Politik

"Keine Chaoten, sondern Experten" FDP lobt Chaos Computer Club

Der CCC habe für Missverständnisse gesorgt, findet Bundesinnenminister Friedrich (CSU).

Der CCC habe für Missverständnisse gesorgt, findet Bundesinnenminister Friedrich (CSU).

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Chaos Computer Club habe dem Chaos in seinem Namen alle Ehre gemacht, hatte Bundesinnenminister Friedrich angesichts der Debatte um staatliche Spionagesoftware gesagt. Doch von FDP-Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger bekommt der Club Rückendeckung. Sie fordert eine Sonderkonferenz für ein "präzises Lagebild".

In der Debatte um staatliche Spionagesoftware hat Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) den Chaos Computer Club (CCC) gegen Kritik des Bundesinnenministers verteidigt. Das seien keine Chaoten, sondern Experten, sagte die Ministerin dem Magazin "Focus". Der CCC hatte vor einer Woche die Version eines Trojaners zum Abhören von verschlüsselten Telefonaten scharf angeprangert. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) übte deswegen Kritik am CCC. Dieser habe "dem Chaos in seinem Namen alle Ehre gemacht", sagte Friedrich der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Es seien viele Missverständnisse entstanden.

Nach Angaben des Clubs kann die Software mehr als sie nach den Gesetzen und der Rechtsprechung darf und hinterlässt auf dem Computer des Betroffenen gravierende Sicherheitslücken, die Dritte ausnutzen könnten. Im Zentrum der Kritik steht eine Nachladefunktion, mit der die Überwachung eines Computers nach CCC-Angaben bis hin zur äußerst sensiblen Online-Durchsuchung, also der Durchsuchung der Festplatte, ausgeweitet werden kann. CCC-Sprecher Frank Rieger sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", die Nachladefunktion in dem Trojaner sei definitiv funktionsfähig gewesen, aber ihr tatsächlicher Einsatz habe sich nicht nachweisen lassen.

Trojaner hundertfach im Einsatz

Die Grünen protestierten mit einer Aktion vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Bundestrojaner.

Die Grünen protestierten mit einer Aktion vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Bundestrojaner.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Nach Angaben aus Unionskreisen haben die Behörden von Bund und Ländern in den vergangenen drei Jahren in rund hundert Fällen die umstrittene Spionagesoftware eingesetzt. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl, sagte der "Osnabrücker Zeitung", dass alle Sicherheitsbehörden zusammen seit 2009 etwa 35 Mal pro Jahr Trojaner eingesetzt hätten, "um verschlüsselte Kommunikation am Computer abzugreifen". Allein Bayern habe in der Zeit bei Verdacht auf schwere Kriminalität 25 Mal Trojaner eingesetzt, dabei seien vereinzelt auch Screenshots, also Aufnahmen des Bildschirms, weitergeleitet worden. Zuvor hatte es aus dem Freistaat geheißen, die Software sei fünf Mal eingesetzt worden.

Vor dem Hintergrund dieser Zahlen sprach Uhl von einer "unverantwortlichen Hysterisierung" der derzeitigen Debatte über Staatstrojaner. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger warf der CSU-Politiker vor, Polizei und Staatsanwälte seit Jahren im Regen stehen zu lassen. "Wir haben die Ministerin immer wieder darauf hingewiesen, dass die Ermittler beim Einsatz von Spionagesoftware in Strafverfahren in einer gesetzlichen Grauzone arbeiten." Geschehen sei aber "absolut nichts", sagte Uhl der "NOZ".

"Was können solche Programme?"

Vor diesem Hintergrund fordert die FDP-Ministerin nun eine Sonderkonferenz. "Die Innenminister von Bund und Ländern müssen sich jetzt schnell mit einer Sonderkonferenz koordinieren, um dann ein präzises Lagebild zu präsentieren", sagte  Leutheusser-Schnarrenberger der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die zentrale Frage sei: "Was können solche Programme, und was machen solche Programme?"

Wie bereits bekannt wurde, planen die Innenminister am kommenden Donnerstag eine Telefonkonferenz, bei der auch über die umstrittenen Trojaner gesprochen werden soll. Am Mittwoch sind die Trojaner auch Thema im Bundestags-Innenausschuss.

Quelle: ntv.de, AFP

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