Afghanische Zivilisten getötet ISAF-Soldaten unter Verdacht
30.12.2009, 20:23 UhrLange verteidigte Afghanistans Präsident Karsai den Einsatz der internationalen Schutztruppe ISAF – auch aus Angst vor Machtverlust. Wegen öffentlichen Drucks muss er von dieser Position nun abrücken: Nach einem Bericht sollen ausländische Soldaten zehn Zivilisten getötet haben. Die NATO weist die Anschuldigungen zurück.
Der Tod von zehn Zivilisten in Afghanistan hat die Spannungen zwischen der Regierung Karsai und den internationalen Truppen im Land verschärft. Präsident Hamid Karsai ließ einen Untersuchungsbericht zu einem ISAF-Einsatz im Osten des Landes veröffentlichen, wonach Soldaten der internationalen Schutztruppe am Wochenende zehn Zivilisten erschossen. Ein ranghoher NATO-Offizier wies die Darstellung zurück. Hunderte Menschen protestierten in Kabul und im östlichen Dschalalabad gegen die USA.
Laut dem Bericht einer von Karsai eingesetzten Untersuchungskommission trieben am Samstag Soldaten der internationalen Truppen im Distrikt Narang in der Provinz Kunar zehn Zivilisten aus ihren Häusern und erschossen sie. Unter den zehn Todesopfern seien acht Schüler im Alter von 13 bis 17 Jahren. Karsai sprach dem Vater und den Onkeln der getöteten Jugendlichen sein Beileid aus und versprach ihnen eine vollständige Untersuchung des Vorfalls.
Männer "im Kampfesalter"
Dagegen sagte ein ranghoher ISAF-Offizier, der anonym bleiben wollte, es habe keine zivilen Todesopfer gegeben. Alle Toten seien Männer "im Kampfesalter" gewesen. Bei dem Vorfall seien US-Elitesoldaten im Einsatz gewesen, aber keine NATO-Soldaten. Ein US-Soldat in Asadabad, der Hauptstadt von Kunar, sagte, keiner der Getöteten sei "unschuldig" gewesen. Die Gegner seien bewaffnet gewesen und hätten auf die ausländischen Soldaten geschossen. "Wir mussten uns verteidigen", sagte Hauptmann Joe Sanfilippo weiter.
Zunächst hatte ein Sprecher der NATO-Truppe ISAF gesagt, dass es zum fraglichen Zeitpunkt keine Einsätze in der Region an der Grenze zu Pakistan gegeben habe. Später erklärte ein anderer ISAF-Sprecher, es habe einen gemeinsamen Einsatz von afghanischer Armee und internationalen Truppen gegeben. Der Vorfall werde untersucht.
In Dschalalabad im Osten des Landes gingen hunderte Menschen auf die Straße, um gegen die Tötung der Zivilisten zu protestieren. Studenten blockierten mehrere Hauptstraßen, riefen Parolen wie "Tod Obama" und setzten ein Bild des US-Präsidenten Barack Obama und eine US-Flagge in Brand. In der Hauptstadt Kabul beteiligten sich rund 150 Menschen an anti-westlichen Protesten.
Quelle: ntv.de, AFP