Nach Auftritt in Bali-Batik Lawrow reist vorzeitig vom G20-Gipfel ab
15.11.2022, 17:06 Uhr
Hatte keinen leichten Stand: Der russische Außenminister trägt indonesische Folklore.
(Foto: picture alliance/dpa/Pool Reuters)
Der russische Außenminister tut sich beim G20-Gipfel schwer, Gesprächspartner zu finden. Immerhin legt Lawrow ein landestypisches Batik-Hemd an und lässt eine kriegskritische Abschlusserklärung durchgehen. Die Rückreise nach Moskau tritt er vorzeitig an.
Russland gerät knapp neun Monate nach Beginn seines Kriegs gegen die Ukraine auch in der G20-Runde führender Wirtschaftsmächte unter Druck. Beim Gipfel auf der indonesischen Insel Bali verzichteten bisherige Unterstützer wie China und Indien darauf, eine gemeinsame Abschlusserklärung zu blockieren. In dem am Abend praktisch fertig ausgehandelten Papier heißt es: "Die meisten Mitglieder verurteilten den Krieg in der Ukraine aufs Schärfste".
Auch Moskau will die Erklärung mittragen - weil darin ausdrücklich betont wird, dass nicht alle G20-Länder die Verurteilung teilen. Das Papier soll zum Abschluss des Gipfels am Mittwoch von den 20 Delegationen verabschiedet werden.
Bisher hat Chinas Staatschef Xi Jinping den russischen Präsidenten Wladimir Putin nahezu uneingeschränkt unterstützt. Der Kremlchef ließ sich auf dem Gipfel von Außenminister Sergej Lawrow vertreten. Dieser blieb auch während einer Videobotschaft des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Saal. Lawrow verließ Bali jedoch bereits am Dienstagabend. Nach Informationen des russischen Staatsfernsehens war dies bereits im Vorfeld so geplant - ein Grund wurde nicht genannt.
Kanzler Scholz spricht mit Lawrow
Bundeskanzler Olaf Scholz sprach am Rande des Gipfels kurz mit dem russischen Außenminister. "Er stand in meiner Nähe und hat auch zwei Sätze gesagt. Das war das Gespräch", sagte Scholz nach den ersten beiden Arbeitssitzungen. Er wolle nicht, dass da ein falscher Eindruck von der Länge des Austauschs entstehe. Auch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron habe er getroffen, sagte Lawrow. Dem russischen Außenminister zufolge ist Macron bereit zu erneuten Kontakten mit Putin.
Konkret wird im Entwurf der Abschlusserklärung aus einer Resolution der Vereinten Nationen zitiert. Damit wird Russland aufgefordert, die Kriegshandlungen einzustellen und seine Truppen sofort aus der Ukraine abzuziehen. Auf Russlands Position wird vor allem mit dem Satz eingegangen: "Es gab andere Auffassungen und unterschiedliche Bewertungen der Situation und der Sanktionen." Russland akzeptiert demnach auch, dass der russische Angriff als Krieg bezeichnet wird und nicht - wie von Putin vorgegeben - als "militärische Spezialoperation".
"Westen versuchte, Formulierungen reinzuschmuggeln"
Lawrow bestätigte, dass die Arbeit praktisch abgeschlossen sei. "Unsere westlichen Kollegen haben auf jede erdenkliche Weise versucht, diese Erklärung zu politisieren, und sie haben versucht, Formulierungen reinzuschmuggeln, die eine Verurteilung der Handlungen der Russischen Föderation im Namen der ganzen G20 implizieren würden, einschließlich uns selbst", sagte er nach Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass. Der Entwurf enthalte nun sowohl die westliche als auch die russische Sichtweise auf den Krieg in der Ukraine.
Zudem steht in dem Entwurf, dass der Krieg nach Auffassung der meisten G20-Mitglieder die Probleme der Weltwirtschaft verstärkt und zum Beispiel das Wachstum schwächt und die Inflation steigen lässt. Wer die "meisten Mitglieder" sind, die den russischen Krieg verurteilten, wurde nicht aufgelistet. Scholz räumte vor Journalisten ein, dass "natürlich hier auch andere Ansichten existieren. Die sind aber nicht ausgezählt".
Parade in Bali-Batik: Scholz macht nicht mit

Ein Traum in Magenta: Der britische Premier Sunak (rechts) posiert neben dem kanadischen Premier Trudeau.
(Foto: picture alliance / empics)
Zum festlichen Abendessen im Garuda-Wisnu-Kencana-Kulturpark trugen viele der männlichen Gäste ein landestypisches Batikhemd. Scholz zog bei dem Termin ein klassisches weißes Oberhemd vor.
Im Pressezentrum des Gipfels, wo der Empfang der Gäste durch den indonesischen Präsidenten Joko Widodo übertragen wurde, löste der Gang zweier Spitzenpolitiker über einen langen roten Teppich Verzückung aus. Zunächst setzte Kanadas Premier Justin Trudeau in einem magentafarbenen Hemd einen ersten Höhepunkt. Es gab Beifall und anerkennende Pfiffe der Journalisten. Allerdings toppte dann der neue britische Premier Rishi Sunak die Begeisterung noch: Er entschied sich für ein rotes, enganliegendes Hemd. Auch Lawrow machte mit: Er kam in Blau.
Quelle: ntv.de, mau/dpa