"Bedürfnis vieler Griechen" Gauck ist offen für Reparationen
02.05.2015, 00:53 Uhr
Bundespräsident Gauck zur Frage von Reparationszahlungen an Griechenland: "Es ist richtig, wenn ein geschichtsbewusstes Land wie unseres auslotet, welche Möglichkeiten von Wiedergutmachung es geben könnte."
(Foto: REUTERS)
In der Frage etwaiger deutscher Milliarden-Reparationen an Griechenland geht Bundespräsident Gauck in die Offensive: Ein "geschichtsträchtiges Land" wie Deutschland müsse ausloten, "welche Möglichkeiten von Wiedergutmachung es geben könnte".
Bundespräsident Joachim Gauck hat die Reparations-Debatte wieder angefacht und sich offen gezeigt für eine Wiedergutmachung deutscher Kriegsverbrechen in Griechenland. "Wir sind ja nicht nur die, die wir heute sind, sondern auch die Nachfahren derer, die im Zweiten Weltkrieg eine Spur der Verwüstung in Europa gelegt haben - unter anderem in Griechenland, worüber wir beschämend lange wenig wussten", sagte Gauck der "Süddeutschen Zeitung" laut Vorabbericht. Er fügte hinzu: "Es ist richtig, wenn ein geschichtsbewusstes Land wie unseres auslotet, welche Möglichkeiten von Wiedergutmachung es geben könnte."
Die neue griechische Regierung drängt auf Reparationen in Milliardenhöhe. Anfang April bezifferte der stellvertretende griechische Finanzminister Dimitris Mardas die Reparationsforderungen Griechenlands für die Zeit des Nationalsozialismus auf 278,7 Milliarden Euro. Zu den Reparationsforderungen gibt es bereits eine umfangreiche griechische Studie. Auf deren Grundlage prüfen der Parlamentsausschuss und der Oberste Gerichtshof des Landes zurzeit, wie mögliche Reparationsforderungen an Deutschland erhoben werden können. Die Gesamtforderungen werden darin in einer Höhe zwischen 269 und 332 Milliarden Euro beziffert.
Im Zweiten Weltkrieg hatte die SS Massaker auch in Griechenland verübt, zum Beispiel im Juni 1944 im Ort Distomo. Im einzigen Entschädigungsabkommen mit Griechenland wurde vor 55 Jahren eine Zahlung von 115 Millionen Mark vereinbart. Die Bundesregierung sieht die Entschädigungsfrage damit als erledigt an. Forderungen nach weiteren Leistungen erteilte sie wiederholt eine Absage.
Langwierige Debatte
Gauck sagte, als Bundespräsident vertrete er zwar keine andere Rechtsauffassung als die Bundesregierung, die Reparationen mit Verweis auf den sogenannten Zwei-Plus-Vier-Vertrag vor der Wiedervereinigung Deutschlands ablehnt. Dennoch verfolge er mit Interesse die Diskussion über unterschiedliche Vorschläge, dem Bedürfnis vieler Griechen nach einer Art Wiedergutmachung gerecht zu werden. Dabei wünsche er sich allerdings auch, "dass die griechische Regierung hier etwas verbindlicher aufträte, als sie es bisweilen tut".
Die neue griechische Regierung hatte in den vergangenen Wochen immer wieder die seit langem bestehende Forderung nach deutschen Reparationen für deutsche Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg wiederholt. Griechenlands Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos hatte dabei etwa betont, er werde alle rechtlichen Mittel ausschöpfen. Griechenland steht derzeit vor dem Bankrott. Regierungschef Alexis Tsipras benötigt eine Milliardensumme, um Kredite seines Landes an internationale Geldgeber zurückzahlen und um auf weitere Hilfen hoffen zu können.
Quelle: ntv.de, bad/rts/AFP/doa