Politik

Grundrechte in Gefahr Hongkong ruft Europa um Hilfe an

Helikopter haben zur  15-Jahres-Feier der Übergabe der ehemaligen britischen Kolonie im Jahr 2012 die Flaggen Hongkongs (l.) und Chinas im Schlepptau.

Helikopter haben zur 15-Jahres-Feier der Übergabe der ehemaligen britischen Kolonie im Jahr 2012 die Flaggen Hongkongs (l.) und Chinas im Schlepptau.

(Foto: imago stock&people)

"Ein Land, zwei Systeme" lautet die Formel, nach denen die sieben Millionen Bewohner von Hongkong im kommunistischen China demokratisch wählen dürfen. Zumindest in der Theorie, die Wirklichkeit sieht laut Systemkritikern hingegen ganz anders aus.

Vor der Auswahl des neuen Regierungschefs in Hongkong haben Kritiker der kommunistischen Führung in Peking "unverhohlene Einmischung" vorgeworfen. Die langjährige, frühere Verwaltungschefin Anson Chan rief am Freitag die alte Kolonialmacht Großbritannien und andere westliche Länder wie Deutschland auf, stärker für die Verteidigung freiheitlicher Grundrechte in der heutigen chinesischen Sonderverwaltungsregion einzutreten.

Anson Chan ist auch als "Eiserne Lady Hongkongs" bekannt.

Anson Chan ist auch als "Eiserne Lady Hongkongs" bekannt.

(Foto: dpa)

Zweieinhalb Jahre nach der "Regenschirm-Revolte" für mehr Demokratie besetzt am Sonntag wieder nur ein Peking-freundliches Wahlkomitee den Posten des Regierungschefs in der früheren britischen Kronkolonie. Allen Erwartungen nach wird die bisherige Nummer Zwei, Carrie Lam, ausgesucht, weil sie als Wunschkandidatin Pekings gilt. Die beiden anderen Kandidaten, der beliebtere Ex-Finanzminister John Tsang, der auch den Rückhalt der demokratischen Opposition genießt, und Richter Woo Kwok Hing, dürften keine Chance haben.

"Mobbing" vonseiten der chinesischen Führung?

Kritiker warnen vor neuen Spannungen, nachdem die Demokratiebewegung schon 2014 Teile der asiatischen Wirtschafts- und Finanzmetropole lahmgelegt und eine Regierungskrise ausgelöst hatte. Der ungeliebte bisherige Regierungschef Leung Chun-ying tritt nach einer Amtszeit auch nicht wieder an. "Unter Carrie Lam wird es definitiv noch schlimmer", warnte der führende Oppositionspolitiker Alan Leong. "Das ist nicht nur meine Überzeugung, sondern unser Konsens." Die frühere Verwaltungschefin Chan äußerte sich enttäuscht, dass Peking sein Versprechen nicht einhält, die sieben Millionen Hongkonger selber wählen zu lassen.

Die 77-jährige "Eiserne Lady Hongkongs" hatte sowohl dem letzten britischen Gouverneur als auch nach 1997 dem ersten Regierungschef unter Chinas Souveränität gedient. Chan warnte vor wachsendem Druck Chinas, der freiheitliche Grundwerte und die Unabhängigkeit der Justiz in Hongkong unterhöhle. Aus Rücksicht auf seine Wirtschaftsinteressen in China schweige heute aber selbst Großbritannien. "Sie haben eine moralische und rechtliche Verpflichtung, "Ein Land, zwei Systeme" zu verteidigen", sagte Chan zu dem Grundsatz in der verbindlichen Gemeinsamen Erklärung für die Rückgabe, wonach Hongkong ein hohes Maß an Autonomie genießt.

"Sie scheinen vergessen zu haben, dass es keine chinesische Erklärung ist, sondern von Großbritannien und China gemeinsam unterzeichnet wurde." Auch die Deutschen und andere Europäer müssten gegenüber Peking für freiheitliche Rechte in Hongkong und China eintreten. "Sonst finden sie eines Tages heraus, dass ihre Grundwerte durch chinesische ersetzt werden", warnte Chan. "Wer ihnen erlaubt, mit ihrem Mobbing davonzukommen, erntet nicht den Respekt der chinesischen Führung."

Quelle: ntv.de, jve/dpa

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