Politik

Der tiefe Fall von Strauss-Kahn Franzosen wittern Komplott

In Frankreich schlägt die Verhaftung hohe Wellen.

In Frankreich schlägt die Verhaftung hohe Wellen.

(Foto: AP)

Es ist die Stunde der Verschwörungstheoretiker: Die Vorwürfe gegen IWF-Chef Strauss-Kahn klingen so bizarr, dass der Großteil der Franzosen an ein Komplott glaubt. Zumal es gute Gründe für einen Sturz eines der mächtigsten Männer der Welt gäbe. Strauss-Kahn selbst wird indes offenbar auf Anraten eines Arztes besonders überwacht. So wollen die Sicherheitskräfte einen Selbstmord verhindern.

Strauss-Kahn vor einem New Yorker Gericht.

Strauss-Kahn vor einem New Yorker Gericht.

(Foto: AP)

Die Mehrheit der Franzosen sieht den Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), , als Opfer eines Komplotts. 57 Prozent unterstützten in einer nun veröffentlichten Umfrage die Vermutung, dass der Sozialist bewusst in die Sex-Affäre geführt wurde. Nur 32 Prozent waren anderer Meinung, elf Prozent äußerten sich nicht. Unter den Sozialisten bezeichneten sogar 70 Prozent DSK, wie er ein Frankreich genannt wird, als . DSK war am Samstag am New Yorker Flughafen festgenommen worden, weil ihm vorgeworfen wird, Sex mit einer Hotelangestellten erzwungen zu haben.

Der IWF-Chef galt als Hoffnungsträger der französischen Sozialisten für die Präsidentschaftswahl in einem Jahr. Eine Umfrage ergab ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem sozialistischen Ex-Parteichef François Hollande und Amtsinhaber Nicolas Sarkozy, wenn DSK nicht antritt. In der ersten Runde käme Hollande auf 23 und Sarkozy auf 22 Prozent, gefolgt von der Rechtsextremen Marine Le Pen mit 20 Prozent.

Sarkozy verdonnert Minister zum Schweigen

Derzeit sitzt Strauss-Kahn mit 14.000 anderen Häftlingen auf Rikers Island ein.

Derzeit sitzt Strauss-Kahn mit 14.000 anderen Häftlingen auf Rikers Island ein.

(Foto: AP)

Sarkozy hat seinen Regierungsmitgliedern inzwischen untersagt, sich zur Festnahme des IWF-Chefs Dominique Strauss-Kahn zu äußern. "Wir respektieren die amerikanische Justiz und die Unschuldsvermutung", sagte Regierungssprecher François Baroin in Paris. Jeder weitere Kommentar erübrige sich daher. Bislang haben sich in Frankreich nur wenige Minister öffentlich zu der Affäre geäußert.

Nach Informationen des Enthüllungsblatts "Le Canard Enchaîné" sorgt sich Sarkozy vor allem darum, dass die Haltung des Regierungslagers als schadenfroh gewertet werden könne. Strauss-Kahn galt als Sarkozys gefährlichster Gegner für die Präsidentschaftswahl 2012. "Wir müssen auf jeden Fall vermeiden, dass man denken könnte, der Fall von DSK sei eine gute Nachricht für uns", zitiert das Blatt den Präsidenten.

Strauss-Kahn ständig überwacht

Einem Medienbericht zufolge wurde Strauss-Kahn unter besondere Überwachung zur Verhinderung eines Selbstmords gestellt. Wie der US-Fernsehsender NBC unter Berufung auf mit dem Fall Vertraute berichtete, ordnete die Verwaltung der Haftanstalt auf der Gefängnisinsel Rikers Island in New York die Maßnahme auf Anraten von Ärzten an. Demnach wird die Zelle Strauss-Kahns alle 15 bis 30 Minuten in Augenschein genommen. Der Inhaftierte trage Gefängniskleidung und Schuhe ohne Schnürsenkel.

Ein Sprecher der New Yorker Strafvollzugsverwaltung teilte mit, "jeder Gefangene" werde daraufhin untersucht, "ob er sich oder Anderen etwas antun könnte". Informationen über den Gesundheitszustand von Inhaftierten würden jedoch "vertraulich" behandelt.

Zimmermädchen unter Schock

Auch die französische Autorin Tristane Banon wirft Strauss-Kahn einen sexuellen Übergriff vor.

Auch die französische Autorin Tristane Banon wirft Strauss-Kahn einen sexuellen Übergriff vor.

(Foto: Reuters)

Strauss-Kahn soll am Samstag ein Zimmermädchen in einem New Yorker Hotel überfallen und bedrängt haben. Dieses will nun gegen den Chef des Internationalen Währungsfonds aussagen. Wenn die 32-Jährige aufgefordert werde, sei sie bereit, gegen den Franzosen in den Zeugenstand zu treten, sagte ihr Anwalt Jeffrey Shapiro dem Sender CNN. Derzeit arbeite sie bereits mit Polizei und Staatsanwaltschaft zusammen.

"Ihre Welt hat sich total auf den Kopf gestellt", sagte Shapiro. Sie hat große Angst um ihre Zukunft" und stehe unter "außerordentlichem" Schock. Seit dem Vorfall habe sie weder nach Hause noch zur Arbeit gehen können. Die 32-Jährige ist laut CNN eine alleinstehende Mutter, die vor ein paar Jahren aus dem westafrikanischen Guinea in die USA eingewandert sei. Sie arbeite seit mindestens zwei Jahren in dem Sofitel am New Yorker Times Square, in dem sich der Angriff abgespielt haben soll.

Strauss-Kahn erhält im Gefängnis keine Vorzugsbehandlung.

Strauss-Kahn erhält im Gefängnis keine Vorzugsbehandlung.

(Foto: REUTERS)

Nach Angaben eines Mannes, der sich als ihr Bruder ausgibt, berichtete ihm das Zimmermädchen am Samstag in Tränen aufgelöst von den Vorfällen in der New Yorker Hotelsuite. Der Mann sagte, seine Schwester habe ihn angerufen und "gar nicht mehr aufgehört zu weinen". Sie habe ihm erzählt, dass "etwas Schlimmes" passiert sei und sei "am Boden zerstört" gewesen. Als sie in Strauss-Kahns Zimmer gekommen sei, habe sie diesen nicht gekannt. Der angebliche Bruder fügte hinzu, seine Schwester habe eine Tochter und sei eine "gute Muslimin".

Die Anklage beruft sich auf eine rechtsmedizinische Untersuchung des mutmaßlichen Opfers, die auf einen sexuellen Übergriff hindeute. Ermittler hatten auch die Hotelsuite in New York, in der Strauss-Kahn das Zimmermädchen sexuell angegriffen haben soll, auf Spuren untersucht. Der US-Fernsehsender Fox News berichtete unter Berufung auf Polizeikreise, dass dabei neben DNA-Material auch Blut auf den Bettlaken gefunden worden sei.

Anklage wegen sechs Straftaten

Strauss-Kahn ist wegen sechs verschiedener Straftaten angeklagt, die schwerwiegendste ist sexueller Missbrauch in einem besonders schweren Fall. Hier ist er gleich in zwei Fällen angeklagt. Dafür drohen ihm 25 Jahre Haft. "Er griff dem Opfer ohne Einwilligung an die Brust, versuchte, die Strumpfhose herunterzuziehen, und griff ihm in den Schritt. Sein Penis hatte gewaltsam zweimal Kontakt mit dem Mund des Opfers", heißt es in der Anklageschrift. Der Franzose soll während des Angriffs in der 3000-Dollar-Suite völlig nackt gewesen sein.

Unterdessen zeichnet sich eine mögliche Verteidigungsstrategie des IWF-Chefs ab: Der 62-Jährige könnte vor Gericht argumentieren, dass er mit dem Zimmermädchen hatte. Nach einem Bericht des Boulevardblatts "New York Post" geht der Anwalt des Franzosen nicht davon aus, dass das mutmaßliche Opfer zu einem sexuellen Kontakt gezwungen wurde. Zudem zitiert das Blatt eine ungenannte Quelle aus dem Umfeld seiner Anwälte mit den Worten: "Es ist durchaus möglich, dass sie einverstanden war". Die französische Zeitung "Le Figaro" hatte diese These ebenfalls als eine Option der Verteidigung erwähnt.

Eine hatte am Montag eine Entlassung auf Kaution abgelehnt. Eine sogenannte Grand Jury muss nun bis Freitag über eine formelle Anklage des 62-Jährigen entscheiden.

USA wollen neue IWF-Führung

US-Finanzminister fordert indes eine Übergangslösung für die Führung des IWF. Strauss-Kahn sei "offensichtlich nicht in der Lage", den IWF zu lenken, sagte Geithner. Der IWF selbst konnte bislang keinen Kontakt zu Strauss-Kahn aufnehmen.

Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP/rts

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