UN-Sicherheitsrat diskutiert nicht über Syrien Kerry und Lawrow sollen es richten
12.09.2013, 02:15 Uhr
Die Positionen sind klar. Doch eine Einigung ist noch nicht in Sicht.
(Foto: REUTERS)
Die Sitzung des UN-Sicherheitsrates hätte sich über Stunden hinziehen können. Es stand ein Resolutionsentwurf zur Diskussion, der Syriens Regierung mit einem Militärschlag droht, sollte sie ihre Chemiewaffen nicht fristgerecht übergeben. Doch die Verhandlungen werden zur Minutensache - und ebnen den Weg für ein Schlüsseltreffen.
Im Ringen um eine internationale Kontrolle der syrischen Chemiewaffen haben die fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat am Mittwoch (Ortszeit) noch keine Fortschritte erzielt. Bei einem 45-minütigen Treffen am UN-Sitz in New York habe "jeder seine Position dargelegt, es gab aber keine echten Verhandlungen", sagte ein UN-Diplomat. Grundlage der Beratungen der Vertreter der USA, Frankreichs, Großbritanniens, Chinas und Russlands war ein französischer Resolutionsentwurf.
Der am Dienstag eingebrachte Text sieht eine Drohung mit einem Militärschlag gegen die syrische Regierung vor, sollte sie ihre Chemiewaffen nicht innerhalb von 15 Tagen übergeben. Russland sperrt sich jedoch gegen jegliche Gewaltandrohung gegen das verbündete Damaskus. Schon am Dienstag bezeichnete Moskau eine Resolution, die Syriens Staatschef Baschar al-Assad für eine Giftgasattacke am 21. August nahe Damaskus verantwortlich mache, als "inakzeptabel".
Viele Ideen, noch kein Plan
Nachdem der UN-Sicherheitsrat keine Einigung erzielt hat, ist nun Raum für die "Kerry-Lawrow-Initiative": US-Außenminister John Kerry will am Donnerstag erstmals direkt mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow verhandeln. Im schweizerischen Genf wollen sie über das weitere Vorgehen beraten. Die Begegnung gilt als Schlüsseltreffen. Diplomaten erwarten, dass es Aufschluss geben werde, ob eine Einigung überhaupt möglich scheint. Die beiden Chefdiplomaten werden von Waffenexperten begleitet. Auch der Syrien-Sondergesandte der UN und der Arabischen Liga, Lakhdar Brahimi, wird nach US-Angaben mit am Tisch sitzen. Im Anschluss wird mit mehrtägigen Verhandlungen der Sicherheitsratsmitglieder gerechnet - und mit erheblichen Änderungen an dem Resolutionsentwurf aus Paris.
Moskau hatte am Montag einen Vorschlag präsentiert, Syriens Chemiewaffen unter internationale Aufsicht zu stellen und zu vernichten. Damaskus hatte dem am Dienstag zugestimmt. Nach Angaben von Kerrys Sprecherin Jen Psaki legte Moskau den USA bislang aber lediglich einige Ideen und noch keinen konkreten Plan vor, wie die Vernichtung der syrischen Chemiewaffen erreicht werden könne. "Unser Ziel ist, von den Russen etwas über die Modalitäten ihrer Ideen zu hören", sagte sie. Ein Sprecher von US-Präsident Barack Obama sagte, er rechne mit langwierigen Verhandlungen. Die USA und Frankreich hielten ihre Drohung eines Militärschlags gegen Assad grundsätzlich aufrecht.
Putin warnt in "New York Times" vor US-Schlag
Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich unterdessen direkt an die amerikanische Bevölkerung gewandt. In einem online veröffentlichten Meinungsartikel der "New York Times" wirbt er für seinen Vorschlag, Assads Giftgas-Arsenal unter internationaler Kontrolle zu vernichten. Zugleich warnte er vor den Folgen eines US-Militärschlages gegen Syrien. Der Kremlchef sprach einerseits von "wachsendem Vertrauen" zwischen ihm und US-Präsident Barack Obama, griff aber andererseits die USA scharf an.
Ein solcher Angriff würde zu mehr unschuldigen Opfern und zur Eskalation führen, schreibt Putin. "Ein Angriff könnte die Gewalt verstärken und eine neue Terrorismus-Welle auslösen." Dadurch könne eine Lösung des Atomprogramm-Problems mit dem Iran erschwert, die israelisch-palästinensischen Auseinandersetzungen angeheizt und der Nahe Osten sowie Nordafrika weiter destabilisiert werden.
Putin betont, dass es keinen Zweifel am Einsatz von Giftgas in Syrien gebe. "Aber es gibt jeden Grund zu glauben, dass es nicht von den syrischen Streitkräften, sondern von den Oppositionskräften benutzt wurde, um eine Intervention...zu provozieren."
Putin nennt es zudem "alarmierend", dass ein militärisches Eingreifen in interne Konflikte ausländischer Staaten für die USA zur Gewohnheit geworden sei. Millionen Menschen rund um die Welt sähen Amerika zunehmend "als einen Staat, der sich allein auf brutale Gewalt verlässt".
Deutschland könnte Giftgas vernichten
In der Vergangenheit hat Russland, unterstützt von China, drei Resolutionen gekippt, die Assads Regierung verurteilten und mit Sanktionen drohten. Dies führte monatelang zu einer Blockade des 15-köpfigen Sicherheitsrates.
Für den Fall eines diplomatischen Durchbruchs stellte die Bundesregierung eine deutsche Beteiligung an der Vernichtung der Chemiewaffen in Aussicht. Dies sei "grundsätzlich" vorstellbar, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Quelle: ntv.de, AFP/rts