Politik

CDU, CSU und Lord Voldemort Grimmiger Blick trifft gute Laune

Keine 480 Wörter hat der gemeinsame Wahlaufruf von CDU und CSU.

Keine 480 Wörter hat der gemeinsame Wahlaufruf von CDU und CSU.

(Foto: dpa)

Auf neutralem Boden stellen CDU und CSU ihren "gemeinsamen Wahlaufruf" für die Europawahl vor. Und offenbaren dabei vor allem, wie unterschiedlich sie sind.

Gute Laune: Peter Tauber.

Gute Laune: Peter Tauber.

(Foto: dpa)

Der Unterschied lässt sich schon an der Mimik ablesen. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer guckt bestenfalls belustigt. Meist runzelt er die Stirn - gern auch dann, wenn sein CDU-Kollege Peter Tauber spricht. Der wirkt, wie meistens, gut gelaunt.

Zusammen mit den Spitzenkandidaten ihrer Parteien, David McAllister und Markus Ferber, stellen Tauber und Scheuer den "gemeinsamen Wahlaufruf" der Unionsparteien für die Europawahl am kommenden Sonntag vor. Dafür haben sie sich neutralen Boden ausgesucht: die Akademie der Künste, einen modernen Glaskasten am Brandenburger Tor. Praktischer wäre die Berliner CDU-Zentrale gewesen. Aber dort wären Ferber und Scheuer ja nur Gäste.

Solch alberne Erwägungen sind wichtig im Umgang der Schwesterparteien. Vor allem im Wahlkampf.

Anders als bei der Bundestagswahl gibt es kein gemeinsames Wahlprogramm von CDU und CSU, sondern nur den Wahlaufruf - knapp zwei Seiten, großzügig formatiert. Der Spitzenkandidat der europäischen Konservativen, Jean-Claude Juncker, wird darin mit keinem Wort erwähnt, wohl aber Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am 25. Mai bekanntlich nicht zur Wahl steht. Vom Ersten Weltkrieg ist die Rede und vom stabilen Euro. Zwei Kernsätze gibt es: einen für die CDU und einen für die CSU. "Wir brauchen Europa", lautet der eine. Der andere: "Wir brauchen ein besseres Europa."

Abteilung Attacke kommt aus Bayern

Grimmiger Blick: Andreas Scheuer.

Grimmiger Blick: Andreas Scheuer.

(Foto: dpa)

Diese unterschiedlichen Ansätze spiegeln sich in Scheuers mürrischem Gesicht und in Taubers guter Laune. Auch die ungemein staatstragende Haltung von David McAllister passt dazu. Er sagt Sätze wie diese: "Europa ist unsere Zukunft, Europa ist wichtig. Wir sagen ganz klar Ja zu Europa, wir sagen ganz klar Ja zur Europäischen Union."

Die Abteilung Attacke überlassen Tauber und McAllister den Bayern. Die attackieren noch einmal den sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Martin Schulz für seine Forderung, religiöse Symbole aus dem öffentlichen Raum verbannen. "Die Sozialisten wollen ein Europa der Einmischung und des Verbietens", poltert Scheuer. Tauber sagt nur, die Angelegenheit sei ein gutes Beispiel dafür, dass gewisse Dinge in Europa nicht einheitlich geregelt werden müssen.

Ähnlich ist es beim Freihandelsabkommen TTIP. Eigentlich sind beide Parteien dafür. Trotzdem sagt Ferber, er habe kein Verständnis dafür, dass die EU-Kommission eine Woche vor der Europawahl "eine weitere Runde von Verhandlungen zum Freihandelsabkommen mit den USA macht, ohne dass hier entsprechend dargestellt wird, in welche Richtung die Entscheidungsabläufe gehen sollen". Tauber lässt sich kein kritisches Wort zu TTIP entlocken. Das wäre auch seltsam, seine Parteivorsitzende unterstützt das Abkommen schließlich. Merkwürdig nur, dass auch Ferber sagt, er befinde sich mit der Kanzlerin "im Konsens".

Lord Voldemort schaut auch vorbei

Noch deutlicher wird der Unterschied zwischen den angeblich so einmütigen Unionsparteien bei zwei anderen Themen: dem angekündigten Auftritt des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Köln sowie der AfD. Mit Blick auf Erdogan spricht Scheuer von einer "Huldigungsshow". Und er verweist darauf, dass Erdogans Demokratieverständnis nicht dem der EU entspreche; eine EU-Mitgliedschaft der Türkei komme daher nicht infrage, folgert er. Tauber wirkt auch hier deutlich entspannter. Wenn Menschen in Köln gegen Erdogan protestieren wollen, sagt er, "dann finde ich, ist das ihr gutes Recht und dann sollten sie das tun".

Beim Thema AfD bleiben Tauber und McAllister der CDU-Linie treu, die Partei nach Kräften zu ignorieren. Der Spitzenkandidat referiert auf eine entsprechende Frage, dass man für das eigene Programm und die eigenen Kandidaten werbe. Weder er noch Tauber nehmen dass Kürzel "AfD" in den Mund. "Die, von denen Sie da sprechen", sagt Tauber. Ganz so, als sei AfD-Chef Bernd Lucke Lord Voldemort, "dessen Name nicht genannt werden darf", wie es in den Büchern von Joanne K. Rowling heißt. Scheuer dagegen gibt sich so furchtlos wie Zauberlehrling Harry Potter. Die CSU werde die AfD im Wahlkampf noch "in die Mangel nehmen", kündigt er an.

Am Ende hat das aber wohl nichts mit Mut zu tun, sondern mit der Stimmung. "Ich nehme niemanden von den politischen Mitbewerbern in die Mangel, das ist nicht meine Art", sagt Tauber lapidar. Und lächelt.

Quelle: ntv.de

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