Politik

Es wird eng! Koalition sucht Spielraum

Viel Luft bleibt der Koalition nicht.

Viel Luft bleibt der Koalition nicht.

Die künftige schwarz-gelbe Bundesregierung gerät bei ihrer Haushaltspolitik auch unter Druck der Europäischen Union. Das von der EU-Kommission auf den Weg gebrachte neue Defizitverfahren gegen Deutschland schmälert den Spielraum für die von Union und FDP in Aussicht gestellten Steuersenkungen.

Dessen ungeachtet beharrten beide Seiten vor den Auftakt-Gesprächen der Koalitionsarbeitsgruppe Steuern/Finanzen/Haushalt in der hessischen Landesvertretung in Berlin auf ihren Positionen.

FDP prescht vor, Union bremst ab

Die FDP sieht angesichts leicht besserer Konjunkturaussichten Spielraum für größere Entlastungen der Bürger und Unternehmen. Die Union tritt mit Blick auf Rekordschulden und Verfassung auf die Bremse. Beide Partner eint das Ziel, der schlappen Konjunktur wieder auf die Beine zu helfen. Experten sind sich jedoch uneins, ob Steuersenkungen dazu das richtige Mittel sind.

FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms wird als möglicher neuer Bundesfinanzminister gehandelt.

FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms wird als möglicher neuer Bundesfinanzminister gehandelt.

(Foto: AP)

Erwartet wird, dass sich die Neu-Koalitionäre zumindest auf kleinere Steuersenkungen schon Anfang 2010 verständigen. So könnte auch der Kinderfreibetrag im Januar von jährlich 6024 auf dann 8004 Euro angehoben werden.

Augenmaß erforderlich

Die Union warnte die FDP vor überzogenen Forderungen. CDU-Unterhändler Steffen Kampeter hält die FDP-Steuersenkungsvorschläge für "irreal", "rechtswidrig oder unsozial" und mahnt Realitätssinn an: "Es besteht wenig Spielraum für große Sprünge." Eine Entlastung von 35 Milliarden Euro sei nicht machbar. Die Union plant Entlastungsschritte in einem Umfang von 15 Milliarden Euro. FDP-Finanzexperte Carl-Ludwig Thiele verwies dagegen auf günstigere Prognosen für Wirtschaftswachstum sowie Steuern. Der "Bild"-Zeitung" sagte er: "Um Wachstum zu erzielen, sind Steuersenkungen daher das beste Mittel."

Hessens CDU-Regierungschef Roland Koch aber auch - obwohl er bisher einen Gang nach Berlin stets dementiert hat.

Hessens CDU-Regierungschef Roland Koch aber auch - obwohl er bisher einen Gang nach Berlin stets dementiert hat.

(Foto: dpa)

Ob diese Rechung aufgeht, ist allerdings umstritten. Der Leiter der Abteilung Staat beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Viktor Steiner, sagte Reuters, der konjunkturelle Effekt von Steuersenkungen sei relativ gering. Wer viel verdiene, werde kaum mehr konsumieren, wenn er mehr in der Tasche habe. Besser wären niedrigere Sozialabgaben oder ein höheres Kindergeld. Auch Giacomo Corneo, Experte für öffentliche Finanzen der FU Berlin,  ist der Auffassung, dass ein dauerhaftes Wohlstandswachstum so nicht zu erreichen ist. "Diese Steuersenkungsvorschläge sind höchst problematisch hinsichtlich der Verschuldungssituation des Staates", sagte Corneo im Gespräch mit n-tv.de. Steuersenkungen haben laut Corneo eine eher "niedrige Auswirkung auf das Wirtschaftswachstum".

Kalte Progression soll gemindert werden

CDU, CSU und FDP ist zudem die kalte Progression ein Dorn im Auge. Weil der Steuertarif lange nicht mehr an die Inflation angepasst wurde, schöpft der Staat durch diesen Effekt einen Teil von Lohnerhöhungen wieder ab. Steiner zeigte sich wegen der Kassenlage allerdings skeptisch, dass der neuen Koalition an dieser Stelle ein Durchbruch gelingen werde: "Im Moment sehe ich wenig Spielraum, die kalte Progression zu bekämpfen." Nach seiner Rechung legt die Steuerbelastung um fast zwei Prozent zu, wenn das Einkommen eines Steuerzahlers um ein Prozent steigt. "Über diesen Mechanismus ist schon einige Male der Staatshaushalt saniert worden", so Steiner.

Am Anfang steht ein Kassensturz

Georg Fahrenschon von der CSU ist erst einmal fürs Zählen.

Georg Fahrenschon von der CSU ist erst einmal fürs Zählen.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Nach Angaben der CSU steht in der ersten Verhandlungsrunde erst einmal ein Kassensturz an. Ein Bundeshaushalt von 330 Milliarden Euro biete gewisse Möglichkeiten. Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) sagte, es werde eine Anfangsbilanz aufgestellt, die Spielräume beschreibe.

Die Koalitionsarbeitsgruppe Steuern/Finanzen/Haushalt steht unter Führung von Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) und FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms. Solms ist als möglicher neuer Bundesfinanzminister im Gespräch.

Die CDU ist auch mit Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) vertreten, der in den vergangenen Jahren Steuerreformen und Vorschläge für den Subventionsabbau ausgearbeitet hatte. Koch wird ebenfalls als möglicher neuer Ressortchef gehandelt. Die CSU ist unter anderem mit Bayerns Finanzminister Fahrenschon in der Arbeitsgruppe präsent.

Eine Einigung zu dem Kernthema dürften erst die Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Guido Westerwelle (FDP) am Ende der Verhandlungen erzielen.

Quelle: ntv.de, hdr/rts/dpa

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