt nicht mehr vertraulich sind."
 

Quelle: ntv.de, sba/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen