Affäre um Ex-IWF-Chef Strauss-Kahn Gericht bestätigt Freilassung
20.05.2011, 22:28 Uhr
Offiziell bestätigt ist es nicht, aber am Bristol Plaza soll sich Dominique Strauss-Kahn nach seiner Freilassung aufhalten, heißt es.
(Foto: AP)
Der Ex-IWF-Chef Strauss-Kahn darf das Gefängnis verlassen, wie ein Gericht bewilligt - gegen mehrere Millionen US-Dollar. Zuvor veröffentlich der Währungsfonds einen Verhaltenskodex für seine Mitarbeiter, der unter anderem Fälle von sexuellem Missbrauch stärker ahndet.
Ein Gericht in New York hat die umgehende Freilassung des ehemaligen IWF-Chefs Dominique Strauss-Kahn aus der Untersuchungshaft bewilligt. Der Richter verfügte, dass der Franzose, der unter anderem wegen versuchter Vergewaltigung angeklagt ist, bis zum nächsten Gerichtstermin unter Hausarrest gestellt wird. Zuvor hatte eine Anhörung zu den letzten Bedingungen für die Freilassung auf Kaution stattgefunden.
Eine Französin, die in den vergangenen Tagen über ihren Anwalt ankündigte, gerichtlich gegen den ehemaligen IWF-Chef vorzugehen, änderte derweil ihre Meinung: Sie wolle auf keinen Fall von der amerikanischen Justiz instrumentalisiert werden, sagte ihr Anwalt. Die 31-Jährige wirft Strauss-Kahn vor, sie vor neun Jahren während eines Interviews angegriffen zu haben.
Ihre Mutter zeigte sich in einem Interview zerknirscht, dass sie ihre Tochter damals von einer Klage gegen Strauss-Kahn abgehalten hatte. Die Mutter ist Abgeordnete der sozialistischen Partei, für die Strauss-Kahn bereits 2007 im Präsidentschaftswahlkampf antreten wollte. Die Frau ist nach französischen Medienberichten zudem Patenkind von Strauss-Kahns zweiter Ehefrau und war damals gut mit Strauss-Kahns Tochter Camille befreundet.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat reagierte auf die Affäre um seinen Ex-Chef mit neuen Verhaltensregeln für seine Mitarbeiter. Die unter anderem intime Beziehungen zwischen IWF-Angestellten und den Umgang mit Fällen sexueller Belästigung regeln. Der neue Kodex sei bereits am 6. Mai nach zwei Jahre langen Beratungen beschlossen worden, teilte der IWF mit. Die neuen Verhaltensregeln halten unter anderem fest, dass eine "enge persönliche Beziehung" zwischen einem Vorgesetzten und einer Mitarbeiterin einen "potentiellen Konflikt" darstellt und in der Regel zu einer Versetzung eines der Beteiligten für muss.
Das neue Regelwerk verstärkt zudem die Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Strauss-Kahn war bereits 2008 nach einer Affäre mit einer Mitarbeiterin beschuldigt worden, seine Machtposition als IWF-Chef missbraucht zu haben. Der Währungsfonds sprach ihn nach einer externen Untersuchung aber von dem Vorwurf frei, Druck auf die Frau ausgeübt zu haben.
Kaution in bar
Strauss-Kahn soll am Samstag ein Zimmermädchen in einem New Yorker Luxushotel sexuell angegriffen und zum Oralsex gezwungen haben. Die Ermittler werfen ihm unter anderem versuchte Vergewaltigung, Freiheitsberaubung sowie einen "kriminellen sexuellen Akt" vor, worunter im US-Strafrecht erzwungener Oral- oder Analverkehr fällt. Nachdem er formell angeklagt wurde, entschied ein New Yorker Gericht, ihn gegen Kaution aus der U-Haft zu entlassen. Strauss-Kahn bestreitet weiter entschieden alle Vorwürfe.
Das New Yorker Gericht stimmte seiner Freilassung gegen harte Auflagen zu. Die von seinen Anwälten angebotene eine Million Dollar (700.000 Euro) Kaution in bar sind nur ein Teil eines ganzen Pakets, mit dem seine Flucht nach Frankreich verhindert werden soll. Der Franzose darf New York nicht verlassen. Eine Sicherheitsfirma wird damit beauftragt, jeden Schritt Strauss-Kahns zu überwachen. Die bewaffneten Sicherheitsleute sollen über jeden Besuch und jede Bewegung Protokoll führen. Alle Reisedokumente - Strauss-Kahn hat zwei Reisepässe - werden einbehalten. Selbst die Wohnung wird mit Videokameras ausgerüstet. Der Richter machte deutlich, dass der Politiker beim geringsten Verstoß wieder ins Gefängnis gehe.
Bei der Anklageerhebung hat die Grand Jury in New York dabei alle von der Staatsanwaltschaft genannten Vorwürfe angenommen. Dem Ex-IWF-Chef werden damit sechs Straftaten zur Last gelegt. Weil er bei der schwersten - "sexuelle Belästigung in einem besonders schweren Fall" - gleich zweimal angeklagt ist, sieht er sich sieben Punkten gegenüber.
Laut Anklageschrift soll Strauss-Kahn am Samstag die Tür seines Hotelzimmers zugeschlagen haben, als ein Zimmermädchen zum Aufräumen eingetreten war. "Er griff dem Opfer ohne Einwilligung an die Brust, versuchte, die Strumpfhose herunterzuziehen und griff ihm in den Schritt. Sein Penis hatte gewaltsam zweimal Kontakt mit dem Mund des Opfers."
Kommt es zum Prozess?
Wegen dieses zweimaligen Kontakts wirft die Staatsanwaltschaft dem 62-Jährigen die doppelte "sexuelle Belästigung ersten Grades" vor. Dafür allein drohen jeweils 25 Jahre Haft. Hinzu kommt "versuchte Vergewaltigung ersten Grades", dafür könnten 15 Jahre verhängt werden. "Sexueller Missbrauch" steht zweimal in der Anklage, das wird ersten Grades mit sieben Jahren, dritten Grades mit drei Monaten Haft geahndet. Die Schließung der Tür, um die Frau am Weglaufen zu hindern, wird zudem als Freiheitsberaubung gewertet. Dafür drohen Strauss-Kahn ein Jahr Gefängnis, ebenso wie für "unsittliches Berühren", der sechste Anklagepunkt.
Der nächste Anhörungstermin vor Gericht wurde auf den 6. Juni festgesetzt. Dort könnte Strauss-Kahn auf nicht schuldig plädieren, was einen Prozess zur Folge hätte. Bekennt er sich schuldig, könnte er mit der US-Justiz eine Übereinkunft treffen und so einen Prozess vermeiden.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP