Politik

Angst in Syriens Hauptstadt In Damaskus brechen Kämpfe aus

Diese Amateuraufnahme soll aus Damaskus stammen.

Diese Amateuraufnahme soll aus Damaskus stammen.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Machthaber Baschar al-Assad, hier mit seiner Frau, holte sich Hilfe aus dem Iran.

Machthaber Baschar al-Assad, hier mit seiner Frau, holte sich Hilfe aus dem Iran.

(Foto: AP)

Vergangene Woche kam es in Damaskus erstmals zu Gefechten vor der Tür des syrischen Machthabers Assad. Nun kämpfen Armee und Oppositionelle erneut in der Hauptstadt. "In jeder Straße steht ein Panzer", sagt eine Einwohnerin. Aus Angst bleiben die Geschäfte abends dunkel, niemand geht aus dem Haus. Die Schlinge um Assad zieht sich zu.

Ein Jahr nach dem Beginn der Revolte gegen Staatschef Baschar al-Assad hat die Gewalt auch das Stadtzentrum von Damaskus erreicht. Eine Serie von Autoexplosionen erschütterte kürzlich die syrische Hauptstadt, nachts gibt es regelmäßig Gefechte. Die Zusammenstöße häufen sich. Jeden Abend, sagt der Schriftsteller Ammar, gebe es in dem nordöstlichen Stadtviertel Barse Demonstrationen gegen die Regierung. Im Dunkeln traut sich Ammar nicht mehr auf die Straße. "Meine Frau und ich schauen Filme, um die Gewalt auszublenden, aber um Mitternacht beginnen immer wieder die Schießereien und Explosionen und halten bis zum Morgengrauen an. Nach der Verhängung weiterer Sanktionen gegen Machthaber Assad durch die EU spitzt sich die Lage in der Millionenmetropole zu.

"Meine Nerven liegen blank", sagt Hafisa. "Jeden Tag erzählen sie uns, die Sicherheitskräfte planten eine Razzia." Die Putzfrau lebt vor den Toren Damaskus', die lange von der Gewalt im Land weitgehend verschont blieb. Doch vor einer Woche drangen Armee und Sicherheitsdienste erstmals in den Vorort Artus ein, wo auch Hafisa wohnt. "Sie haben Panzer und Kanonen. In jeder Straße steht ein Panzer", erzählt die 45-Jährige. "600 Männer haben sie festgenommen, sogar 14-Jährige." Ihre 18 und 23 Jahre alten Söhne könnten die Nächsten sein, fürchtet die Frau.

Gefechte nahe des Präsidentpalastes

In der Hauptstadt wird gekämpft.

In der Hauptstadt wird gekämpft.

(Foto: AP)

Am vergangenen Montag kam es auch erstmals in dem gesicherten Geschäfts- und Diplomatenviertel Masse nahe des Präsidentenpalasts zu stundenlangen Gefechten. Die Behörden sprachen von vier Toten, darunter drei "Terroristen". Die Führung in Damaskus macht seit jeher "Terroristen" für die Gewalt im Land verantwortlich. Doch trotz hunderter Sicherheitskräfte in den Straßen gibt es in der Stadt täglich Kundgebungen gegen die Führung. Auf Youtube verbreitete Videos zeigen Versammlungen von Jugendlichen, die Protestlieder singen, etwa in den Stadtteilen Midan, Kfar Sussa, Barse, Dummar und Bab Sridsche.

Die Demonstranten fordern außerdem mehr Waffen für die Freie Syrische Armee (FSA), die sich vor allem aus Deserteuren zusammensetzt. Der Hauptstadt droht nun eine Eskalation der Gewalt. Die FSA setzte kürzlich einen Militärrat für Damaskus und Umgebung ein. Ein offenbar desertierter Offizier sagte in einem Internetvideo: "Ich, Oberst Chaled Mohammed al-Hamud, verkünde die Gründung eines Militärrats, der für die Einsätze der FSA in und um Damaskus verantwortlich sein wird." Alle "Offiziere, die noch immer in Assads Armee sind" rief er auf, sich der Rebellenarmee anzuschließen.

"Bewaffnete Terrorbanden"

Die Regierung will indes nichts von der Opposition wissen und behauptet immer wieder, lediglich "bewaffnete Terrorbanden" zu bekämpfen, um die Ordnung im Land wiederherzustellen. Schätzungen syrischer Aktivisten zufolge wurden seit Beginn der Proteste vor einem Jahr bereits mehr als 9000 Menschen getötet. Die Waffen dafür kommen aus dem Iran, wie Regierungsvertreter aus den USA und Europa sagten.

Der Tuchhändler Hussam fürchtet, Damaskus könne nun zum "Schauplatz des entscheidenden Kampfes" zwischen den Regierungstruppen und der Rebellenarmee werden. Als Damaskus vor zwei Wochen von zwei heftigen Explosionen erschüttert wurde, bei denen 27 Menschen starben und Dutzende verletzt wurden, kam Hussam mit dem Schrecken davon. Er hatte gerade seine Kinder zur Schule gefahren, als sein Auto von der Druckwelle der Explosion erfasst und drei Meter durch die Luft geschleudert wurde. "Ich kann noch immer die Explosion hören", sagt Hussam. "Es war fürchterlich."

Hussams Bruder, der im gehobenen Viertel Abu Rummane wohnt, berichtet, die Armee habe mehrere Straßensperren um das Regierungsviertel errichtet. "So etwas habe ich noch nie gesehen." Auch die Geschäfte und Restaurants seien kaum noch besucht. Denn: "Wenn es dunkel wird, bleiben die Menschen zu Hause."

Quelle: ntv.de, rpe/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen