Politik

Erhält Merkel die Kanzlermehrheit? Ja für Spanien-Hilfe absehbar

Bundeskanzlerin Merkel zeigt sich zuversichtlich, was die Kredite für Spanien anbelangt.

Bundeskanzlerin Merkel zeigt sich zuversichtlich, was die Kredite für Spanien anbelangt.

(Foto: dpa)

Das Ja des Bundestags zur Milliarden-Hilfe für Spaniens marode Banken gilt als sicher. Offen ist, ob Kanzlerin Merkel die Kanzlermehrheit bekommt. Finanzminister Schäuble versucht die Bedeutung dieser Frage herunter zu spielen. Derweil bereitet der Haushaltsausschuss die Sondersitzung vor.

Kanzlerin Angela Merkel rechnet bei der Abstimmung über die 100-Milliarden-Euro-Kredite an Spaniens marode Banken mit einer breiten Mehrheit im Bundestag. Ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble spielte aber die Bedeutung der Kanzlermehrheit herunter. Es gilt als gut möglich, dass Merkel in der Sondersitzung des Bundestags an diesem Donnerstag diese symbolisch wichtige eigene Mehrheit von mindestens 311 der 620 möglichen Stimmen verfehlen wird. Zugleich bemühte sich Schäuble, Irritationen über die Haftungsfrage auszuräumen. Spanien stehe als Staat für das Geld an seine Banken gerade, sagte er.

Merkel sagte in Berlin: "Das, was ich an Signalen höre, stimmt mich optimistisch." . In den Reihen ihrer schwarz-gelben Koalition wird es Nein-Stimmen geben. Es gilt als sicher, dass die Spanien-Hilfe verabschiedet wird. Für weitere Sondersitzungen des Parlaments während der Sommerpause - etwa zu Zypern oder Griechenland - gibt es laut Merkel keine Anzeichen.

Am Abend kam der Haushaltsausschuss in Berlin zusammen, um die Sondersitzung vorzubereiten. Der Ausschuss wollte kein Votum zu der geplanten Milliardenhilfe aus dem Euro-Rettungsfonds EFSF abgeben. Der CDU-Haushaltsexperte Norbert Barthle rief aber vor der Sitzung die schwarz-gelbe Koalition auf, möglichst geschlossen den Krediten zuzustimmen. Es sei notwendig und richtig, Spaniens Bankensystem zu stabilisieren und die spanische Wirtschaft am Leben zu erhalten, sagte er.

SPD signalisiert grundsätzliche Bereitschaft

SPD-Finanzexperte Joachim Poß signalisierte die grundsätzliche Bereitschaft seiner Partei, den Hilfen zuzustimmen. Die Grünen-Position sei noch offen, bekräftigte deren Abgeordnete Priska Hinz. Grundsätzlich sei es aber richtig, das Bankensystem Spaniens zu restrukturieren. Die Linke wird die Hilfen ablehnen. Vizefraktionschef Dietmar Bartsch sagte: "Wir sagen nicht, dass wir nicht helfen müssen, wir sagen die Ursachen müssen bekämpft werden." Schäuble nahm den Angaben zufolge an der Sitzung teil.

Schäuble nimmt Spanien in die Haftung.

Schäuble nimmt Spanien in die Haftung.

(Foto: dpa)

Nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert betonte Schäuble bereits am Vormittag im Bundeskabinett: "Der Staat stellt den Antrag, der Staat - über den Restrukturierungsfonds - empfängt das Geld, und der Staat ist auch in der Haftung." Spanien müsse zudem umfassende Vorgaben der EU-Kommission erfüllen, etwa Steuerreformen und Schritte gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Im YouTube-Kanal der Bundesregierung sagte Schäuble: "Ich bin mir ganz sicher, Spanien wird seine Verpflichtungen immer erfüllen können."

Der Industrieverband BDI fordert eine wirksame Kontrolle der Hilfen. "Ohne solche wirksamen Kontrollen kann man die Hilfszahlungen den Ländern, die letztlich das Geld zur Verfügung stellen, nicht zumuten", sagte BDI-Präsident Hans-Peter Keitel. Denn es bestehe die Gefahr, dass die Mittel indirekt den notleidenden Immobilienprojekten zu Gute kämen und an der falschen Stelle wirkten.

Schäuble baut vor

In der "Rheinischen Post" baute Schäuble für den Fall vor, dass Merkel keine Kanzlermehrheit bekommen könnte. Die sei bei der Abstimmung über die Bankenhilfe gar nicht nötig. Nicht alle Parlamentarier werden ihre Sommerpause für die Sondersitzung unterbrechen. Die "Bild"-Zeitung berichtete von mindestens 23 Abgeordneten, die urlaubs- oder krankheitsbedingt fehlen werden, darunter zwei von CDU/CSU und einer aus der FDP.

Erst zweimal hat Merkel bisher die Kanzlermehrheit verfehlt: am 27. Februar bei der Entscheidung über das zweite Hilfspaket für Griechenland - und am 29. Juni bei den drei Abstimmungen zum neuen Euro-Rettungsschirm ESM.

Wie die Märkte auf jedes Wort der Kanzlerin reagieren, zeigte ein Interview, das sie dem parteieigenen Medium CDU.TV gab. Darin sagte sie ihre Standard-Formel, dass Europa Deutschlands Zukunft sei und es keine Solidarität ohne Eigenleistungen und keine Haftung ohne Kontrolle gebe. Ebenso bekräftigte sie, einige EU-Länder hätten noch viel zu tun, um wieder wettbewerbsfähig zu werden. Anleger am Devisenmarkt werteten diese Äußerung europakritisch, hieß es aus dem Handel in Frankfurt. Der Euro fiel von 1,23 auf 1,22 Dollar.

Unterdessen konnte Deutschland erstmals für seine Kreditaufnahme nicht nur keine Zinsen zahlen, sondern sogar noch einen Überschuss erzielen. Die Versteigerung einer zweijährigen Schatzanweisung ergab einen Effektivzins von minus 0,06 Prozent, teilte die Bundesbank in Frankfurt mit.

Quelle: ntv.de, dpa

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