Politik

Durchbruch bei Atomverhandlungen Iran legt Großteil der Zentrifugen still

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Im Atomstreit mit dem Iran haben sich die Verhandlungspartner vorläufig geeinigt. Nun steht ein Eckpunkte-Papier, das unter anderem vorsieht, dass der Iran seine nuklearen Aktivitäten 25 Jahre lang strengstens überwachen lässt. Im Gegenzug soll für das Land ein großer Wunsch in Erfüllung gehen.

Nach jahrelangem Streit über das iranische Atomprogramm steht ein Rahmenabkommen. Die fünf UN-Vetomächte und Deutschland hätten sich mit dem Iran auf Eckpunkte für eine abschließende Vereinbarung geeinigt, teilte das Auswärtige Amt mit und gab die wesentlichen Punkte der Einigung bekannt:

  1. Der Iran verpflichtet sich, sein nukleares Anreicherungsprogramm bis zu 25 Jahre einem mehrstufigen System von Beschränkungen und Kontrolle zu unterwerfen. In den ersten zehn Jahren müssen mehr als zwei Drittel der bestehenden Anreicherungskapazitäten unter permanenter Aufsicht stillgelegt, über 95 Prozent des angereicherten Urans verdünnt oder ausgeführt werden. Anreicherung sowie Forschung und Entwicklung sind in den Jahren danach nur in engen Grenzen und unter strikter Kontrolle erlaubt.
  2. Alle nuklearen Aktivitäten des Iran unterliegen für bis zu 25 Jahre mit unterschiedlichen Instrumenten strengster Überwachung durch die Internationale Atomenergiebehörde. Das mit Iran vereinbarte Transparenz-Regime ist beispiellos in Intensität und Laufzeit.
  3. Sollte der Iran gegen die vereinbarten Regeln verstoßen, können Sanktionen umgehend wieder in Kraft treten.
Der iranische Reaktor in Busher.

Der iranische Reaktor in Busher.

(Foto: AP)

Dafür werden die USA und die Europäische Union alle im Zusammenhang mit dem Atomkonflikt stehenden Sanktionen aufheben, nachdem die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) die Umsetzung der Vereinbarungen durch den Iran festgestellt habe, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini

Außerdem wird die internationale Gemeinschaft den Iran nach den Worten Mogherinis beim Bau eines modernen Schwerwasserreaktors in Arak unterstützen. Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif sagte, sein Land werde die Uran-Anreicherung in Natanz fortsetzen, aber nicht in Fordow. Außerdem muss Teheran seinen Bestand an Zentrifugen von 19.000 um gut zwei Drittel auf 6000 zurückfahren.

Iran hofft auf wirtschaftlichen Aufschwung

Unterhändler und Außenminister der beteiligten Länder hatten seit vergangenen Donnerstag im schweizerischen Lausanne um eine grundsätzliche Einigung in dem seit mehr als einem Jahrzehnt währenden Streit gerungen. Eine zunächst selbst gesetzte Frist war in der Nacht auf Mittwoch verstrichen.

Der Iran erhofft sich durch die teil- und schrittweise Aufhebung der Wirtschaftssanktionen einen ökonomischen Aufschwung. So wird die Islamische Republik - vor den Sanktionen eine der großen Ölnationen - künftig wieder deutlich mehr Erdöl exportieren können. Von dem erhofften Boom könnte auch die deutsche Wirtschaft, die einen guten Ruf im Iran genießt, profitieren.

Die Einigung markiert nach 35 Jahren Eiszeit zwischen Washington und Teheran auch einen Neubeginn der Beziehungen. 1979 waren beim Sturz des Schahs die US-Botschaft besetzt und 52 US-Diplomaten fast eineinhalb Jahre als Geiseln festgehalten worden. US-Präsident Barack Obama hatte sich persönlich vehement für eine Einigung eingesetzt. Er bezeichnete die Atomvereinbarung mit dem Iran als historisch. Das Abkommen sei der beste Weg, um zu verhindern, dass der Iran heimlich an einer Bombe baue.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Einigung als "großen Verdienst aller Verhandlungspartner" gewürdigt. "Damit sind wir einer Vereinbarung, die dem Iran den Besitz von Atomwaffen unmöglich macht, so nah wie nie", erklärte die Bundeskanzlerin.

Mahnende Worte aus Israel

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat die Grundsatz-Vereinbarung zum iranischen Atomprogramm begrüßt. Sie biete "substanzielle Grenzen für Irans Atomprogramm und die Entfernung aller Sanktionen", sagte Ban. Die Einigung berücksichtige die Bedürfnisse des Irans, stelle aber gleichzeitig sicher, dass seine nuklearen Aktivitäten friedlich blieben. Eine Lösung in dem Atom-Konflikt werde zu Frieden und Stabilität in der Region beitragen, sagte Ban weiter.

Zu den Kritikern der Annäherung zählen die konservativen Kräfte im US-Kongress, Israel, der jüdische Weltkongress und auch die arabischen Golfstaaten, die eine Verschiebung des regionalen Machtgefüges zugunsten des Irans befürchten. Jedes Abkommen müsse auch "iranischen Terrorismus" und seine Aggressionen stoppen, forderte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf Twitter.

Auch der Jüdische Weltkongress (WJC) hat Zweifel an den Absichten des Irans geäußert. "Ich fürchte ein Szenario, bei dem wir in zehn Jahren die Wirtschaft des Irans wiederbelebt haben ohne die Entwicklung einer nuklearen Bewaffnung zu drosseln", sagte WJC-Präsident Ronald Lauder. "Die Kernfrage ist: Können wir dem Iran vertrauen?".

Die diplomatische Offensive war durch den reformorientierten iranischen Präsidenten Hassan Ruhani möglich geworden. Der hatte den rund 78 Millionen Persern einen wirtschaftlichen Aufschwung versprochen. Die Sanktionen wie das Öl-Embargo der EU hatten zu einer enormen Inflation und zu Engpässen bei den Waren geführt.

Quelle: ntv.de, bdk/mbo/dpa/rts/AFP

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