Neuer Gebäudetyp E? Habeck und Geywitz gegen Bau-Dauersubventionen
11.04.2024, 19:38 Uhr Artikel anhören
Ein Zehntel der Wertschöpfung des Landes werde dadurch geprägt, wie es der Bauwirtschaft und der Wohnungswirtschaft gehe, so Habeck.
(Foto: picture alliance/dpa)
Das Baugewerbe ist durch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der vergangenen Jahre in den Krisen-Dauermodus geraten. Forderungen nach einer Ad-hoc-Milliardenförderung lehnen der Wirtschafts- und die Bauministerin aber ab - und nähern sich der Branche über andere Vorschläge.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesbauministerin Klara Geywitz haben Forderungen nach breit angelegten Subventionen für die Bauwirtschaft zurückgewiesen. "Mit einer Dauersubvention in allen Bereichen wird es nicht gehen", sagte die SPD-Politikerin Geywitz beim Wohnungsbau-Tag des Verbändebündnisses Wohnungsbau. "2023 war für die Bau- und Wohnungswirtschaft ein annus horribilis", konstatierte ihr Ampel-Kollege Habeck von den Grünen. Dies sei aber mit den Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank "im Grunde so geplant" gewesen: "Das ist der Sinn von höheren Zinsen, dass die Wirtschaft sich abkühlt." Jetzt gebe es gute Chancen, dass eine Zinswende bevorstehe und dann aufgeschobene Investitionen wieder getätigt würden.
Habeck zeigte sich aber offen für Vorschläge der Branche, KfW-Förderzusagen zu verlängern, die wegen der aktuellen Baukrise nicht in Anspruch genommen wurden. Zwar wolle er "nicht in die Rolle des Finanzministers schlüpfen", jedoch könne man sich "in einer Zeit wie dieser ja nicht mit formalen Logiken durchhangeln", sagte Habeck. "Deswegen kann ich mir das schon sehr gut vorstellen, dass man jetzt für eine gewisse Zeit das einfach streckt. Im Gegenzug dann müssen sie aber auch realisiert werden", betonte der Wirtschaftsminister. Dies wäre "eine logische, pragmatische Brücke, diese konjunkturelle Schwächephase ein bisschen abzukürzen", sagte er. "Das finde ich jetzt einen sehr hilfreichen, pragmatischen Vorschlag."
Bedeutung der Bauwirtschaft für das BIP
Habeck betonte die Bedeutung der Bauwirtschaft, die "nicht nur eine soziale Säule, sondern auch eine ökonomische Säule" sei. "Im engeren Sinne 6, im weiteren Sinne 10 Prozent des BIP hängen an der Wohnungs- und an der Bauwirtschaft. Das ist viel für eine Branche." Ein Zehntel der Wertschöpfung des Landes werde dadurch geprägt, wie es der Bauwirtschaft und der Wohnungswirtschaft gehe. "Wenn wir im Kabinett darüber sprechen, was man tun muss, um Deutschland insgesamt wieder auf einen Wachstumspfad zu bringen, dann darf man auf gar keinen Fall die Bau- und Wohnungswirtschaft vergessen", erklärte Geywitz zudem. "Im Gegenteil, wenn wir die Bau- und Wohnungswirtschaft nicht wieder auf den Wachstumspfad bringen, wird das nicht funktionieren."
Die Bauministerin plädierte für regionalisierte Bedarfsprognosen für den frei finanzierten, aber auch für den sozialen Wohnungsbau. "Die große Anzahl an Bedarf nützt gar nichts, weil niemandem, der in Frankfurt am Main eine Wohnung sucht, ist damit geholfen, wenn ich sage, aber da steht noch was Schönes in Frankfurt an der Oder frei", hob sie hervor. Zudem kündigte Geywitz eine "Leerstandsstrategie" der Regierung an.
Geywitz setzt bei der Ankurbelung des Wohnungsbaus auch auf den Abbau von Vorschriften, um nach ihren Worten ohne Dauersubventionen gut und günstig zu bauen. "Wir haben so unglaublich hohe Anforderungen aufeinander getürmt", räumte die SPD-Politikerin ein. Am Ende des Tages entstehe ein sehr teures Produkt. "Ich sage, da steht jedes Mal ein Mercedes auf der Baustelle, wenn wir ein Haus bauen", sagte Geywitz. Eine Lösung sei aus ihrer Sicht die Einführung eines Gebäudetyps E, mit dem auf einen Schlag eine Vielzahl von Vorschriften reduziert werden könne. Dafür müsse Justizminister Marco Buschmann von der FDP rechtliche Änderungen auf den Weg bringen.
Das Verbändebündnis hatte die Bundes- und Landespolitik zuvor einer "sofortigen Sonderförderung des Wohnungsneubaus" aufgefordert. Konkret würden jährlich 23 Milliarden Euro an Subventionen benötigt: 15 Milliarden Euro für 100.000 neue Sozialwohnungen, und zusätzlich noch einmal acht Milliarden Euro für den Neubau von 60.000 bezahlbaren Wohnungen. Es sei dringend notwendig, dieses Geld als "Ad-hoc-Förderung des Staates für den Wohnungsneubau" bereitzustellen.
Quelle: ntv.de, mpe/DJ/rts