Politik

Blutige Proteste in Syrien Heckenschützen töten Demonstranten

Demonstranten verbrennen ein Porträt von Präsident Assad.

Demonstranten verbrennen ein Porträt von Präsident Assad.

(Foto: AP)

In Syrien ist der Ausnahmezustand aufgehoben, Demonstrationen sind nun erlaubt. Trotzdem eröffnen Heckenschützen das Feuer auf Regierungsgegner, mindestens 70 Menschen werden getötet. Im ganzen Land gehen die Menschen auf die Straße, demonstrieren gegen Korruption und das Regime von Staatschef Assad.

Ungeachtet der Aufhebung des seit fast 50 Jahren geltenden Ausnahmezustands in Syrien sind Sicherheitskräfte gewaltsam gegen regierungkritische Massendemonstrationen vorgegangen. Bei den Einsätzen gegen die landesweiten Kundgebungen seien mindestens 70 Menschen getötet worden, berichteten syrische Menschenrechtsaktivisten. Quellen in Krankenhäusern hätten dies bestätigt. Demnach starben allein in der südlichen Stadt Asraa 18 Demonstranten, als Heckenschützen auf Hausdächern das Feuer eröffneten. Am Vortag hatte Staatschef Baschar al-Assad den Bürgern das Recht auf friedliche Demonstrationen zugestanden.

Demonstranten in der syrischen Küstenstadt Banias.

Demonstranten in der syrischen Küstenstadt Banias.

(Foto: AP)

Mindestens acht Menschen seien in der Ortschaft Esreh in der südlichen Provinz Daraa getötet worden, sagten Augenzeugen und Menschenrechtsaktivisten. In Hirak in derselben Provinz sei ein weiterer Mensch gestorben. Zwei weitere Todesopfer gab es den Angaben zufolge in Duma, 15 Kilometer nördlich von Damaskus. Zunächst waren aus Duma fünf Verletzte gemeldet worden. Nach dem muslimischen Freitagsgebet hatten sich dort tausende Demonstranten versammelt. Auch im westlichen Homs beschossen Sicherheitskräfte mehrere Kundgebungen mit zehntausenden Teilnehmern. Dabei soll es mindestens zwei Verletzte gegeben haben.

In der Hauptstadt Damaskus trieben Sicherheitskräfte knapp 200 Demonstranten auseinander, dabei starben mindestens sieben Menschen. Zuvor hatten die Teilnehmer, die sich vor der El-Hassan-Moschee versammelten, Slogans wie "Freiheit, Freiheit" und "Das syrische Volk ist eins" gerufen, wie der Chef der Syrischen Liga zur Verteidigung der Menschenrechte, Abdel Karim Rihaui, sagte. Es war eine der größten Kundgebungen in Damaskus seit Beginn der Protestwelle Mitte März.

Verschiedene Glaubensrichtungen gemeinsam

Rund 5000 Demonstranten versammelten sich in der vorwiegend von Kurden bewohnten Stadt Kamischli im Nordosten Syriens. Dabei sprachen sich Kurden, Araber und orthodoxe Christen gemeinsam gegen Korruption aus. Im nordwestlichen Banias gingen nach Angaben eines religiösen Würdenträgers rund 10.000 Menschen "für Freiheit und für Reformen" auf die Straße. In der Stadt Daraa, wo die Protestwelle vor Wochen ihren Anfang genommen hatte, hätten tausende Menschen für Assads Sturz und die Auflösung seiner Sicherheitsbehörden demonstriert, sagte ein Augenzeuge. Hunderte Demonstranten im zentralsyrischen Rakka wurden auseinandergetrieben.

Protestmarsch in Homs.

Protestmarsch in Homs.

(Foto: AP)

Präsident Assad hatte am Vortag per Dekret den seit 1963 geltenden Ausnahmezustand in Syrien aufgehoben, der die meisten Bürgerrechte außer Kraft gesetzt hatte. Wie das Staatsfernsehen berichtete, erließ er zudem zwei Dekrete zur Abschaffung des Staatssicherheitsgerichts, das außerhalb des ordentlichen Rechtssystems agiert, sowie zum Recht der Bevölkerung auf friedliche Demonstrationen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Sana werden die Verordnungen nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt gültig. Oppositionelle stuften die Maßnahmen als unzureichend ein.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) erklärte am Donnerstagabend, die Abschaffung des Notstandsgesetzes sei "ein erster Schritt in die richtige Richtung". Es müssten aber weitere Schritte folgen. "Dazu gehören umfassende politische Reformen und die Einhaltung grundlegender Menschen- und Bürgerrechte, insbesondere die Freilassung aller politischen Gefangenen." Die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch riefen die syrischen Behörden auf, die Syrer ihr Recht auf friedliche Versammlungen ausüben zu lassen.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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