Nach dem Verfassungsgerichts-Urteil Grüne wollen an die Fleischtöpfe
20.06.2012, 08:01 Uhr
Blick in den Bundestag.
(Foto: dapd)
Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Informationsrechte des Bundestages bei der Euro-Rettung gestärkt hat, fordern nun die Grüne die schnelle Umsetzung des Urteils ein. Sämtliche Abgeordnete sollen künftig nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich unterrichtet werden. Und das umgehend.
Nach der Schlappe der Bundesregierung vor dem Bundesverfassungsgericht zu den Parlamentsrechten in der Europapolitik verlangen die Grünen die sofortige Umsetzung des Urteils. Noch vor der parlamentarischen Sommerpause wollen sie eine Gesetzesinitiative im Bundestag einbringen, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, der "Berliner Zeitung". Die Abgeordneten müssten künftig aus den EU-Regierungsverhandlungen nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich unterrichtet werden, forderte er.
Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass die Bundesregierung den Bundestag an Entscheidungen zur weiteren europäischen Integration stärker beteiligen muss als bislang. Dies gilt vor allem für internationale Vertragsverhandlungen. Die Grünen-Fraktion hatte gegen die Bundesregierung geklagt, weil sie ihrer Auffassung nach zu spät über die internationalen Verhandlungen zum Euro-Rettungsschirm ESM informiert wurde und auf dessen Ausgestaltung keinen Einfluss mehr nehmen konnte.
Neue Zuständigkeiten erkannt
Ursprünglich hatte die Bundesregierung argumentiert, der ESM-Vertrag sei kein Vertragswerk der Europäischen Union, sondern auf völkerrechtlicher Ebene entstanden und stelle eine Vereinbarung zwischen souveränen Staaten dar. Deshalb habe der Bundestag auch kein Recht auf Information oder Mitwirkung vor der Ratifizierung des Vertragswerks.
Dem widersprach der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle. Der Vertrag sei sehr wohl eine Angelegenheit der EU: So weise der Vertrag etwa der Europäischen Union und dem Europäischen Gerichtshof neue Zuständigkeiten zur Überwachung des Finanzierungsprogramms notleidender Euro-Staaten zu. Darin sei eine Nähe zum Integrationsprogramm der Europäischen Verträge erkennbar.
Deutschland muss in den ESM, der zur Rettung notleidender Euro-Staaten dient, allein in diesem Jahr Bareinlagen in Höhe von 8,7 Milliarden Euro entrichten. Bundestag und Bundesrat können über den ESM zwar am 29. Juni entscheiden, Änderungen daran sind ihnen aber nicht mehr möglich.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa