Saporischschja unter Beschuss Gouverneur: Russland greift Flüchtlingsstadt an
16.03.2022, 11:02 Uhr
Saporischschja ist ein Durchgangsort für viele Flüchtlinge. Doch auch dort ist es nicht sicher.
(Foto: dpa)
Tausende Flüchtlinge halten sich in Saporischschja auf, bevor sie weiter in den Westen oder in Nachbarländer aufbrechen. Doch auch die Stadt im Süden der Ukraine wird nun angegriffen, meldet der dortige Gouverneur. Die Vereinten Nationen warnen derweil vor gravierender Armut, die der Bevölkerung drohe.
Russische Truppen haben nach ukrainischen Angaben die im Süden des Landes gelegene Stadt Saporischschja angegriffen, in der sich neben den Einwohnern auch Tausende Flüchtlinge aus dem belagerten Mariupol aufhalten. "Erstmals sind zivile Objekte in Saporischschja angegriffen worden", schrieb Gouverneur Alexander Staruch bei Telegram. Die Raketen seien unter anderem auf einem Bahnhofsgelände eingeschlagen, es sei niemand getötet worden.
Saporischschja war bisher von den Kämpfen weitgehend ausgenommen. Das von russischen Truppen bereits vor zwei Wochen eingenommene Atomkraftwerk Saporischschja liegt 50 Kilometer außerhalb. Die Stadt war bislang ein erster sicherer Anlaufpunkt für Menschen, die aus der von russischen Truppen belagerten Hafenstadt Mariupol flüchteten. Von Saporischschja aus brechen die Menschen dann in den Westen der Ukraine sowie nach Polen oder andere Nachbarländer auf.
Die Lage in Mariupol ist nach Angaben von Hilfsorganisationen dramatisch: Rund 400.000 Menschen harren ohne fließendes Wasser oder Heizung aus, Lebensmittel werden knapp. Am Dienstag gelang nach ukrainischen Angaben rund 20.000 Menschen die Flucht aus der belagerten Stadt - der Fluchtkorridor geht nach Saporischschja. Aber auch dort mangelt es an Wasser und Lebensmitteln.
Bevölkerung von Armut bedroht
Im Falle eines andauernden Kriegs könnten nach ersten Schätzungen der Vereinten Nationen in den kommenden zwölf Monaten rund 90 Prozent der ukrainischen Bevölkerung von Armut betroffen sein. Eine anhaltende russische Invasion könnte das Land wirtschaftlich in diesem Zeitraum um fast zwei Jahrzehnte zurückwerfen, teilte das UN-Entwicklungsprogramm UNDP mit.
"Jeder Tag, den der Frieden auf sich warten lässt, beschleunigt den freien Fall in die Armut für die Ukraine", warnten die UN. Der Krieg drohe auch für kommende Generationen tiefe soziale und wirtschaftliche Narben zu hinterlassen. Die akuten Auswirkungen eines langwierigen Kriegs würden jetzt immer offensichtlicher, sagte der Leiter des UN-Entwicklungsprogramms, Achim Steiner, laut Mitteilung. Der "alarmierende wirtschaftliche Niedergang" und das Leid und die Not, die der Krieg für die bereits traumatisierte Bevölkerung bringen werde, müssten jetzt noch deutlicher zutage treten. "Es ist noch Zeit, diese düstere Entwicklung aufzuhalten."
Quelle: ntv.de, ara/AFP/dpa