Politik

"Schulen steht kein Kollaps bevor" Flüchtlingskinder lernen in 8000 Klassen

Expertenschätzungen zufolge fehlen noch mindestens 20.000 weitere Lehrkräfte.

Expertenschätzungen zufolge fehlen noch mindestens 20.000 weitere Lehrkräfte.

(Foto: picture alliance / dpa)

Fast 200.000 geflohene Kinder sitzen seit Kurzem zusammen in über 8000 Deutsch-Klassen. Die Länder haben mit der Einstellung Tausender Lehrer auf die neue Herausforderung reagiert - doch Experten bezweifeln, dass die Maßnahmen ausreichen.

Angesichts hunderttausender schulpflichtiger Flüchtlingskinder haben die Bundesländer einem Zeitungsbericht zufolge bisher mindestens 8264 spezielle Deutsch-Klassen eingerichtet. Dies ergaben Recherchen der "Welt am Sonntag" bei allen 16 Bundesländern. Rund 196.000 Schüler besuchen demnach die Klassen für Neuankömmlinge, in denen die deutsche Sprache gelehrt wird. Die tatsächliche Zahl von Flüchtlingen an den Schulen dürfte noch höher liegen, da sie nach dem Übergang in die Regelklassen nicht mehr gesondert erfasst werden.

Etwa 8500 Lehrer stellten die Länder dem Bericht zufolge zusätzlich ein, um die Situation zu bewältigen. "Für Schulen und Kultusverwaltungen hat es so eine Herausforderung noch nie gegeben", sagte die noch bis zum 1. Januar amtierende Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Sachsens Ressortchefin Brunhild Kurth (CDU). Die Schulen stünden jedoch nicht vor dem Kollaps.

Eltern müssen miteinbezogen werden

Anlass für Pessimismus und Hysterie bestehe nicht. "Wir sollten akzeptieren, dass die Ausnahmesituation für eine lange Zeit Normalzustand sein wird", fügte sie jedoch hinzu. Darüber hinaus sieht sie ein entscheidendes Versäumnis bei der Kooperation von Schule und Eltern: "Die aktive Einbeziehung der Zuwanderer selbst muss besser werden. Auch die Eltern mit Migrationshintergrund müssen in das Schulleben integriert werden."

Die Länder stehen vor dem Problem, die weitere Entwicklung nicht absehen zu können. Verlässliche Prognosen, wie viele Flüchtlingskinder 2016 dazukommen werden, kann niemand abgeben. Der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes sieht darin das größte Risiko für das System.

"Die zusätzlichen und für 2016 geplanten Lehrerstellen reichen nicht einmal für die bereits in Deutschland befindlichen Flüchtlingskinder", sagte Heinz-Peter Meidinger. Gebraucht würden 20.000 und nicht nur 8500 zusätzliche Lehrkräfte. Spätestens im Sommer nächsten Jahres, wenn alle Flüchtlingskinder der Schulpflicht unterlägen, würde sich die Lücke massiv bemerkbar machen.

Quelle: ntv.de, ahe/AFP

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