Politik

Merkel will die GroKo Hauptsache stabil

Merkel im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin. Sicher ist: Bis Weihnachten wird es keine Große Koalition geben.

Merkel im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin. Sicher ist: Bis Weihnachten wird es keine Große Koalition geben.

(Foto: dpa)

Am Wochenende noch konnten sich auch CDU-Politiker vorstellen, dass die Union eine Minderheitsregierung bildet. Jetzt nicht mehr: Der Bundesvorstand der CDU legt sich auf eine Große Koalition fest - auch wenn die Kanzlerin das so deutlich nicht sagt.

Eines wird gleich zu Beginn der Pressekonferenz klar: Es gibt wichtigere Dinge als die Frage, ob und wann es eine neue Bundesregierung gibt. Bevor sie über die zweitägige Klausurtagung des CDU-Bundesvorstands informiert, verurteilt Bundeskanzlerin Angela Merkel die Ausschreitungen am Brandenburger Tor.

Propalästinensische Demonstranten hatten dort am Freitag und am Sonntag israelische Fahnen verbrannt. "Keinerlei Meinungsunterschiede, auch nicht über die Frage des Status von Jerusalem, rechtfertigen ein solches Vorgehen", sagt Merkel. "Der Staat muss mit allen Mitteln des Rechtsstaates dagegen einschreiten."

Im weiteren Verlauf der Pressekonferenz spielt das Thema keine Rolle - oder nur indirekt. Merkel sagt, die Menschen in Deutschland "erwarten einen starken, funktionsfähigen Staat". Dies sieht sie als mögliche Klammer einer Großen Koalition: innere, äußere und soziale Sicherheit.

Nur indirekt erteilt sie einer Minderheitsregierung eine Absage - die SPD hat sich schließlich ausdrücklich darauf festgelegt, ergebnisoffen zu verhandeln. Das schließt die Möglichkeit einer Minderheitsregierung oder auch Neuwahlen ausdrücklich ein. Daraufhin hatte CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn am Wochenende erklärt, wenn es mit der SPD nicht gehe, "machen wir es eben alleine".

"So war heute die Einigkeit"

Viel Unterstützung fand Spahn nicht für diese Position. "Ich bin für eine stabile Regierung", sagt die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner am Morgen bei n-tv. Auch Merkel benutzt dieses Wort, um zu beschreiben, was sie anstrebt. Eine "stabile Regierung" sei nötig, um handlungsfähig zu sein. Erst auf Nachfrage sagt Merkel, eine Minderheitsregierung wäre eben nicht stabil. Ist das Konsens in der CDU? Liegen Merkel, Klöckner und Spahn jetzt auf einer Linie, fragt ein Journalist. "So war heute die Einigkeit", antwortet die Kanzlerin. Aus CDU-Kreisen heißt es, das hätten die allermeisten im Vorstand so gesehen.

In der Pressekonferenz wird Merkel mit einem Zitat konfrontiert, das dem Spahn-Flügel der CDU sehr missfallen hatte. Am Tag nach der Bundestagswahl hatte sie gesagt, sie könne nicht erkennen, "was wir jetzt anders machen müssten". Hat Merkel heute, nach der Vorstandsklausur, vielleicht neue Erkenntnisse gewonnen? Die CDU-Vorsitzende ist vorbereitet: Sie habe sich die damalige Pressekonferenz noch einmal durchgelesen, sagt Merkel, um einen Überblick "über alle meine Antworten" zu haben. Und auch damals schon habe sie über Probleme gesprochen, die man besser vor der Wahl gelöst hätte. Persönliche Verantwortung übernimmt sie lediglich mit einer abstrakten Formulierung, die sie schon ein paar Mal benutzt hat: Wer an der Spitze stehe, trage immer auch Verantwortung für das Ergebnis.

Die Gründe für das schlechte Abschneiden der Union bei der Bundestagswahl sieht Merkel woanders. Es habe im Wahlkampf "eine Reihe offener Flanken" gegeben, konkret den Streit zwischen CDU und CSU über die Migrationspolitik. Außerdem sei es der Union nicht gelungen, die Menschen davon zu überzeugen, "dass die Steuerung und Ordnung der Migration gelungen ist".

Aus Merkels Sicht sind beide Probleme durch die Verständigung der Unionsparteien mittlerweile gelöst. Leider zu spät: Hätten sich die Unionsparteien schon vor der Bundestagswahl auf eine gemeinsame Migrationspolitik geeinigt, "wäre es für das Ergebnis förderlich gewesen", so die Kanzlerin.

"Vier Jahre sind ja noch nicht um"

Über einen personellen Neuanfang in der CDU sei im Vorstand nicht gesprochen worden. "Es ist keine Diskussion über einzelne Personen und auch nicht über mich geführt worden", sagt sie auf eine entsprechende Frage. Merkel wiederholt, dass sie im Fall von Neuwahlen noch einmal antreten würde. Sie habe im Wahlkampf gesagt, dass sie für vier Jahre im Amt bleiben wolle, und "erkennbar sind die ja noch nicht um".

Neben dem "starken Staat" winkt Merkel mit dem Thema Europa, das SPD-Chef Martin Schulz so wichtig ist. Auch dazu habe es im Vorstand eine "intensive Diskussion" gegeben. Über die von Schulz angestrebten "Vereinigten Staaten von Europa" spricht Merkel nicht. Aber sie unterstützt den Vorschlag des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, bis 2025 ein gemeinsames Unternehmenssteuerrecht zwischen Deutschland und Frankreich zu entwickeln. Dann verweist sie darauf, dass eine stabile Regierung die beste Basis sei, um mit Frankreich zusammenzuarbeiten - und um Macron endlich eine Antwort zu geben auf seine Reforminitiativen, für die er aus Berlin bislang herzlich wenig Reaktionen bekommen hat. "Die Welt wartet darauf, dass wir agieren können", sagt Merkel.

Auf einen Zeitplan will sie sich nicht festlegen. Beim Treffen von Union und SPD am Mittwoch werde erst einmal darüber gesprochen, ob man überhaupt in Sondierungen einsteige. Aber sie sagt auch, weder im Ausland noch in Deutschland herrsche der Eindruck vor, "dass wir übereilt agieren".

Quelle: ntv.de

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